Wie war's in Kenia? Interview mit Iris Berben über ihre Rolle im neuen Dreiteiler “Afrika, mon amour“, über die Kolonialzeit und moderne Frauen.

Einer aktuellen ZDF-Umfrage zufolge ist Iris Berben die beliebteste lebende deutsche Schauspielerin. Nach der "Patriarchin" ist die 56-Jährige jetzt wieder in einem aufwendigen TV-Dreiteiler zu sehen, der von ihrem Sohn Oliver Berben (35) produziert wurde: "Afrika, mon amour" ist eine Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte und wird am 8., 10. und 14. Januar im ZDF gezeigt. Iris Berben spielt Katharina von Strahlberg, die Anfang des Ersten Weltkriegs ihren untreuen Ehemann Richard (Robert Atzorn) verlässt, um in Deutsch-Ostafrika ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Olaf Neumann traf Iris Berben in Hamburg und sprach mit ihr über Afrika, Emanzipation und den Preis des Erfolgs.

JOURNAL: Es heißt, in Afrika ist man näher dran am Leben. Wie haben Sie das empfunden?

IRIS BERBEN: Ich bin sicher infiziert von diesem Kontinent, auch wenn man unsere Lebensform nicht nach Afrika transportieren kann. Das haben schon die Missionare vergeblich versucht, und die Kolonialisierung war nichts anderes als die Ausbeutung dieser Länder. Trotz der schwierigen Lebensumstände habe ich bei der Bevölkerung eine große Würde festgestellt. Wir hier im Westen haben unsere geregelte Lebensform gefunden, aber es ist gut zu wissen, dass es auch noch ein ganz anderes Leben gibt. Afrika berührt die Seele. Wenn ich diesen weiten Himmel sehe, kann ich meine Emotionen nicht mehr im Zaum halten.

JOURNAL: Der Film spielt zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Damals erlaubte das Gesetz keine Scheidung, trotzdem trennt sich Katharina von Strahlberg von ihrem untreuen Mann. Ist sie eine moderne Frau?

IRIS BERBEN: Sie ist zumindest zu einer modernen Frau geworden. Sie kann gar nicht abschätzen, auf was sie sich einlässt, als sie sich von ihrem Mann trennt. Ich glaube, die Ehe wäre unter Umständen sogar weiter gegangen. Aber das konsequente Verdrängen seitens ihres Mannes beschleunigt ihre Entscheidung. Mit Sicherheit hat sie in dem Moment nicht gewusst, welche Vorreiterrolle sie damit für die Emanzipation hat. Katharina ist in eine ausweglose Situation geraten und hat in dem Moment außerdem etwas sehr Menschliches getan. Insofern hat die Figur aus heutiger Sicht etwas Modernes.

JOURNAL: Hat es eine besondere Bedeutung, dass die Geschichte dieser Emanzipation in Afrika und nicht in Deutschland angesiedelt ist?

IRIS BERBEN: Das finde ich schon. In Deutschland wäre Katharina aus ihrem Korsett der gesellschaftlichen Zwänge nicht herausgekommen. Zu ihrer Zeit behandelte man Afrikaner wie Tiere, was auch für sie anfangs normal ist. Erst in Afrika beginnt sie umzudenken. Weil sich dort für sie selbst die Frage des Überlebens stellt. Und weil sie gleichzeitig überwältigt ist von dem Land und von der Freundlichkeit, mit der ihr die Einheimischen begegnen, ganz im Gegensatz zu manchen ihrer Landsleute.

JOURNAL: Stichwort Emanzipation: Finden Sie, dass es bei der Job-Vergabe eine Frauenquote von 50 Prozent geben sollte?

IRIS BERBEN: Ich bin absolut dafür, dass in jedem Job der Beste besetzt werden sollte. Nur müssen dabei auch die Möglichkeiten, sich als der Beste zu beweisen, gegeben sein. Ich glaube, da unterscheiden sich manche Spielregeln für Männer und Frauen noch. Das Thema Emanzipation ist jedenfalls noch lange nicht beendet.

JOURNAL: "Afrika, mon amour" war die größte Filmproduktion, die je in Kenia stattgefunden hat. Welche Spuren der Kolonialisierung sind heute noch sichtbar?

