Jean Reno ist cooler als Tom Cruise: ein Weltstar aus Frankreich mit Aufträgen aus Hollywood. Stark im Film, schwach ohne Frauen, geläutert, weil er älter wird.

Er gehört zu den Männern, die um so besser aussehen, je älter sie werden. Weil sie innerlich zur Ruhe gekommen sind. Jean Reno strahlt genau das aus: Ich hab' alles gesehen, sagt sein Blick aus tiefen Schildkrötenaugen, mir macht ihr nichts mehr vor.

58 Jahre alt wird der französische Filmstar am 30. Juli, und er trägt es mit zerknautschter Lässigkeit. Reno ist ein Frauenschwarm, immer noch. Sein Erscheinungsbild - sehr französisch: sorgsam gestutzter Dreitagebart, Stoppelhaare, markante Nase, diverse Narben. Und dann diese Augen, die auf den ersten Blick weibliche Schutzinstinkte wecken, und auf den zweiten sagen: Vorsicht, Ironie!

Genau diese Mehrdeutigkeit hat sein Gesicht, wenn auch nicht seinen Namen, weltberühmt gemacht. Man kennt diesen Typen mit den Tränensäcken aus vielen Filmen, ja klar, aber woher nun genau? Jüngst spielte er im "Da Vinci Code" den undurchschaubaren Kommissar Bezu Fache neben Tom Hanks und Audrey Tautou. "A Gallic symbol", beschrieb ihn die "Times", "gutaussehend, wild, ungeschliffen", und so French als Typus, daß er fast schon eine Parodie sei. Dabei ist Reno Andalusier, zumindest der Abstammung nach. Geboren als Juan Moreno, Sohn eines Schriftsetzers und einer Schneiderin, die vor der Franco-Diktatur nach Marokko flüchten. Eine Familie, in der das Überleben wichtig und die Kunst verdächtig ist. Warum der Junge unbedingt Schauspieler werden will, nachdem sie 1960 ins französische Montpellier gezogen sind, das verstehen die Eltern nicht. Doch Reno beißt sich durch: Durch den Wehrdienst erhält er die französische Staatsbürgerschaft, mit 22 wird er an der Pariser Schauspielschule Rene Simon angenommen, seit 1978 dreht er Film um Film. Über 50 bis heute.

Zurückhaltend, geradezu undramatisch füllt Reno seine Rollen aus und wirkt genau deshalb so intensiv. Er kann schweigen und mit minimaler Mimik präsent sein. Mit Vorliebe verkörpert der hochgewachsene Schauspieler den Macho mit weichem Kern, den maulfaulen Helden mit Beschützerinstinkt. Sein Entdecker, der französische Regisseur Luc Besson, besetzte ihn für genau solche Rollen: In dem Unterwassermärchen "Im Rausch der Tiefe" spielte Reno den Apnoe-Taucher Enzo, in "Nikita" einen abgebrühten Auftragskiller; einen Charakter, den er als "Leon, der Profi" noch verfeinern konnte. In "Mission: Impossible" wirkte er cooler als Tom Cruise. Und das ganz unangestrengt.

Große Gesten liegen Reno auch im wirklichen Leben nicht. Der Schauspieler spricht in kurzen Sätzen, mit tiefer, weicher Stimme, die Sätze schnörkellos. Geradeheraus und ohne besondere Allüren. Jedenfalls nicht mehr. Er sei mit den Jahren ruhiger geworden, sagt er, in den Fünfzigern ändern sich auf einmal die Perspektiven.

"Plötzlich sieht man das Ende der Straße." Das Alter habe ihm die Augen geöffnet, worauf es im Leben ankomme. Auf die Liebe nämlich, auf die Frauen, auf Beständigkeit in der Beziehung. Ein Mann sei von Natur aus nicht fürs Alleinleben geschaffen. "Non, non, non! Sehr hart. Zu schwierig. Keine Liebe zu haben, das macht mich schwach."

14 Jahre blieb Reno mit seiner ersten Ehefrau zusammen, immerhin sieben mit der zweiten, von beiden hat er je zwei Kinder, die bei den Müttern leben. Daß er mit den Frauen heute noch auskommt, daß sie einander nicht hassen, empfindet er als Erfolg.

Ein treuer Ehemann war er nicht. Das französische Publikum ergötzte sich an seinen Eskapaden: den Ferrari-Touren mit überhöhter Geschwindigkeit, den Polizei-Kontrollen, den durchzechten Nächten in Paris, den Glamour-Partys. Privilegien eines französischen Weltstars. "Ich habe lange Zeit ein Teenager-Leben geführt", bekennt Reno. Er wird verehrt, geliebt, 1999 von Präsident Chirac zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Irgendwann kann er nicht mal mehr in Ruhe seine Brötchen kaufen gehen. "Es tut gut, ein Held zu sein. Es ist schmeichelhaft, aber es hat auch Nachteile. Man bezahlt den Erfolg mit dem Verlust seiner Privatsphäre", erkennt er eines Tages. Ein Nationalheld will er ohnehin nicht sein, weil er sich ungern vereinnahmen läßt.

Nicht von Frauen und nicht von der Politik. "Irgendwie bin ich auch immer Einwanderer geblieben", sagt er. "Ich habe lange in Paris gewohnt, dann kurz in London, später auch in Los Angeles. Ich war ständig unterwegs, immer mit der Tasche in der Hand." Als er auch in Japan ein Werbestar wird, zieht er sich etwas aus der Öffentlichkeit zurück.

Reno kauft sich mit seiner zweiten Frau einen Bauernhof in der Provence und verbringt jede freie Minute in der Natur. Er erntet Oliven, bringt sie zum Pressen, um daraus Öl zu gewinnen, und spielt mit den Bauern Karten. Statt in schnelle Autos investiert er nun lieber in Land und Bäume. "Erde und Pflanzen", schwärmt er über seine neuen Werte, "sind etwas Echtes."

Trotz der Läuterung kann er auch seine zweite Ehe nicht retten. Vor zwei Jahren läßt sich Nathalie Dyszkiewicz von ihm scheiden. "Bei jeder Trennung denkt man, daß man vor Kummer stirbt. Aber man tut es nicht. Man verliebt sich neu."

Seine derzeitige Verlobte Zofia Borucka, ehemaliges Model und Yoga-Lehrerin aus New York, ist 34. Ein Alter, in dem eine Frau, findet Reno, so weise sei wie ein um vieles älterer Mann. "Was für Frauen die Zahl 30 ist, ist für Männer die Zahl 50." Eine bequeme Sichtweise, oder? "Ich habe nicht behauptet, daß es einfach ist, mit einem Mann zu leben", sagt er. "Aber auch Männer können dazulernen." Zofia will er noch in diesem Sommer heiraten.

Seine Verehrerinnen wird das kaum beeindrucken: Selbst wenn er gerade mal in keinem Film zu sehen ist, erhält er mehrere Dutzend Liebesbriefe am Tag.