Die Modedesignerin.Bettina Schoenbach machte mit der Drei-Knopf-Jacke der Bundeskanzlerin Furore, gibt sich selbst allerdings eher zugeknöpft.

Hamburg. Diese Frau hat Dampf drauf. Und so geht sie auch dieses Jahr an. Mit Bravour und voller Optimismus zieht sie im Frühjahr vom gläsern-kühlen Teherani-Bau an der Großen Elbstraße an die Neue ABC-Straße. Aus einem Loft in ein mehr als hundert Jahre altes Stadthaus. Vom quirligen Hafenrand in eine gediegene Gegend in der Innenstadt. Klassisch und elegant, so wie meine Modemarke, sagt sie. Die Frau, die mit der Drei-Knopf-Jacke der Kanzlerin Furore machte. Bettina Schoenbach, Modedesignerin.

Die Frau, die Knöpfe liebt, Reißverschlüsse nicht leiden kann und Klettverschlüsse ablehnt, gibt sich selber eher zugeknöpft. Aber schauen wir mal, sagt sie. Was heißt: Fragen Sie doch einfach. Also bestellen wir uns erst mal einen Cappuccino. Gleich um die Ecke im Cafe Flamant an den Hohen Bleichen. Und dann beginnt ein Frage-und-Antwort-Spiel der eher zögerlichen Art. Eine waschechte Hamburgerin sei sie. Aufgewachsen in den Elbvororten. Ja, auch zur Schule gegangen. Und ja, sie wohnt da heute noch. Mit ihrer Familie. Das war's. Mehr Privates sei nicht drin. Und die Hamptons, die Luxus-Sommerenklave der New Yorker? Ja? Wie kommen Sie darauf?, fragt sie zurück. Dieses Foto in einem Hamburger Modemagazin: das Ehepaar Schoenbach beim Picknick am Strand. Darüber muss sie lachen. Nein, sagt sie. Da haben Sie nicht richtig hingeguckt. Das seien Jack Nicholson und Diane Keaton gewesen. Ein Filmfoto. Zu ihrer eigenen Liebeserklärung an die schönsten Sandstrände der Welt vor der Haustür Manhattans hinzugestellt. Nein, sagt sie noch einmal. It's not me. Not me.

Diese vielen Amerikanismen könnten ein irritierender Tick sein. Und sind doch, das merkt man nach kurzer Zeit, eingewachsen und geprägt durch das Leben als Pendlerin zwischen zwei Kontinenten. In den USA hat sie 14 Jahre gelebt, gelernt, gearbeitet. Ihre Kinder sind dort geboren. Ihre Mode verkauft sich dort gut. Und sie ist mindestens einmal im Monat drüben. Sie liebt diesen Kontrast. Hält ihn für eine perfekte Kombination. Hamburg, die Stadt mit dem hohen Lebensstandard. Ruhig und entspannend. Und New York. Die Inspiration, die Energien, die Lässigkeit. Nur die Turnschuhe auf Manhattans Straßen, die seien ihr ein Gräuel. Attraktiv angezogene Frauen mit hochhackigen Schuhen im Beutel und Turnschuhen an den Füßen! Nein, dann doch lieber Blasen. Das sei nun mal der Preis für zehn Blocks zu Fuß in einem tollen Kostüm und Schuhen mit Absatz. Das sei doch wenigstens sexy. Nein, sagt sie, natürlich nicht die Blasen.

Sie ist eine erstaunliche Frau. Zierlich, fast ungeschminkt, kontrolliert. Reserviert, wenn es um die Namen ihrer prominenten Kunden geht. "Schweigepflicht wie beim Arzt." Und dann, nach dem zweiten Cappuccino, doch ein bisschen warmgelaufen. An der Neuen ABC-Straße entsteht gerade ihr Flagship-Store. Ein Wort, bei dem sie zögert. Es erscheint ihr zu wuchtig. Es sei ein Stadthaus, sagt sie hanseatisch zurückgenommen. Ihre eigene Modemarke, präsentiert auf drei Stockwerken. Freier Verkauf von Kostümen und Hosenanzügen, Abendmode, Accessoires aus Leder und Kaschmir. Und CPS, Customized personalized styling service. Maßschneiderei nach ihren eigenen Kollektionen. Um und über tausend Euro. Zu teuer? Nein, sagt sie. Hochwertige Stoffe und perfekte Passform kosten nun mal etwas. Und eine echte Hanseatin setzt immer auf Qualität. Auch in Krisenzeiten. Sie ist schon durch mit der Winterkollektion 2009/2010, und jetzt im Frühjahr ginge es ran an das Frühjahr 2010. Die Mode ist immer schon einen ganzen Schritt weiter als das laufende Jahr. Und Bettina Schoenbach energiegeladen, leichtfüßig und voller Spaß daran vorneweg.