IRIS BERBEN: Zum Beispiel die Schuluniformen. Diese britische Disziplin trifft man selbst im kleinsten Ort an. Das hat auch etwas Rührendes. Die Freundlichkeit der Dorfbevölkerung war für uns Weiße fast schon beschämend. Die Kenianer gehen sehr offen mit einem um, und man wird überall angelacht. In unserem Film wollten wir aber kein verweichlichtes Bild von Afrika zeichnen. Da gibt es zum Beispiel eine Auspeitschszene. Das Auspeitschen war in der Kolonialzeit eine legitime Strafe. Eigentlich müsste man als Schauspielerin da drüberstehen und sagen: Das ist ein Teil der Geschichte! Aber ich war in dem Moment nicht frei von Emotionen.

JOURNAL: Kenia kämpft mit vielen Problemen: Neben unzähligen Waisenkindern leben dort auch 80 000 somalische Bürgerkriegsflüchtlinge. In diesem Jahr gab es zudem die stärksten Überschwemmungen seit 50 Jahren. Wie viel haben Sie von all dem mitbekommen?

IRIS BERBEN: Wir waren in der Nähe der somalischen Grenze, aber die großen Flüchtlingstrecks haben wir nicht gesehen. Es gab jedoch verstärkte Sicherheitsvorkehrungen. Viele Menschen in Kenia haben nicht viel zu erwarten. Deshalb zieht es viele nach Nairobi, weil sie denken, da könnten sie ihr Leben verbessern. Die Stadt steht deswegen kurz vor dem Kollaps.

JOURNAL: Bei den Dreharbeiten passierte Ihnen ein schwerer Reitunfall. Wie geht es Ihnen jetzt?

IRIS BERBEN: Ich reite ziemlich gut und bin bereits nach dreieinhalb Wochen wieder aufs Pferd gestiegen. Und zwar auf das, mit dem es passiert ist. Aufsteigen kann ich allein, absteigen aber noch nicht. Wenn ich die Schiene abends abnehme, sind da aber immer noch Schmerzen. Ich versuche es zu ignorieren. In ein paar Wochen werde ich erfahren, ob ich noch operiert werden muss. Es sieht wohl danach aus. Die Sache ist einfach nur lästig.

JOURNAL: Ist der Unfall ein Opfer, das man eben in Ihrem Beruf erfolgreich sein will?

IRIS BERBEN: Nein, der Unfall war kein Opfer, sondern reine Dusseligkeit. Wir konnten es zum Glück so organisieren, dass die Dreharbeiten nicht unterbrochen werden mussten. Der Trick ist, im Film keine Treppen mehr zu steigen. Bei allem, was wir bei dieser Produktion erlebt haben, war der Unfall nur ein Kinkerlitzchen.

JOURNAL: Brauchen Sie nach einer so intensiven Arbeit auch eine intensive Auszeit?

IRIS BERBEN: Ich bin niemand, der große Pausen braucht. Auch diesmal muss ich gleich weitermachen, weil die Dreharbeiten zu meinem nächsten Film "Das Verhör" schon im Januar anfangen:

ein Kammerspiel von Matti Geschonneck mit Jürgen Vogel und Ina Weisse. Im Moment bin ich zwar erschöpft, aber ich will nicht larmoyant werden. Insgesamt empfinde es eher als Geschenk, dass ich so viele unterschiedliche Rollen spielen darf.

JOURNAL: Die ZDF-Zuschauer haben Sie gerade zur beliebtesten lebenden deutschen Schauspielerin gewählt. Hat Erfolg auch einen Preis?

IRIS BERBEN: Vielleicht den, dass man ein öffentlicher Mensch ist und alles zum Statement wird. Das ist so. Aber wie viel Privates man hat, liegt an einem selbst. Es besteht immer die Möglichkeit zu sagen: Ich mache nicht mehr mit.

"Afrika, Mon Amour" mit Iris Berben, Robert Atzorn, Alexander Held, Pierre Besson, Matthias Habich, Bettina Zimmermann, am 8., 10. und 14. Januar 2007, jeweils 20.15 Uhr im ZDF.