Peter oder Paul? Sabine oder Carolin? Wer allein dem richtigen Partner nicht begegnet oder sich wieder und wieder für den falschen entscheidet, dem versprechen Partnervermittlungsagenturen, den passenden Deckel zu suchen.

Ein Besuch bei Parship.

Es kann kein Marketing-Trick sein. Dafür wäre das Opfer, das Sandra Spreemann ihrem Arbeitgeber Parship bringt, zu groß. Tag für Tag und vor allem auch in der Freizeit mit einem Mann zusammen zu sein, den sie selbst über die Internet-Partnervermittlung gefunden hat. Nun gut, wie dem auch sei. Dr. Sandra Spreemann ist eine der Entwicklerinnen des mathematischen Matching-Systems, mit dessen Hilfe Suchende ihre große Liebe finden sollen. Parship sitzt im elften Stock eines Bürogebäudes im Hamburger Kontorhausviertel. Im Flur der Agentur hängen Fotos von bisher erfolgreich vermittelten Menschen. Ulla und Bernd, Peter und Melanie, sogar einige Babyfotos, die mitteilen: Mission geglückt. Ach, wie schön. Vor allem die Hochzeitsfotos.

Und wie kommt man dahin? Suchende melden sich online an, bezahlen mindestens 180 Euro für drei Monate und füllen einen Fragebogen aus. Und dieser Fragebogen ist das Werk von Sandra Spreemann. 83 Fragen zur Persönlichkeit, zu Vorstellungen und Einstellungen, bezogen auf Beziehungen. Darauf können 400 unterschiedliche Antworten gegeben werden. Die Fragen laufen auf 32 Persönlichkeitsmerkmale zu, die in unterschiedlicher Gewichtung das Bild vom Suchenden erstellen. Der ganze Fragebogen und die Ermittlung der potenziellen Partner folgt verschiedenen Algorithmen. Das ist hohe Mathematik. Formeln, die zur Liebe führen sollen. Erstellt hat sie der Hamburger Professor für Psychologie Hugo Schmale, der sich seit den 60er-Jahren mit Beziehungen beschäftigt hat. Und herausgefunden haben will, wer zusammenpasst und wer nicht. Das Ergebnis: die Parship-Formel und der Persönlichkeits-Test.

"Sind Sie Single?", fragt die Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit. So wisse man immer gleich, wo das Gegenüber stehe. Der Beginn eines Hintergrundgesprächs bei Parship. Sandra Spreemann klickt sich durch eine Präsentation. Bildschirmseiten eines Notebooks, die erklären sollen, wie das "Matching" oder auch das professionelle Verkuppeln geht. Sie sagt: "Grundsätzlich sprechen wir von Wahrscheinlichkeiten. Das heißt, wir versuchen die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass diese zwei Menschen eine harmonische Partnerschaft führen können. Aber wir sagen nicht, dass es Konstellationen geben könnte, die überhaupt nicht passen." Also, abgelehnt wird keiner. Aber es gibt eine Einschränkung, "denn letzten Endes spielen für eine Beziehung so viele Faktoren eine Rolle, die können Sie gar nicht alle messen." Wohnort, gesellschaftliche Stellung, Herkunft, soziales Umfeld und so weiter. Und was ist mit dem Aussehen? Das ist der Knackpunkt. "Das fragen wir gar nicht ab, auch fragen wir keine visuellen Wünsche bezüglich des Partners ab. Das Einzige, was wir fragen, ist die Größe. Diesen Punkt mussten wir wegen der großen Nachfrage unserer Kunden einfügen." Dass Männer immer noch Frauen bevorzugen, die kleiner sind als sie selbst und umgekehrt, Frauen Männer wollen, die größer sind, das sei noch immer so und bei vielen so etwas wie eine Grundvoraussetzung. "Aber den normalen Kennlernprozess, der ja meist über das Aussehen erfolgt, haben wir von hinten aufgezäumt." Erst werden die charakterlichen Fragen geklärt und dann erst das Aussehen. So springe man beim Kennenlernen mit dem Test schon auf die Zeit nach einem Jahr Beziehung. "Es gibt immer Menschen, die stehen auf einen bestimmten Typ, und den sprechen sie dann auch an. Und wundern sich, warum es charakterlich nicht passt. Und sie immer wieder eine Pleite erleben." Und das sei das Prinzip von Parship: "Wir schauen auf die inneren Werte." Würde man seine Freundin zu den "inneren Werten" ihres Freundes beglückwünschen, wäre diese mit Sicherheit beleidigt. Irgendwie auch zu Recht. Aber in der Vermittlungswelt ist die charakterliche Abstimmung zukünftiger Partner das verordnete "Erfolgsprinzip". Love on first sight. Die Liebe auf den ersten Blick gibt es dabei nicht mehr. "Wir raten unseren Kunden auch, sich nicht gleich ihre Fotos zu schicken." Eile mit Weile oder was lange währt, wird endlich gut oder drum prüfe, wer sich ewig bindet. Romantisch ist das nicht. Aber die Fotos im Flur der Agentur sehen trotzdem gut aus. Nur glückliche Paare.