Sie ist von Kindesbeinen mit dieser Welt vertraut. Die der schönen Stoffe, der edlen Materialien. Diesem Spiel mit Farben und Schnitten. Beide Eltern im Textilfach. Der Vater als Kaufmann, die Mutter als erfolgreiche Unternehmerin mit vier Modegeschäften in Hamburg. Die Kinder sind auf Messen in Paris, Mailand und New York dabei. Am Tisch zu Hause ist die Mode ein Dauerthema. Als Schülerin geht Bettina nach Paris. Ein Praktikum bei der Modeschöpferin Renata. Sitzt erst mal mit einer stumpfen Schere im Hinterzimmer, schneidet wacklige Stoffe schön gerade zu Stoffmusterheften zurecht. Kein glamouröser Einsteig, nein. Aber äußerst lehrreich. Sie ist dabei, wenn die Fittings stattfinden, dieses Drapieren der Mode an den Puppen und dann an den Models. Dafür kann sie sich noch heute begeistern. Genauso wie für Fotoshootings. Es bringe ihr wahnsinnig viel Spaß, dabei aus den Models das Letzte und Aberwitzigste herauszukitzeln, sagt sie. Und dann nach einer Pause. Aber sie selber beim Fotografieren. Das ginge gar nicht. Sie sei total unfotogen. Verunsichert. I am lost. Totally lost. Und wirkt plötzlich abgedampft, sehr verletzlich. Und sehr nahe dran an der kleinen Bettina, die manchmal nachts nicht schlafen kann, wenn die Schularbeiten nicht fertig sind.

Ach, sagt sie, lassen Sie uns noch einen Cappuccino bestellen. Dann geht es leichter mit dem Gespräch. Sie erzählt von der ersten eigenen Kollektion schon während der Schulzeit. Zu Hause auf der Nähmaschine genäht. Verwegene Rüschenblusen. Verkauft an Hamburger und Sylter Modegeschäfte. Immer das Ziel vor Augen, irgendwann auch eine Modemarke zu haben. Für die richtige Klientel. Die neuzeitliche Frau, sagt sie. Selbstbewusst. Nicht mehr nur Mutter. Die sich beruflich, sozial, in der Schule engagiert. Fit ist und zu allem bereit. Die nicht jedem Trend hinterherjagt. Klassisch elegant eben, und as simple as possible but not simpler. Bei der deutschen Übersetzung hapert es dann. Großes Gelächter. Be-klei-dung, sagt sie dann. Nicht Verkleidung. Das sei noch nie ihr Ding gewesen. Nur einmal auf diesem Abtanzball im Atlantic, sagt sie. Da sei sie in Glencheck-Hosenanzug und Melone aufgekreuzt. Eine Art innere Rebellion irgendwie. Ein Schocker für die anderen auf jeden Fall. Aber heute? Nein. Keine zu tiefen Ausschnitte. Nur Ahnungen ... Halt. Der viel diskutierte tiefe Ausschnitt der Kanzlerin? Nein, sagt sie kurz. Kein Thema. Und dicke runde Perlmuttknöpfe? Kein absoluter Schlankmacher oder? Nein, sagt sie, nein, das sähe sie komplett anders. Thema Angela Merkel endgültig durch.

Lieber erzählt Bettina Schoenbach dann von dieser anderen Frau, die sie selber auch ist. Am Wochenende. Wenn man von einer Minute in die andere fällt, sagt sie. Ohne große Pläne. Eine wunderbare gewonnene Zeit. Oder im Flugzeug sitzen auf diesen langen Interkontinentalflügen. Sechs Stunden am Stück lesen können. Die Seele einfach wandern lassen. Sie sei halt immer so strikt durchgetimt. Diszipliniert, mit klaren Regeln. Orientierung sei wichtig. Im Leben, dem Ausrichten von Gedanken ... Und in der Liebe? Na, na, sagt sie, die ist doch nicht timebar. Aber Träume vielleicht, sagt sie. Bettina Schoenbach komplett wäre so einer. Vom Schuh über die Handtasche bis zum Hut. Gekrönt von einem eigenen Duft. Einem Duft mit Sinn und Verstand, sagt sie. Ein guter Duft. Wenn der so weit ist, darf er raus.

Und dann trennen wir uns. Sie muss noch mal eben zurück zu ihrer "Baustelle". Nach dem Rechten sehen. Drüben an der Neuen ABC-Straße.