Wirtschaftswissenschaftler Eyjólfur Guðmundsson über Freundschaft im Cyberspace und darüber, was man aus anderen Welten in die wirklich wahre mitnehmen kann.

Dr. Guðmundsson, um was geht es bei EVE online?

Wahrscheinlich gibt es auf diese Frage ebenso viele Antworten, wie es Spieler bei EVE Online gibt. Für einige geht es darum, mit ihrem Rollenspielcharakter Teil einer futuristischen Welt zu sein. Andere wollen sich beweisen, indem sie ein großes virtuelles Unternehmen lenken. Aber es geht bei EVE auch um Freundschaft, um das Kämpfen für gemeinsame Ziele: eine Mission zu erfüllen, eine Station zu verteidigen oder andere vor Piraten zu beschützen. Natürlich kann man sich auch auf die Seite der Piraten schlagen.



Es gibt schon viele Online-Games. Was macht EVE besonders?

Der Unterschied ist, dass sich bei EVE alle Spieler in einer einzigen, zusammenhängenden Welt bewegen. Bei mehr als 225 000 Mitgliedern wird daraus eine riesige Gemeinschaft mit fast unendlichen Möglichkeiten der sozialen Kontaktaufnahme, eine gigantische Online-Welt. Außerdem hat keine andere Community so intelligente, begeisterte und loyale Mitglieder.



Sie sind Wissenschaftler. Was interessiert Sie an einem Computerspiel?

Für mich bietet die Tatsache, dass EVE eine virtuelle Welt ist, in der es hauptsächlich um knallharte wirtschaftliche Interessen geht, eine unschätzbare Inspirationsquelle. Ohne die Spieler, die alle ihre Anstrengung in die Produktion und Vermarktung von Gütern stecken, gäbe es diese Welt nicht. Für mich als Wirtschaftswissenschaftler ist das eine einzigartige Möglichkeit, ökonomisches Handeln und andere menschliche Verhaltensweisen zu untersuchen.



Haben die wirtschaftlichen Bedingungen innerhalb des Spiels denn überhaupt etwas mit der Wirklichkeit zu tun?

Die Spieler können einiges lernen über Unternehmensführung, über das Management humaner Ressourcen, den Umgang mit ökonomischen Informationen und über das Treffen der richtigen Entscheidungen innerhalb einer bestimmten Umgebung. Man begegnet den gleichen Herausforderungen und Mechanismen wie im wirklichen Leben. Das liegt daran, dass man es in EVE ja mit realen Menschen zu tun hat. Deshalb kann das Spiel auch als Simulator verwendet werden, um Fähigkeiten im Management, in Ökonomie und Wirtschaft zu verbessern. Wie es einer unserer Spieler ausdrückt: "Wenn du in der Lage bist, in EVE eine Firma mit 1000 Angestellten zu leiten, wirst du damit auch in der modernen multinationalen Geschäftswelt keine Probleme haben." Dieser Spieler leitet im wirklichen Leben sein eigenes Unternehmen. Und er ist EVE noch immer dankbar, weil er mit den im Spiel erlernten Fähigkeiten erfolgreich geworden ist.



Was macht virtuelle Welten aus Ihrer Sicht so faszinierend?

Ich habe mich schon als Teenager für Computer interessiert. Als ich bei CCP einstieg, hatte ich ziemlich wenig Erfahrung mit Online-Welten - unglaublich, was ich seitdem gelernt habe. Besonders verblüffend finde ich, dass sich anscheinend alles, was wir über das Verhalten von Menschen wissen, auch in virtuellen Welten wiederfinden lässt. Es handelt sich eben immer noch um reale Menschen, die interagieren. Das bedeutet, dass wir solche Welten erforschen können, um menschliche Verhaltensweisen besser zu verstehen. Auf dieser Grundlage können wir dann auch die reale Welt verbessern.



Dr. Eyjólfur Guðmundsson arbeitete am Department of Environmental and Natural Resource Economics der Universität Rhode Island und Dekan an der Universität von Akureyri, Island. Für EVE analysiert er die Entwicklung der virtuellen Ökonomie anhand von Faktoren wie Inflation, Wirtschaftswachstum und Preisentwicklungen.