Ihre Porträts malt Claudia Ahlering ganz klassisch: Freunde oder Bekannte sitzen ihr Modell. Ihre Federzeichnungen jedoch sind lyrisch-zart: Geschichten von der weiblichen Seele. Zu sehen ab diesem Sonnabend auf der Kunsttreppe im Abendblatt-Center.

Claudia Ahlerings Zeichnungen und Comics wirken sehr privat, als würde sie schonungslos ihr Innerstes nach Außen kehren. Ihre Gemälde dagegen erscheinen sachlich und berichten von realen Personen und Orten.

Doch in beiden Werkgruppen kann der Betrachter mehrere Bedeutungsebenen finden, besonders dann, wenn Ahlering mit zeichenhaften Übermalungen in ihre Gemälde interveniert.

Die junge Künstlerin wuchs mit vier älteren Geschwistern in Niedersachsen auf und studierte zunächst Freie Kunst in Hannover, wandte sich aber nach zwei Jahren einer Lehre als Glasmalerin zu. Ihr Gesellenstück, ein farbiges Bleiglasfenster, zeigt eindrucksvoll eine indische Tempeltänzerin.

Noch während der Ausbildung war aber der Entschluß gereift, ihr Studium mit dem Fach Illustration abzurunden, zunächst in Münster und dann mit dem Diplom in Hamburg (Traumnote 1,0). "Schicksal" war die Begegnung mit Prof. Anke Feuchtenberger an der HAW. So gibt es seit 1999 bei Claudia Ahlering die zarten Zeichnungen, Comics und Buchprojekte mit eigenen Texten.

Die Zeichnungen entstehen am Schreibtisch, frei und phantasievoll, unwirklich, wie Träume, oft surreal und manchmal auch heftig erotisch. Es sind Bilder aus dem Unterbewußtsein, voller Unlogik. Wie in ihrem Lieblingsbuch "Alice im Wunderland" will sie "Bilder finden für die kleinen Abgründigkeiten der Seele".

Doch auch ihr Hamburger Professor Hartmut Gudenau ("Farbe und Form") war für sie wichtig, denn er brachte Claudia Ahlering wieder zur Malerei. Pinsel, Acryl und Ölfarben sind das Medium, mit dem sie Menschen und andere konkrete, realistische Beobachtungen nicht nur in ihrer äußeren Erscheinung auf der Leinwand festhält. Meistens sind es Freunde oder Verwandte, die sich als Modell zur Verfügung stellen. Beim Malen entsteht ein sehr intensiver Austausch, "auch zu intensiv, denn ich muß mich beim Malen konzentrieren!"

In einem Bild sitzen zwei pubertierende Mädchen im Punklook wie Fremdkörper auf dem Sofa einer bürgerlichen Stube. In einem anderen Bild liegt ein junger Mann in narzißtischer Selbstversenkung auf einer Matratze. Ein kleiner Spaß sind die Gegenstände auf den Bildern, das Teddymuster beim Kinderplanschbecken, das alte Fotoalbum, die gemusterten Plastiktaschen, Gardinenstoffe oder Perserteppiche.

Während des vergangenen Jahres als Stipendiatin an der traditionsreichen Ecole des Beaux Arts in Paris hat Claudia Ahlering begonnen, ihre realistischen Gemälde mit zeichenhaften Elementen zu kombinieren. Eine etwas traurige Frau aus dem Hier und Jetzt sinniert gedankenverloren, während durch das Fenster die gezeichnete Figur eines altmodischen Gauklers zu sehen ist. Wir begegnen auch einer Frau bei der Hausarbeit, halb gemalt, halb gezeichnet, versunken träumend; ihr Putzlappen ist wie ein Fisch oder Rochen. Und im Tümpel eines romantischen Grundstücks entdecken wir rätselhaft einen Schwan im Krankenbett.

Claudia Ahlering hätte Lust, auch für Auftragsporträts unkonventionelle bildnerische Mittel zu finden. Und sie freut sich auf viele neugierige Besucher in ihrer ersten Einzelausstellung.

Die Kunsttreppe ist bis 4. Dezember im Abendblatt-Center (Caffamacherreihe 1) zu sehen: täglich von 10 bis 20 Uhr, der Eintritt ist frei.