Die Deutschen wracken ab. Nach dem Erfolg der Umweltprämie beim Autokauf locken jetzt auch viele andere Branchen mit Aktionen - oft auf skurrile Art.

Vielleicht haben Sie sie auch schon entdeckt. Menschen, die emsig ausgediente Fernseher und schrottreife Fahrräder durch die Straßen wuchten, an der Kasse ihrer Boutique eine verschlissene Jeans auf den Tresen legen oder schnurstracks mit einem zerbeulten Kochtopf einen edlen Haushaltsausstatter ansteuern. Oder sind Sie gar selbst einer von denen? Jemand, der Ausgedientes gegen Neues tauscht? Glückwunsch! Sie liegen voll im Trend. Im Abwracktrend. Konjunkturpaket II sei Dank. Ich tausche, also bin ich.

Die Zeiten, in denen unter Abwracken noch das fachgerechte Zerlegen eines schrottreifen Schiffes verstanden wurde, sind längst Geschichte. Jetzt heißt es: alt gegen neu. Beim Kauf von etwas Neuem Altes lukrativ entsorgen. Auch ohne den Staat zu belasten.

Für Menschen wie Sie gibt es sogar einen Namen. Sie sind ein I:CO. Gesprochen: Eiko. Die drei Buchstaben stehen für "I collect". Zu Deutsch: Ich sammle. Und zwar für die gleichnamige Recyclingfirma.

Und was horten Sie? Alttextilien und ausgelatschte Schuhe zum Beispiel. Die können Sie in die nächste Adler-Filiale tragen. Die Modekette ist I:CO-Partner, ebenso wie der Schuhhändler Reno und die Reinigungen von Stichweh. Für eine kleine Tüte mit aussortierten Textilien gibt es einen Gutschein über einen Euro, für eine große Tüte drei Gutscheine. Deren Recycling und die fachgerechte Wiederverwertung organisiert die Firma I:CO. Das soll Umwelt und Geldbeutel schonen. Auch der Reparatur-Service Mister Minit gibt für die alten Treter Ein-Euro-Gutscheine. Nach dem Motto: "Mach Kohle, gib Sohle".

Auch andere Einzelhändler locken mit Alt-gegen-neu-Aktionen. WMF möchte, dass Sie den Löffel abgeben. Natürlich nur im wörtlichen Sinn. Der Hersteller von hochwertigen Bestecken und Küchenutensilien gibt für jede alte Gabel, jeden Löffel oder jedes Messer bis zum 31. März einen Euro Rabatt auf neue Ware. Die alten Teile gehen an Hilfsorganisationen.

Allzweckwaffe Abwrackprämie. In Mecklenburg-Vorpommern können sie jetzt auch Zahnarztpatienten in Anspruch nehmen. Ein Dentallabor bietet Patienten, die ihren alten Zahnersatz gegen neuen tauschen, eine Geldprämie. Bedingung: Die alten Kunstzähne müssen mindestens acht Jahre alt sein. Eine Frage der Zeit, bis Hamburgs Dentisten auf der Welle mitschwimmen?

Der Verkehrsclub Deutschland tut es bereits und fordert nach der Auto-Abwrackprämie auch eine für Fahrräder sowie Bus- und Bahntickets.

Möchte noch jemand seinen Senf dazugeben? Kein Problem. Ein Düsseldorfer Senfhersteller entsorgt bis zum 31. März Ihren Altsenf. Einfach in teilnehmenden Märkten abgeben und 50 Cent Rabatt beim Kauf eines neuen Glases "Senf Mittelscharf" erhalten. Wirklich wahr. Noch eine scharfe Sache: Wer ein Notebook bei notebooksbilliger.de kauft und sein altes einschickt, bekommt eine Abwrackprämie von 25 Euro. Als Sahnehäubchen obendrauf erhält der Besitzer des ältesten eingeschickten Notebooks eine "Oldie-Prämie" von 2500 Euro.

2500 Euro bar auf die Hand gibt es auch in der Galerie Ruth Sachse in Hamburg für jeden, der eine gerahmte Reproduktion, verblichene Kalenderblätter oder - noch viel schlimmer - Katzenkunst zur Entsorgung bringt, als "AbArt-Prämie". Vorausgesetzt, er kauft originale Gegenwartskunst im Wert von 10 000 Euro. Na ja.

Abwracken hat Potenzial. Wäre es nicht schön, einfach seinen ausgedienten Alten gegen einen Neuen einzutauschen, bei dem der Lack noch nicht ab ist? Und die Rede ist hier nicht von Autos!