Was wäre ein Cabaret ohne Girls? Eine ziemlich freud- und fleischlose Angelegenheit. Dasselbe gilt für das Musical "Cabaret" im St.- Pauli-Theater: Gustav Peter Wöhler (als Conferencier) und Anneke Schwabe (als Sally) mögen die Zugpferde sein - aber die fünf Kit-Kat-Girls Sonja Gründemann, Katharina Mittermeier, Kai-Maren Taafel, Bettina Roepkes und Katrin Wasow bringen das Musical um den Kit-Kat-Club, die frivole, etwas schäbige Berliner Vorkriegskaschemme, richtig zum Swingen.

Ganz verschieden sind die fünf Revuegirls. Übrigens auch privat. Kai-Maren Taafel verkörpert als dralle Helga in dem Quintett quasi den deutschen Hausfrauensex. Und wuchert ganz offen mit ihren Pfunden: "Alle haben Kleidergröße 36, nur ich nicht." Sie stand u. a. schon in "My Fair Lady" als Eliza und in Shakespeares "Viel Lärm um nichts" auf der Bühne, war in Wohlfahrts Palazzo-Shows als Comedian zu sehen und schreibt nebenbei Texte für TV-Kinderserien. Und strahlt: Vor zwei Wochen hat sie geheiratet - das gibt natürlich Schwung.

Bettina Roepkes spielt die laszive Kindfrau Lulu und ist auch privat das Küken der Gruppe. Erst vor einem Jahr beendete sie ihre Schauspielausbildung in Hamburg. Nach ersten Auftritten u. a. im Malersaal und Polittbüro hatte sie gerade "neue Fotos machen lassen und mich überall beworben", dann bekam sie die Rolle in "Cabaret", das war "wie ein Lottogewinn". Sonja Gründemann hingegen hat seit 2001 als Solistin in Wien Musicalerfahrungen gesammelt. Die Absolventin der Stage School of Music, Dance and Drama begann schon als Kind mit Improvisationstheater und ist Mitbegründerin der Impro-Gruppe "Kommando Hemmungslos". Das passt irgendwie zu ihrer "Cabaret"-Rolle als Cowgirl Texas, das gerne aufs Publikum anlegt. Und das mit der Kleidergröße 36 war auch hemmungslos übertrieben. Denn zwei der Kit-Kat-Girls sind junge Mütter: Katharina Mittermeier hat zum Interviewtermin Tochter Polly Josephine (5 Monate alt) mitgebracht, Katrin Wasow bekam vor 12 Wochen ihren Sohn Arved. "Vorher hat man nur über Karriere, Karriere geredet", sagt Katrin, jetzt reden die Kit-Kat- Girls "auch über den besten Buggy, übers Stillen und über Körbchengrößen". Sie selbst hat sich nach Musical- und Bühnenerfahrungen in New York (u. a. in "Grease" und "A Midsummernights Dream") und in Hamburg noch ein Standbein als Saxofonistin in zwei Bands geschaffen. Nun ist sie in "Cabaret" als große, dunkle Frenchie mit den Domina-Lederstiefeln eben eine Idee fülliger als vorher. Ein paar Pfündchen mehr schaden auch der feschen Rosie mit dem Oktoberfest-Sexappeal nicht, die von Katharina Mittermaier gespielt wird. Vor drei Jahren war sie auf der Bühne noch als rothaariges Sams, dann in Heidelberg im Urfaust, in Hamburg u. a. in Franz Wittenbrinks "Mütter" zu sehen. Irgendwie eine klare Linie. Wegen der Babys aufzuhören, kam für beide nicht in Frage. Wenn die Mütter Kit- Kat-Einsatz haben, müssen eben Väter, Freunde und Familien zuhause babysitten.

"Es ist ein tolles Gefühl", schwärmt Katharina Mittermeier. "Manchmal stehe ich auf der Bühne, denke an das Kind und weiß, ich werde gebraucht. Aber es geht für drei Stunden auch ohne mich. Das ist eine neue Leichtigkeit."