Dierk Strothmann über Salzwasser im Kessel und viel zu viel Schwell

Im Januar 1769 wurde in England die Dampfmaschine patentiert, 40 Jahre später setzte man erstmals in Amerika ein mit Dampf betriebenes Schiff auf dem Hudson ein, das zwischen New York und Albany, hin- und herpendelte.

Auch in Hamburg ließ sich die neue Zeit blicken. Der Schotte Peter Kincaid schickte 1816 seine "Lady of the Lake" zwischen Hamburg und Cuxhaven in den Liniendienst. Aber nur für wenige Monate, weil einfach zu wenig Leute mitfahren wollten.

Dann, Mitte des 19. Jahrhunderts, gab es endlich Bedarf, zumindest auf der Alster. Hamburger, die in die Vororte gezogen waren, wollten oder mussten hin und wieder ins Stadtzentrum. Die Fahrten mit der Kutsche waren mühsam, die Pferdebahn gab es zwar schon, aber nur in der Innenstadt.

Und so dachte der Assekuranz-Makler Gustav Adolph Droege, dass es sich lohnen könnte, den schon seit Jahrhunderten bestehenden Fährbetrieb mit Ruderbooten mithilfe von ein paar Raddampfern professionell aufzuziehen.

Er beantragte eine Konzession, und nach langem Hin und Her bekam er sie. Er durfte zwischen dem Jungfernstieg, der Uhlenhorst und Eppendorf Schiffe fahren lassen, obwohl der hochweise Senat ziemliche Bedenken hatte, was diesen "neumodischen Kram" betraf und in diesem Fall sogar recht behielt.

Denn Gustav Adolph Droege mochte zwar ein tüchtiger Versicherungsmakler gewesen sein, von der christlichen Seefahrt allerdings verstand er nicht allzu viel. Und seine Leute auch nicht. Die hatten nämlich die Kessel des Raddampfers "Stadt Mülheim" auf der Überführung zwischen Rhein- und Elbemündung mit Nordseewasser befüllt, und das war ziemlich dumm. Die Lieblingsspeisen von Salzwasser sind nun einmal Eisen und Stahl, und so traf das rund 25 Meter lange Schiff zwar im Juli 1856 in Hamburg ein, wurde aber nicht eingesetzt, sondern versank sang- und klanglos schon im Januar 1857 in der Elbe, als es vertäut am Grasbrook lag.

Herr Droege hatte wohl seinen Dampfer gut versichert (davon verstand er ja was), jedenfalls zögerte er nicht lange und bestellte in einer Werft in Koblenz ein neues Schiff. Knapp zehn Meter länger als sein Vorgänger und mit 30 PS auch ziemlich leistungsstark. Stolz nannte er sein Schiff "Helene", nach seiner Tochter. Aber auch diesmal hatte Herr Droege seine Hausarbeiten nicht gemacht. Das Schiff passte nämlich nicht durch die Alsterschleusen, sodass Schornstein, Aufbauten und Radkästen abgebaut werden mussten. Außerdem verursachte der "schwimmende Teekessel", wie die ersten Dampfschiffe damals genannt wurden, viel zu viel Schwell. Teile des Alsterufers wurden buchstäblich überschwemmt, als die "Helene" während der amtlichen Probefahrt am 3. August 1857 vorbeirauschte. Klar, dass Herr Droege keine Betriebsgenehmigung erhielt, sondern seinen Kahn nach Russland verkaufen musste, wo er, wie man hört, noch bis zur Jahrhundertwende auf der Wolga herumschipperte.

Der Schiffsmakler Johann Peter Parrau machte es besser. Seine "Alina" war nur ein Drittel so groß und passte durch alle Schleusen. Und so begann vor 150 Jahren, genau am 15. Juni 1859, die Geschichte der Hamburger Alsterdampfer.