Gätjen trifft Uwe Deeken. Der Chef des Theaters für Kinder über die Anfänge seines Hauses und glückliche Zufälle

Altona-Altstadt. Dieser Mann hat Dampf drauf. Besonders jetzt zur Weihnachtszeit. Da ist bei Uwe Deeken, dem Chef des Theaters für Kinder und der Hamburger Kammeroper an der Max-Brauer-Allee, Hochsaison. Vier Aufführungen an einem Tag. Durcheinanderwuselnde Kinder von 9.30 Uhr an bis in den frühen Abend, die mit vor Aufregung runden Augen "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry aufsaugen. Und ab 20 Uhr die Erwachsenen, die zu Johann Strauss' Operette "Die Fledermaus" im Bistro Foyer Kaviar auf Blinis und andere Köstlichkeiten genießen.

Dazwischen hat Uwe Deeken, der Daniel Düsentrieb der Hamburger Theaterwelt, noch ein paar Termine eng gepackt. Ein wahres Chaos, sein Lebenselixier und Antriebsmotor zugleich. Seit mehr als 42 Jahren schon. Das Theater für Kinder wurde damals aus der Idee heraus geboren, Kindern mehr Theater bieten zu müssen als nur Grimms Märchen zur Weihnachtszeit. Und Uwe Deeken schaffte es. Mit einem Quäntchen Glück, einer guten Portion Unverfrorenheit, ein bisschen nüchternem Realismus und einer riesigen Kinderseele voller Träume. Und davon kann er viel erzählen. In atemberaubendem Stakkato und manchmal nur schwer entwirrbaren, ellenlangen Sätzen.

Die Geschichte beginnt mit einem jungen Mann, der das Christianeum nach der elften Klasse abbrach, als Kameramann sein Geld verdiente, sich als großer Diskutierer die Nächte um die Ohren schlug und eines schönen Sommerabends im August 1967 im VW Cabrio die Altonaer Allee herunterfuhr und entdeckte, dass das alte Lichtspieltheater, an dem in den ersten Nachkriegsjahren auf einer kleinen Bühne hinter der Leinwand Komödien gespielt wurden, auch mit der großen Schauspielerin Grethe Weiser, gerade für immer seine Pforten geschlossen hatte. Der ideale Platz für ein Kindertheater! Sein Kindertheater! Zwei Tage später hatte Uwe Deeken den Mietvertrag unterschrieben. Ein kleiner Lottogewinn seiner Mutter erleichterte die Verhandlungen mit den Banken.

Uwe Deeken springt mal eben kurz auf. Muss noch ganz schnell was klären. Kommt zurück. Fragt: "Wo waren wir gerade?" Sagt, dass er das einfach liebe, dieses Herumdüsen, das Organisieren, Managen, sich um die Finanzen kümmern, und dass er "natürlich" schon ein bisschen abgegeben habe, an seine Tochter Jasmin, die Geschäftsführerin im Hause Deeken. Ganz zurückziehen sei einfach nicht drin. Noch nicht. 900 000 Euro Schulden seien noch nach, bevor er ihr den Laden plus minus null übergeben könne. Und das werde er wohl kaum schaffen.

Obwohl - es gebe da immer so glückliche Zufälle. Wie damals, als sie im berühmten Pflaums Posthotel bei Bayreuth zum 150. Jubiläum der Firma Krug Champagner eine ganze Opernaufführung inszenierten plus Menü in den Pausen. Und auf den rot-goldenen Stühlen aus dem eigenen Theatersaal, die sein Markenzeichen geworden sind und eigentlich für die Aufführung von E. T. A. Hoffmanns "Prinzessin Brambilla" angeschafft wurden - und auch das sei wieder so eine Geschichte.

Pflaums Posthotel also erst. Und das dort geradezu barocke Theatervergnügen für Leib und Seele. Das müsse man doch auch in Hamburg anbieten können. Ein Theatermenü in einem hauseigenen Bistro! Und dann dieser Zufall. Tragisch, aber mit Happy End. Die 300 Jahre alte riesige Tenne in Geesthacht, in die der gesamte Theaterfundus ausquartiert war, wurde von einem Kugelblitz durchrollt. Alles ging in Flammen auf. Die Versicherung zahlte. Der Grundstock für das Bistro Foyer war gelegt.

Wir machen noch kurz einen Abstecher zu seinem Großvater Richard Deeken, der Ende des 19. Jahrhunderts auf Samoa Kakao anpflanzte und später die Deutsche Samoa-Gesellschaft gründete. Der könne ihm das Abenteuerblut in die Wiege gelegt haben. Landen bei dem alten Bauernhaus in den Abruzzen, das sich die Deekens vor 22 Jahren gekauft haben. Endlich fertig ausgebaut, umgeben von einem kleinen Weingut und Olivenbäumen. Auf der einen Seite das Meer, auf der anderen den Gran Sasso und bis Rom nur anderthalb Stunden.

Und immer wieder kommt natürlich Barbara Hass vor, der ruhende Pol in Uwe Deekens rastlosem Leben. Seine Ehefrau seit mehr als 30 Jahren, die Spannungen ausgleicht, seine manchmal allzu sperrigen Kanten mildert, und, Gott sei Dank, genauso theaterbesessen ist wie Uwe Deeken selbst. Nur auf besonnenere Art.