Er ist ein Kleinod unter den Parks der Hansestadt, aber viele Hamburger haben ihn noch nie gesehen: der Römische Garten mit mediterranem Flair in Blankenese. Ein Autor hat seine Geschichte erforscht.

Erker am Elbhang. Dunkles Immergrün an der steinernen Treppe. Südliche Sehnsucht. Ein geöffnetes Fenster ganz aus Laub geformt. Oliver Breitfeld Denken Sie sich in die Toskana. Oder in die römische Campagna. Aber zugleich auch an die Elbe, nach Blankenese und zu den grünen Hängen über dem Strom. Der Römische Garten, ein Kleinod unter den Hamburger Parks, ist ein Stück Italien mitten in der Hansestadt. Das terrassenförmig gestaltete Paradies, gerade mal 6700 Quadratmeter groß und nach Süden - zur Elbe - ausgerichtet, liegt versteckt im dichten Grün des Hamburger Westens. 128 Steinstufen geht es vom Falkensteiner Ufer hinauf. Der Ausblick von einer thronartigen weißen Rundbank auf den Fluss ist allein schon den Besuch wert. Ein Blütenmeer umrahmt diesen famosen Aussichtsplatz. Aber auf den zweiten Blick erschließt sich eine Zeitreise in die Antike - wenn man die Treppe ins Grüne hinab schreitet, gleichsam eine Europareise per pedes. Die römische Terrasse mit dem Seerosenbecken, angelegt als "Spiegel des Himmels", und das Freilufttheater, umgeben von einer dichten Eibenhecke, lassen die mediterranen Ideen der Gestalter erahnen. Was heute ein Geheimtipp ist, vielen Hamburgern unbekannt und nur über verschlungene Pfade erreichbar, war in den Zwanzigern und Dreißigern ein Treffpunkt der Hamburger Gesellschaft. Hier saßen die Warburgs, die Mönckebergs, die Liebermanns. "An kleinen Tischen draußen auf der Terrasse gab es das Souper, später Tanz mit einer Musikkapelle", erinnerte sich Olga Lachmann (1898-1965), eine Nichte Max Warburgs. "Und dann zog alles mit brennenden Fackeln durch den Park." Der Hamburger Gartenhistoriker Oliver Breitfeld hat der Geschichte des Römischen Gartens nachgespürt ( Campagna am Elbhang, Christians Verlag ). "Dieser Garten", sagt der promovierte Biologe, "hebt sich von anderen Hamburger Landschaftsparks ab. Er vermittelt die Italien-Sehnsucht seiner Zeit." Kurz: er ist ein "Gartendenkmal dieser Stadt". Breitfeld will den Anstoß geben, den Römischen Garten komplett wieder herzustellen. Der einstmals sandige und nur spärlich mit Heidekraut bewachsene Hügelrücken 30 Meter über der Elbe war Ende des 18. Jahrhunderts der Natur entrissen worden, als sich dort der Hamburger Auktionator Hinrich Jürgen Köster ein Sommerhaus hinstellte. Ein halbes Jahrhundert später schuf der Altonaer Wollkaufmann Johann Carl Semper mit Forst- und Gartenanlagen die Parklandschaft mit Elbblick. Die Idee für einen "Römischen Garten" kam dem Hamburger Kaufmann Anton Julius Richter während eines Italien-Urlaubs. Castel Gandolfo, die Sommerresidenz der Päpste, hatte es ihm angetan. Die Zypressen gesäumte Aussichtsterrasse des Giardino del Belvedere mit ihrem weiten Blick in die Campagna sollte das Vorbild der "römischen Terrasse" sein, die er am Elbhang anlegte. Kalifornische Flusszeder, Sawara-Zypressen und Thuja-Hecken vermitteln italienisches Flair. Die Hamburger Bankiersfamilie Warburg (Moritz M. Warburg erwarb das Gelände 1897, sein Sohn Max ließ es neu gestalten) gab dem Park die endgültige Form. Zwei Namen haben ihn geprägt: zunächst Gartenarchitekt Rudolf Jürgens, der die englische Schule des Landschaftsgartens pflegte. Dann die Obergärtnerin Else Hoffa, die von 1913 an die klassische formale Gartenkunst einbrachte. Ihr Team mit 17 Gärtnern und norwegischen Ponys als Arbeitstieren gab der Anlage ihren in Hamburg einmaligen Charakter - mit vielen Zitaten italienischer Vorbilder in den verschiedenen "Gartenzimmern". Seine Blüte erlebte der Römische Garten in den Jahren zwischen 1925 und 1938 - als repräsentative Freiluft-Kulisse. Als die Warburgs und ihre Obergärtnerin in die Emigration mussten, ging auch die prächtigste Zeit des Parks zu Ende. Zu Nazi- und Kriegszeiten verwucherte das Gelände, wurden Flakgeschütze aufgestellt, verschwanden wertvolle Plastiken. Auf der römischen Terrasse, heißt es, wuchsen im Krieg Kartoffeln. 1951 schenkte Eric M. Warburg die Anlage der Stadt Hamburg - unter der Bedingung, dass sie wieder in den früheren Zustand versetzt wurde. Vor 50 Jahren, am 15. Juni 1953, weihte Bürgermeister Max Brauer Hamburgs neue öffentliche Grünanlage ein. Es war für lange Zeit das letzte Mal, dass man von ihr hörte. Der Garten verwilderte. Erst zu Beginn der 90er-Jahre erwachte der Römische Garten aus dem Dornröschenschlaf. Zuletzt ließ das Bezirksamt Altona 1994 das Gartentheater restaurieren. Nun ist es zwar eine schöne und sogar verzaubernde Anlage. Aber eigentlich nur zu zwei Dritteln fertig. "Denn für das ursprüngliche Konzept der Gartenräume und Sichtachsen fehlt der toskanische Rosengarten", sagt Oliver Breitfeld. Dieser Teil war nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut worden. Damit er restauriert werden kann, so das Gartenbauamt, sind private Sponsoren und Gönner nötig. Die städtischen Gelder reichen gerade aus, den derzeitigen Stand des Römischen Gartens zu erhalten.

  • Römischer Garten : erreichbar über den Elbhöhenweg vom Falkentaler Weg. Buslinie 48 (Falkentaler Weg).