Abendblatt-Kolumnistin Saskia Bertling über den Traum, die Zeit zurückzudrehen.

Manchmal wünsche ich mir, noch einmal Kind zu sein. Für einen Tag und eine Nacht. Noch einmal erleben, wie das ist, wenn ich den ganzen Tag herumlaufe, ohne wirklich müde zu werden. Ich würde Rollenspiele mit Teddybären spielen, Höhlen bauen und mich auf meinen vierten Geburtstag freuen.

Für niemanden müsste ich die Verantwortung übernehmen, müsste mich nicht um unbeantwortete Post kümmern, die Miete, meinen Job, die Wäsche oder das Mittagessen. Ich würde auf Bäumen herumklettern, mir die Knie aufschlagen, und ich fände es aufregend, einen Grashüpfer zu beobachten, mit dem Fahrrad den Berg herunterzufahren oder eine Suppe aus Blättern, Gräsern und Regenwasser zu kochen.

Die Zeit verginge viel langsamer. Noch dreimal schlafen? Eine gefühlte Ewigkeit. Morgens käme ich zum Kuscheln zu meinen Eltern ins Bett geschlichen und würde große Komplimente verteilen.

Sorglos und unbeschwert

So wie Paula (3) neulich Morgen: "Mami, ich habe dich so lieb wie ein Tiger", hatte sie gesagt und mich ganz fest "überarmt". Mein Mutterherz ging auf. Was nicht unbemerkt blieb. "Du bist die beste Mami auf der ganzen Welt, weil du so schön warm bist, deswegen."

Und in diesem Augenblick kam in mir zum ersten Mal diese Sehnsucht danach auf, noch einmal zu erleben, wie es sich anfühlt, Kind zu sein. So sorglos und unbeschwert, sicher und geborgen. Mein größter Wunsch auf der Welt wäre irgendetwas von Lego oder Playmobil. Vielleicht wäre ich so unbescheiden wie Paula und würde mir zum Geburtstag ein Einrad, Rollschuhe, ein eigenes Handy, einen Wohnwagen und ein Haus nur für mich und meine große Schwester Carla (5) wünschen, in dem ich den ganzen Tag Spaghetti und Eis essen würde.

Pyjama-Party mit Freunden

Ich wäre aufgeregt, weil ich in zwei Wochen vier Jahre alt werde. Total durch den Wind, weil ich mich so wahnsinnig aufs Stockbrot-Grillen freue, aufs Topfschlagen und die Schatzsuche. Oder ich wäre wie Carla, die davon träumt, Schauspielerin zu werden. Tänzerin oder Tierärztin ginge auch. Dann würde ich eine Pyjama-Party mit meinen besten Freunden planen und mich darauf freuen, nächstes Jahr endlich in die Schule zu kommen.

Da wäre das ungeheure Gefühl des Stolzes, weil ich etwas Neues gelernt und verstanden hätte. Ein neues Wort könnte das sein. Oder der Sprung vom Dreier. Meine größten Vorbilder würden Lena und Carlotta heißen. Die sind schon elf Jahre alt.

Okay, ich würde sofort losheulen, wenn mir ein anderes Kind den Hula-Hoop-Reifen wegnähme. Die Welt ginge unter, wenn einer mich auslachte. Aber eben nur für einen kleinen Moment. Ich wäre auf der Stelle wieder glücklich und vergäße den Schmerz, wenn man mich nur in den Arm nähme.

Wäre das nicht schön?