Die Reise zum Mond hat der Menschheit vor allem technische Erneuerungen gebracht, Satelliten, Taschenrechner, Müsliriegel. Doch am meisten Bedeutung hatte der Blick aus dem All auf die Erde, den die Astronauten in die Wohnzimmer schickten. Plötzlich war sinnlich erfahrbar geworden, wie zerbrechlich die Erde ist.

Um es gleich vorweg zu sagen: Die Teflonpfanne hat nichts mit der Raumfahrt zu tun, auch wenn sich das Gerücht hartnäckig hält. Entdeckt wurde der Werkstoff bereits 1938 von dem Chemiker Roy Plunkett. Später beschichtete der französische Chemiker Marc Grégoire seine Angelschnur damit, um sie leichter entwirren zu können. Seine Ehefrau Colette hatte 1954 die Idee, Töpfe und Pfannen damit zu veredeln. Sieben Jahre vor dem ersten Menschen im All war die Teflonpfanne also schon geboren.

Gleichwohl hat das Apollo-Programm Wissenschaft und Technik inspiriert, die weltumspannende Kommunikation revolutioniert, das Selbstverständnis der Menschheit grundlegend verändert.

In unserem Alltag gibt es zahlreiche "Abfallprodukte" der Raumfahrt, deren himmlischen Ursprung wir längst vergessen haben. So entwickelten die Ingenieure während der Apollo-Mission spiegelnde UV-Beschichtungen für die Helme der Astronauten, um den Kommandanten Neil Armstrong und seine Crew bei ihrem Ausflug ins Weltall vor den intensiven Sonnenstrahlen zu schützen. Heute werden diese Beschichtungen, so die Forscher von "Think Ing" im Internet, für Sonnenbrillen verwendet - angesichts der Ozonlöcher in unserer Atmosphäre ein unverzichtbarer Schutz, von dem auch Bergsteiger und Segler profitieren. Und die Antibeschlagflüssigkeit, die für die Helminnenseite kreiert wurde, findet sich heute in jedem Tuch, mit dem Autorscheiben gereinigt werden können.

Das ist aber noch nicht alles in puncto Brillen: In späteren Missionen, genauer auf dem Weg zum Space Shuttle, entwickelten die Materialwissenschaftler spezielle Metalllegierungen, die sich bei Verformungen wieder in ihre Ausgangsgestalt zurück verwandeln. Heute werden diese Memorylegierungen aus Titan für flexible Brillengestelle verwendet.

Dem Shuttle-Programm entstammen auch die superpraktischen Klettverschlüsse und die hochfesten, säure- und laugenresistenten und unbrennbaren Nomex- oder Kevlar-Fasern. Sie stecken nicht nur in schusssicheren Westen oder Schutzhelmen, sondern auch in modernsten Motoren. Aus ihnen werden Kletterseile, Boots- und Surfsegel, Saiten für Tennisschläger und die feuerfeste Kleidung der Formel-1-Fahrer gefertigt.

Der Notwendigkeit, Raumsonden und Astronauten vor der intensiven UV-Strahlung zu schützen, verdanken wir lang-haltbare Milch, frische Kartoffelchips oder Müsliriegel. Ohne die aluminiumbeschichteten Folien, die auch in den Rettungsdecken der Sanitäter stecken, würden Lebensmittel oft schneller verderben.

Die Reise zum Mond hat unsere Bewegungsfreiheit nicht nur im All, sondern auch im Alltag erhöht. Akkulampen, Akkubohrer oder Akku-Radios - die praktischen Helfer ohne Kabelsalat entstanden, weil es auf unserem Erdtrabanten keine Steckdose gibt. So musste die Nasa einen neuen Weg ersinnen, wie die Astronauten Bodenproben entnehmen konnten. Der Wettbewerb um neue technische Lösungen führte schließlich zur Akkubohrmaschine. Das damit gewonnene Mondgestein führte zu einem völlig neuen Bild der Entstehung von Mond, Erde und Sonnensystem.

Die Herausforderung, die Energieversorgung ohne irdischen Anschluss zu garantieren, trieb die Entwicklung von Solarzellen voran, belebte gar die Technik der Brennstoffzelle. Die schon 1839 entdeckte Technik wurde erst im Zuge der Raumfahrt zur Marktreife gebracht. Heute setzen Auto- und Flugzeugbauer auf diese Technik, mit der Strom und Wärme erzeugt werden können.

Vor allem die Computer- und Nachrichtentechnik hat von der Raumfahrt profitiert. Mit dem Taschenrechner, der 1974 auf den Markt kam und seine Wurzeln in der Apollo-Mission hat, begann das Zeitalter der Miniaturisierung. Es wurden die ersten Elektrochips entwickelt, die später leistungsfähige Computer und die globale Kommunikation im Netz erlauben. Satelliten revolutionierten die weltweite Datenübertragung. Erst seit 1964 flog ein Fernsehsatellit im Orbit, der gestartet worden war, um die Olympischen Spiele in Tokio weltweit zu übertragen. Heute gehören Wettervorhersagen, Programmvielfalt, Navigationssysteme oder auch Fernerkundungen zum Alltag.

Insgesamt mehr als 1200 Beispiele für neue Produkte oder Verfahren nennt die Nasa. Doch die Auswirkungen der Mondlandung gehen weit über die Innovationen in Technik und Materialwissenschaften hinaus. Mit dem Schritt auf den Mond sprengte der Mensch seine irdischen Ketten. In ihm gipfelte eine Technik, "die seit Jahrtausenden darauf zielte, uns dem Weltall näher zu bringen", wie Professor Jesco von Puttkamer, in "Apollo 11: 'Wir sehen die Erde'" schreibt. "Die Saturn-Trägerrakete und die Apollo-Maschinerie sind nur Geräte, dazu geschaffen, uns mit dem Kosmos, mit der gesamten Wirklichkeit der Welt noch enger zu verbinden", so der Weggefährte von Wernher von Braun, der Nasa-Experte Puttkamer.

Die Landung auf dem Mond war der historische Moment, in dem sich der Gedanke weltweit ausbreitete, der Mensch kann, wenn er will, technisch alles lösen. Diese Allmachtsfantasie, die Sigmund Freud schon so heftig kritisiert hatte, sollte erst 17 Jahre später mit der Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 empfindlich erschüttert werden.

Doch die Reise zum Mond ließ nicht nur Technikgläubigkeit wachsen, sondern weckte auch ein neues Denken. Die Mondlandung war eines der ersten weltweiten Medienereignisse. Wie kürzlich erst bei der Beerdigung von Michael Jackson verfolgten Millionen von Menschen diesen in der Menschheitsgeschichte einzigartigen Moment, "der das Selbstverständnis jedes Menschen grundlegend veränderte", so Professor Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin. "Der Blick aus dem All auf die Erde, den die Astronauten uns ins Wohnzimmer schickten, zeigte uns, die Erde ist ein einzigartiges Raumschiff, die Menschen sind auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen."

Das Umweltbewusstsein wurde geschärft, plötzlich sei sinnlich erfahrbar geworden, wie zerbrechlich die Erde ist. "Ihr Anblick", notiert der Augenzeuge Puttkamer, "das Gefühl des Sich-im-Kosmos-Selbst-Sehens ist auch jetzt noch frisch und zutiefst beeindruckend."

Dieses Gefühl ist auch 40 Jahre später mehr wert als alle Hightech-Produkte.