Irgendwann, wenn man es zu einer wichtigen Persönlichkeit gebracht hat, kommt ein Verlag, meist direkt nach dem eigenen Ableben, spricht die Verwandten an und fragt nach den Rechten für die Tagebücher. Soll man sich jetzt darüber freuen? Wenn die eigenen Gedanken, Geheimnisse, Liebschaften auf einmal aller Welt bekannt werden? Wir können Max Frisch, Thomas Mann, Victor Klemperer oder auch Virginia Woolf (die sich in ihren Tagebüchern von der sprachlichen Perfektion ihrer Romane erholt hat) nicht mehr fragen. Besser haben es da Heinrich Böll mit seinem "Irischen Tagebuch" und Johann Wolfgang von Goethe mit "Dichtung und Wahrheit" gemacht: Zu Lebzeiten ein Werk verfasst, das sich der Anmutung nach wie ein nachts vor dem Einschlafen verfasstes Tagebuch liest, aber in Wahrheit natürlich für die Nachwelt verfasst wurde. Und das ist der feine Unterschied, ein Tagebuch ist nur für den Schreiber allein. Nicht für andere. Und deshalb war es auch immer ein absoluter Vertrauensbruch, wenn andere, Eltern oder die eifersüchtige Freundin, im eigenen Tagebuch gelesen haben.

Seitdem es das Internet gibt, gilt diese Regel nicht mehr. Sobald wir einsteigen in diese Bildschirmwelt, können wir unsere Neugierde mit unzähligen Blogs befriedigen. Das Private ist öffentlich geworden. Der Internet-Blog ist ein perfektes Format, für das, was man früher sonst nicht zu lesen bekam. Zwei Hamburger Jugendliche, Lara Natascha und Alena, sind mit dem Internet aufgewachsen, für sie ist ein Blog eine logische Kommunikationserweiterung zum Handy und zur E-Mail. Sie zeigen uns ihre Blog-Welt und auch ein bisschen, wie Jugendliche heute leben und denken. Wie ein Mensch aus einem anderen Jahrhundert wirkt dagegen die Reporter-Legende Georg Stefan Troller. Er hat keinen Blog und schreibt seine Texte noch auf einer Schreibmaschine. Er stellt lieber Fragen, damit ihm keiner Fragen stellt. Seine Tagebücher werden wir wohl nie zu lesen bekommen.

Ihre Journal-Redaktion