Sie haben viele natürliche Feinde, aber auch viele Freunde. Gerade in diesen Tagen stehen die kleinen Hüpfer hoch im Kurs. Ein Besuch beim Karnickelzüchter.

Die Hasenzahl ist konstant, meldet der Deutsche Jagdschutz-Verband. Das ist doch mal eine gute Nachricht. Gerade zu Ostern wäre Hasenmangel auch wirklich schlecht. Irgendjemand muss ja die Arbeit machen.

Bei Jens Müller jedoch sucht man vergeblich, zumindest Hasen. Denn Müller ist Kaninchenzüchter. Seit fünf Jahren betreibt er dieses Hobby. Der Tischler aus Niendorf züchtet Löwenkopf, Mini-Zwerg, Farbenzwerg, Rex, Widder und Nederlandse Hangoor Dwerg, kurz NHD. Alles Zwergkaninchen und keines schwerer als 2000 Gramm.

Die Ställe im Schuppen sind mit Stroh ausgelegt und beinahe köttelfrei. "Unsere Tiere gehen fast alle auf Toiletten", sagt Müller. Gut erzogen. Sobald der Rasen trocken ist, kommen die Hoppler raus ins Freie. Innen sorgt ein vollautomatischer Duftspender für frische Luft. In regelmäßigen Abständen zischt er und verteilt einen Duft von Wiesenblumen im Karnickelstall.

An der Wand hängt eine Liste mit Namen: Lex, Aron, Jack, Sam, Chico, Filo, Benito für Rammler. Sammy, Kira, Amy, Emmy und Fips für die Mädels. Müller muss nicht nachlesen. Er kennt seine Kaninchen beim Namen. Einige hören sogar auf ihn. Müller beschäftigt sich viel mit seinen Tieren. Schließlich haben seine Nager Charakter. So wie Chanel. Eine Handaufzucht und das einzige von vier Jungtieren, das es schaffte und sich zu einem frechen Racker entwickelte. "Sie butscherte immer allein im Garten rum oder setzte sich neben mich auf die Bank, wenn sie Gesellschaft wollte", sagt Müller. Als sie vergangene Woche starb, kullerte die ein oder andere Träne. Freud und Leid liegen dicht beieinander. Und auch Kaninchenzüchter sind gegen Gefühle nicht gefeit.

Apropos. Höchstens dreimal im Jahr werden die Zippen gedeckt. "Die Tiere sind schließlich keine Maschinen", sagt Müller. Und über den Spruch "rammeln wie die Karnickel" kann er sowieso nur lachen, wenn er daran denkt, wie viel Zeit er schon mit Warten verbracht hat. "Wenn die Tiere nicht wollen, kannst du nichts machen." Schließlich sollen die Ninchen stressfrei leben und einen Partner zum Kuscheln haben. Doch eins führt eben nicht gleich zum anderen.

Aber manchmal klappt es eben doch. Und so mümmeln einige Jungtiere in den Ställen, knappern an Pellets und Petersilienstängeln. Zweimal am Tag müssen sie gefüttert werden. Zwischendurch gibt es Leckerlis wie Möhren, Äpfel, Salat und Gurke. Bei schönem Wetter müssen Müller und Lebensgefährtin Linda Meyer die Tiere ins Freie bringen und abends wieder rein. Ein zeitaufwendiges Hobby.

"Aber es macht viel Spaß", sagt Müller. Keine Frage, er ist mit vollem Herzen dabei. Wenn er erst einmal auf sein Lieblingsthema zu sprechen kommt, kann es schon passieren, dass er seinem Gegenüber ins Bein zwickt. Natürlich nur zur Veranschaulichung. Zack, so saugt sich das Junge an der Zitze fest. Zwicker ins Bein. Und auch den Vergleich zwischen Kaninchen und Mensch scheut er nicht: "Mal angenommen, du bist jetzt schwanger", beginnt er seine Ausführungen zur Tragzeit von Kaninchen.

Und genauso wie beim Zweibeiner gibt es auch unter den Stallhasen Sympathien und Antipathien. Manchmal bringen Kunden aggressive Vierbeiner zu Müller. Mit Geduld und Zuspruch kriegt er jeden wieder normal. "Ich bin so was wie der Kaninchenflüsterer", sagt Müller. Kaninchen sind halt auch nur Menschen.

Dem Tierfreund ist es sehr wichtig, dass die Mümmelmänner in gute Hände kommen. Und so wird jeder, der sich bei ihm ein Haustier holen möchte, erst einmal kritisch beäugt. Erstkäufer bekommen sogar eine Gebrauchsanweisung - "Mein erstes Kaninchen!!!" - ausgedruckt. Eine Art Starterkit für Kaninchenneulinge.

Von Kaninchenschauen hält Müller nicht viel. Zu viel Stress für die Tiere. Vielen Rassezüchtern ginge es dort nur um das perfekte Exemplar. Müller mag lieber die Vielfalt. Wannenansatz, Unterwolle, Überbiss - das ist ihm egal. Hauptsache, die Tiere sind gesund und glücklich. Noch weniger als von Schauen hält er nur vom Kaninchenbraten. Dann schon lieber Falscher Hase.