Herlind Gundelach ist in Schwaben geboren, aber längst in Hamburg angekommen. Der Bürgermeister darf sie schließlich Gundi nennen.

Hamburg. Nur das Unkraut in ihrem Garten wagt es manchmal. Einfach so draufloszuwuchern. Bis sie ihm den Garaus macht. Sie hat es eben gern ordentlich. Diese gut durchstrukturierte Frau. Die im Moment an vielen Fronten kämpft. Studiengebühren, Master und Bachelor-Studiengänge, die Wahl des neuen Unipräsidenten, der eklatante Geldmangel für die immerhin 18 privaten und staatlichen Hamburger Hochschulen. Und vieles mehr. Herlind Gundelach (CDU), Hamburgs Senatorin für Wissenschaft und Forschung. Präses der gleichnamigen Behörde.

Und schon sind wir mittendrin. In dem, was sie ganz schön nerven kann. Diese Unsitte des Rumgegenders. Des was? Nun, dieses "Senator und Senatorin. Mitarbeiter und Mitarbeiterin". Da streike sie schon manchmal. Und beim Präses der Behörde mache sie nicht mit. Sie bestehe auf "der" Präses, "meine Lateinkenntnisse schmeiße ich nicht so einfach über Bord." Die Grünen bestünden auf "die" Präses. Wegen der biologischen Zuordnung.

Sie lasse sich einfach mit Frau Gundelach anreden. Und heiße überall sonst Gundi. Bei ihren ehemaligen Chefs in Bonn, Berlin und Hessen und auch jetzt bei Ole von Beust (CDU). Ihr Vater nannte sie Maus, die Mutter sagte Helli, und sonst im Schwabenland war sie das Hellile.

Sie macht es einem leicht, ins Gespräch zu kommen. Herlind Gundelach, die als spröde gilt, kurz angebunden, wenig kommunikativ. Alles falsch, sagt sie schnell, in diesem seltsam emotionslosen Tonfall, der gar nicht zu ihrem stets aufkommenden Gelächter passen will. Sie könne mit Leidenschaft Karneval feiern, schließlich sei sie an einem Rosenmontag geboren. Sie hasse nur Diskussionen um ihrer selbst willen, liebe kurze und präzise Antworten. Sei schrecklich ungeduldig und absolut effizienzorientiert. Aber privat, da könne sie sich unglaublich festquatschen.

Und so passiert es denn auch.

Bei einem Salat mit Gänsebruststreifen und Mineralwasser hier im Literaturcafé an der Außenalster. Wir hüpfen einfach quer durch alles, was uns so in den Sinn kommt. Frau Merkels in Schnitt und Knopf sparsame Jackenvariationen. Praktisch, aber ein bisschen langweilig, oder? Herlind Gundelachs viel belachte Nacht mit dem damaligen Bundesumweltminister Töpfer. Bei der der Minister im Dienstwagen schlief und sie als seine Referatsleiterin in der Sauna des Gästehauses des Ostberliner Magistrats. Als Director's Cut ein wahrer Kracher. Herlind Gundelach erzählt von ihren handwerklichen Talenten. Gefördert von ihrem Vater, mit dem sie im Werkzeugkeller bastelte, während die Schwestern der Mutter beim Abwasch halfen. Sie kann Teppichboden verlegen und Paneele, Ausgüsse und Abflüsse reparieren, elektrische Leitungen verlegen. Nähte sich während der Unizeit Röcke und Blusen und selbst das Hochzeitskleid. Nach einem Vogueschnitt. Aus schwerer Seide. Es saß wie angegossen. Die Ehe nicht. Vor 15 Jahren hat Herlind Gundelach sich von ihrem Mann getrennt.

Das seien Dinge, die ihr schlaflose Nächte bereiten würden. Oder wenn etwas mit ihrer Tochter wäre, sagt sie. Aber ansonsten. Nein, sie wäge alles sorgfältig ab. Mit klarem Kopf. Wenn sie sich dann entschieden habe, dann bleibe es auch dabei. Ohne Wenn und Aber. Das, sagt sie, sei ihr Markenzeichen. Sagen andere, sagt sie schnell, damit es ja nicht prätentiös wirkt. Ihr größter Vorteil sei ihre Geradlinigkeit und Verlässlichkeit. Sagen Dritte, sagt sie noch einmal. Sie hasse Hinterfotzigkeiten und habe noch nie jemanden in die Pfanne gehauen.

Mit dieser Nüchternheit und Zielstrebigkeit ist sie gut in der Politik vorangekommen, die kleine Helli, die schon mit zwölf in die Politik wollte. Kein Wunder. Der Vater Regierungsdirektor und Mitbegründer der Jungen Union in Baden- Württemberg. Der Onkel Generalsekretär der CDU. Rechtsflügelig. Die Nichte mehr links, die sich auf Familienfeiern leidenschaftlich mit ihm fetzt. Während des Studiums jobbt sie in Ministerien, träumt davon, es zum persönlichen Referenten eines Bundesministers zu bringen. Referentin natürlich. Ja, und jetzt sei sie Senatorin in Hamburg. Sie fühle sich wohl in ihrer Haut, sagt Herlind Gundelach und könne auch ("Sie werden es nicht glauben") wunderbar mit sich alleine sein. Liege in ihrem geradlinigen, schlichten und doch großzügigen Passivhaus in Wilhelmsburg, "so ein bisschen Baushausstil", auf der Couch mit den Füßen auf dem Couchtisch und lese und sehe auch mal fern dabei.

Von ihrem Salat sind die meisten Salatblätter auf dem Teller zurückgeblieben. Sie ist schon arg diszipliniert, diese Frau, die bei einer Größe von 1,73 Metern gerade mal 53 Kilo wiegt. Wir bestellen noch einen Espresso. Reden über die Selbstverliebtheit manch männlicher Politiker, die gar nicht an einer Unterhaltung interessiert sind. Sondern mehr an der eigenen Selbstdarstellung dabei. Dass Frauen die besseren Beobachterinnen seien. Dass sie selber auch eitel sei. Aber ja. Nur anders. Wert auf "schöne schlichte Klamotten" lege. Wir lachen noch ein bisschen über ihre Leidenschaft, Opernarien zu schmettern, "die Winterreise", "die Schöne Müllerin" Beim Autofahren. Ihren Stolz auf ihre Tochter Corinna, "ein Bachelor, zwei Masters". Das gute Verhältnis trotz manchmal heftiger Fetzereien. Früher. Und landen bei den Sternzeichen. Sie ist ein Fisch, wie auch ihr Vater und ihre Tochter.

Sie sei wirklich vom "Höckschen aufs Stöckschen" gekommen, sagt sie beim Abschied. Nimmt innerlich und äußerlich wieder Haltung an. Bereit für den nächsten, dieses Mal offiziellen Termin. Und da schimmern sie doch ein bisschen durch. Die mit scharfen Zähnen bewaffneten Piranhas, die auch zur Gattung der Fische gehören.