Wie viele sind es denn? Die Agentur gibt es seit dem Jahr 2001, und die Erfolgsquote, also der Anteil derer, die einen Partner bei Parship gefunden haben, liege bei 38 Prozent. Insgesamt hat die Agentur derzeit acht Millionen Kunden, europaweit.

Fünf Merkmale seien besonders entscheidend bei der Suche. Wohnort, Alter, Größe, Kinder und ob Raucher oder nicht. Deswegen reagiere die Agentur in diesem Bereich besonders auf die Wunsche der Kunden.

Wichtig für die Vermittler ist aber zum Beispiel, wie viel Nähe ein Partner sucht. Denn Klette wird nicht gleich mit Klette vermittelt, aber Klette wird auch nicht einem zugeordnet, der überhaupt kein Bedürfnis nach Nähe hat. Da ist eine ähnliche Bedürfnislage Erfolg versprechender. Auch die Kategorie "Animus/Anima", die besage wie viele weibliche und männliche Geschlechtsmerkmale die Suchenden in sich tragen. Denn wenn eine Frau zum Beispiel sehr handwerklich begabt sei, wäre es schwierig, wenn der Mann diesen Bereich völlig für sich beanspruche.

"Auch bei den Grundzügen des Verhaltens gibt es unterschiedliche Tendenzen. Zum Beispiel Bauch, Herz, Kopf. Wir würden nie zwei Bauch-Typen matchen, weil die im Alltag nur schlecht miteinander auskommen würden."

Am Ende jedenfalls komme es auf die Gesamtverteilung an. Sandra Spreemann ruft eine Tabelle auf. Merkmale, Skalierung, Scoring. Zu viel für die, die Statistik nur mal in der Schule hatten. Es gibt jedenfalls einen Durchschnittstypen, an dem sich die persönlichen Werte der Kunden orientieren und anhand dessen Extreme errechnet werden. Dieser Typ wird alle paar Jahre aktualisiert. Ob sich die Eigenschaften dieses Durchschnittstypen durch die Wirtschaftskrise verändern? Nein, eigentlich nicht. "Es müssen noch größere Ereignisse sein, wie zum Beispiel die Wende, der Fall der Mauer, wodurch Menschen von zwei ganz unterschiedlichen Systemen aufeinander treffen, damit sich die Werte verändern." Heute, 20 Jahre später, mache man keine Unterschiede mehr zwischen West und Ost. Bei Parship ist Deutschland schon zusammengewachsen.

Der nächste Termin wartet. Sandra Spreemann sagt noch mal, dass sie überzeugt ist von dem System. "Ich habe ja selbst den besten Vergleich. Ich weiß, wie es ist, mit jemandem zusammen zu sein, mit dem man ein gutes Matching-Ergebnis hat und mit dem man ein schlechtes hat." Matching-Ergebnis. Scoring, Rating. Ich sag mal, wem's hilft und wo die Liebe hinfällt.