Wiebke Lorenz und Frauke Scheunemann: Die beiden sympathischen Schwestern schreiben gemeinsam unter einem Pseudonym Erfolgsromane.

Hamburg. So einfach kann es sein. Wie bei der Romanautorin Anne Hertz. Spätestens nach knapp 500 Seiten ist alles gut im Leben. Seit vier Jahren hat sie mit dieser Art Frauenunterhaltungsliteratur mehr als 750.000 Leserinnen begeistert. "Goldstück" ist jetzt das Fünfte in dieser Reihe. Zwei Frauen stecken hinter dem Pseudonym Anne Hertz. Die erfolgreichen Schwestern Wiebke Lorenz und Frauke Scheunemann.

Hier auf dem Rasen am Isebekkanal geht's heiter zu und turbulent. Die beiden Schwestern reden im Dauereinsatz, fallen sich ins Wort, überbieten sich mit Pointen. Ersticken am Gelächter. Da verliert man als Zuhörerin leicht den Überblick. Die Geburt der Anne Hertz also. 2006, nachdem die beiden zusammen ein Kochbuch und den Roman zum Kinofilm "Große Mädchen weinen nicht" geschrieben hatten. Und sich dranmachten an Frauenromane, weil es so gut lief.

Kein Hollywood in Hoheluft, sondern Geschichten aus dem Alltag. Mit Liebeskummer, Hartz-IV-Anträgen, Kitagutscheinen, Kündigungen. Und der ewigen Suche nach dem Richtigen. Job und Mann. Auch wenn das nicht der einzige Sinn des Lebens ist, sagt Wiebke Lorenz schnell. Echt!?, sagt Frauke Scheunemann, sie sei schon zu lange aus der Übung als verheiratete Mutter von vier Kindern.

Ihre Romane gelten als Trivialliteratur. Dazu stehen die beiden. Nur wenn es heiße, sie seien handwerklich nicht gut gemacht, werden sie sauer. Denn das haben sie von der Pike auf gelernt. Wiebke als Konzertkritikerin, Reporterin für Frauenzeitschriften, als Drehbuchschreiberin fürs Fernsehen. Eine tolle Dramaturgin, sagt Frauke. Sie selber hat sich beim NDR ausprobiert. In der Rechtsabteilung von Axel Springer, als Pressesprecherin in der Kulturbehörde. Ihre Mutter hätte die promovierte Juristin lieber als Richterin gesehen. Aber irgendwann müsse man sich von elterlichen Wünschen eben lösen, sagt sie. Loslassen können überhaupt, sagt Wiebke, sei wichtig im Leben. Wie bei ihrer Scheidung. Sie und ihr Exmann seien noch immer befreundet. Nur für die Ehe habe es eben nicht gereicht. Auf dem Rasen wird es langsam feucht. Wir gehen rüber ins "Ono". Wir reden weiter mitten auf dem Lehmweg. Die erst spät entdeckte Harmonie untereinander, als beide schon studierten. Frauke in Passau, Wiebke in Trier. Die wilde Party dort. Wiebke lud Frauke ein. Die Introvertierte, Brave, wie es zu Hause hieß. Und war baff. Diese Frauke ist ein Partykracher. Ach, sagt Frauke, familiäre Rollenverteilung! Dieses Kategorisieren! Das sollten Eltern vermeiden. Nur sie ertappe sich auch dabei.

Wir bestellen Sashimi und Sushi. Verheddern uns mit den Stäbchen, dem Reden und all den Büchern. Drei neue gab es in diesem Frühjahr. Das gemeinsame "Goldstück", das Psychodrama "Allerliebste Schwester" von Wiebke Lorenz, die Liebeskomödie "Dackelblick" von Frauke Scheunemann. Was für ein Ausstoß! Den sechsten Anne-Hertz-Roman gehen die Schwestern in dieser Woche an. In einer Enklave in Kühlungsborn. Fürs Exposé, die Textaufteilung, die ersten paar Hundert Seiten. Und mit Lagerkoller nach einer Woche, sagt Frauke, da sehne man sich schon nach einem einsamen Bier am Abend. Aber Schwestern gehören ja nun mal zusammen. Da gebe es kein Entrinnen, sagt Wiebke. Und sie wollen es auch gar nicht. Lange haben sie zusammengewohnt. In einem verwinkelten Pfarrhaus in Hoheluft. Jetzt nach der Geburt von Fraukes viertem Kind ist Wiebke ausgezogen. 100 Meter oder 30 Sekunden entfernt. Sonst würden sie es nicht aushalten. Und die Kinder auch nicht. Ohne die Spaghetti ihrer Tante, sagt Wiebke. Sie selber sei von der Quick-und-easy-Fraktion, sagt Frauke, Fischstäbchen mit Kartoffelbrei.

Im Elternhaus der beiden in Düsseldorf herrschte Ordnung und Disziplin. Die Mutter, eine Mathelehrerin, erwartete gute Zensuren, belohnte sie. Ab einer Drei gab's nichts mehr. Frauke bestand das Abitur mit Eins. Wiebke mit Zwei. Und, sagt Frauke, eine berufstätige Mutter gehörte einfach in ihr Leben. Und so arbeite sie eben auch. Weit entfernt von Superfrau und Übermutter! Manchmal habe sie schlicht die Schnauze voll. Dann springe der "sehr an der Kinderfront engagierte Ehemann" ein. Oder das Au-pair-Mädchen. Und früher hast du die Kinder einfach zu mir rauf ins Bett geschickt, sagt Wiebke. Sie laufen wie ein gut geöltes Team. Diese beiden. Und sind doch grundverschieden.

Allein schon das USA-Jahr während der Schulzeit. Für Frauke, die Ältere, reines Vergnügen. Bei einer Gastfamilie in Oregon. Dick und rund wie ein Baiser sahst du aus, ruft Wiebke. Für sie war es ein Horrortrip. Heimwehkrank schon auf dem Flughafen in Seattle. Die Mennonitengemeinde ihrer Gastfamilie wurde zur Rettung. Das gemeinsame Singen. Da wurde richtig abgerockt, sagt sie. Wippt und röhrt: Jesus was no ordinary man, ehey. Frauke kichert. Und dann lästern sie noch ein bisschen. Übereinander. Dieses "kommste heut nicht, kommste morgen" von Frauke mache sie wahnsinnig, sagt Wiebke. Dieses Durchwurschteln. So ist das Leben nun mal, sagt Frauke. Dafür bist du pathologisch pünktlich. Und dein "bloß nicht die Kontrolle verlieren"! Achtung, jetzt wird's philosophisch!, ruft Wiebke. Der Rest geht im Gelächter unter.

Wir haken noch schnell die Erhöhung der Kitagebühren und die Schulreform ab. Große Fragezeichen im Kopf der einen. Ein ungemütliches Gefühl bei der anderen. Und dann schließt das Restaurant. Also, sagen beide beim Aufbruch. Wenn Sie nicht mehr wissen, was wer wozu gesagt hat, macht es auch nichts. Es wird schon alles gut. Das kann man nur hoffen.