Drei Millionen Deutsche tun es: früh morgens, in der Mittagspause und sogar im Urlaub. Yoga, die jahrtausendealte indische Philosophie, ist der heutige Trendsport. Dabei ist es anstrengender, als viele denken.

Bauch-Beine-Po, Spinning und Workout waren gestern. Wer heute etwas auf sich hält, legt sich in umgebauten Dachwohnungen mit Kautschukboden auf die Matte. Statt lautem Techno-Sound begleiten Norah Jones oder Mantra-artige Gesänge die schweißtreibenden Atem-, Dehn- und Balance-Übungen, die ein Yogalehrer vorgibt. Um gleich ein weitverbreitetes Vorurteil aus der Welt zu schaffen: Yoga ist mehr als ein bisschen Meditieren. Die Asanas (Körperübungen), die Tiere wie Kobra und Heuschrecke imitieren, sind richtig anstrengend. Trotzdem oder gerade deshalb suchen mehr als drei Millionen Deutsche regelmäßig auf diese Weise Fitness und Entspannung. Die jahrtausendealte Philo-sophie aus Indien ist der absolute Trendsport von heute.

Man könnte sogar so weit gehen, dass Yoga das neue Aerobic ist. Während in den 80er-Jahren alle in Leggins, Stulpen und mit Schweißbändern ins Gym liefen, um Jane Fonda nachzueifern, sitzen wir lieber barfuß im Lotussitz. Die neuen Helden sind Yoga-Gurus wie die amerikanische Tänzerin Sharon Gannon und der Dichter David Life, die schon Stars wie Madonna, Gwyneth Paltrow und Christy Turlington das Meditieren lehrten. Patrick Broome, der das von Gannon und Life erfundene Jivamukti-Yoga ("Jiva" bedeutet Seele, "Mukti" spiri-tuelles Wachstum und Be-freiung) nach Deutschland brachte, sieht in diesem Hype den Versuch des modernen Menschen, unter die Oberfläche zu tauchen: Nämlich dorthin, wo sich "der Widerspruch zwischen einer Gucci-Tasche und dem ernsthaften Streben nach Tiefe und Spiritualität auflöst".

Morgens Yoga am Strand, nachmittags die Wellen reiten

Yoga ist damit die ideale Sportart für trendbewusste Städter, die auf einen gewissen Lifestyle Wert legen, ohne dabei oberflächlich zu sein. Mit seinen vielfältigen Formen bietet es für jeden Geschmack und für jede Kondition das richtige Trainingspensum: Hatha für Anfänger, Hot für Profis. Was es aber am meisten von unpersönlichen Turnstunden unterscheidet, ist die Möglichkeit zur individuellen Weiterentwicklung, Grundbedürfnis dieser Generation: Mit jeder Yogastunde wird der Körper geschmeidiger, die Haut besser durchblutet, man fühlt sich verschlankt, verjüngt und gestärkt. Ja, irgendwie als ein besserer Mensch! Aber bei aller Hingabe zur spirituellen Bewusstseinserweiterung ist Yoga auch ein geniales Körpertraining auf dem Weg zur Bikinifigur.

In Hamburg bietet Andrea Kubasch in ihrem Studio am Schlump Jivamukti-Yoga an. Bekannt geworden ist die Lehrerin jedoch durch Power-Yoga, die dynamisch-ste Form des Yoga. Dazu lädt Andrea Kubasch häufig Startrainer aus Amerika und Australien ein, veranstaltet Workshops, Master- Classes und Yoga-Retreats. Das sind Reisen, bei denen Yogis sich mehrere Stunden pro Tag ganz auf ihre Übungen konzentrieren. Die nächste Reise geht im September nach Portugal: morgens Yoga am Strand, nachmittags schwimmen und die Wellen reiten.

Auch Silke Markmann und Annette Hartwig vom "Yogaraum Hamburg" reisen mit ihren Schülern gern in den Süden. Für dieses Jahr sind zwei Retreats in Portugal geplant, eins im Sommer und eins im Herbst. Die Verbindung von Yoga und Surfen liegt bei Silke Markmann auf der Hand. Schließlich lernte sie ihr Fach auf Hawaii, brachte als erste das "Power-Yoga Maui Style" in die Hansestadt. Ebenfalls Pioniere in Sachen Trendsport sind Judith und Marlen Köhler. 1999 eröffneten die Geschwister ihr schönes Studio für "Hot Bikram-Yoga" in der Eppendorfer Landstraße und etablierten das Training, bei dem sich die Teilnehmer bei 38 Grad Raumtemperatur die Giftstoffe aus dem Körper schwitzen.

Neben speziellen Yoga-Schulen haben auch Fitness-Center den Trend erkannt. Von Elixia über Meridian Spa bis Holmes Place haben alle Hamburger Studios mindestens drei verschiedene Yoga-Kurse im Angebot. In der Fitness Company können Einsteiger zwischen Hatha- und Rücken-Yoga wählen. Die Kaifu-Lodge bietet mit "Yoga Basics" einen Extra-Kurs für Anfänger, YogaNidra bei völliger Stille und ein sanftes Training für werdende Mütter an.

Buchtipp: Patrick Broome/ Gabriela Bozik: "Yoga fürs Leben", Gräfe und Unzer, 160 Seiten, mit ca. 300 Farbfotos, 19,90 Euro.