Dies ist die Geschichte von einem Jungen aus Langenhorn, der nach Hollywood ging, um sich dort den ganz großen Traum zu erfüllen: Daniel Stamm (29) will Regisseur werden.

Neonlicht durchflutet den Diner "House of Pies" in Los Angeles. Er liegt nur zehn Minuten von Stamms Wohnung entfernt. Die Einrichtung mit quietschblauen Kunststoffbezügen über den Stühlen und Plastikblumen auf den Holztischen wirkt dürftig. "Dort hat Quentin Tarantino sein Drehbuch zu ,Pulp Fiction' geschrieben", erzählt Stamm und zeigt in die linke Ecke des Raumes. Er kennt die Läden, in denen man Hollywood-Größen treffen kann. Heute sieht es jedoch schlecht aus. Statt Kultregisseuren mit spitzer Feder sieht man Amerikaner mit fetten Burgern.

Vor einem Dreivierteljahr hat der große Hamburger mit den blonden Wuschelhaaren seine Ausbildung an einer der weltweit renommiertesten Filmschulen beendet: dem American Film Institute (AFI).

Der Weg dorthin war kurvig. Als Schüler will Daniel Stamm Journalist werden. 1996 geht er für 17 Monate nach Belfast, macht eine Fotoausbildung. Vier Jahre studiert er Drehbuch an der Filmakademie in Ludwigsburg. Für sein Drehbuch "Puppentanz" erhält Stamm den mit 5000 Euro dotierten Caligari-Preis vom Förderverein der Filmakademie. Doch Stamm hat schon ein anderes Ziel im Auge: "Ich interessierte mich immer mehr für die Regie."

Stamm bewirbt sich bei der AFI und wird auf Anhieb angenommen. Mit Hilfe mehrerer Stipendien bekommt er 40 000 Dollar Studiengebühren zusammen und sagt zu. Seine Cousine, die in Los Angeles als Kamerafrau arbeitet, besorgt ihm ein WG-Zimmer in einem Two-Bedroom-Apartment für 250 Dollar im Monat. Im August 2002 steigt der Hamburger in Fuhlsbüttel in den Flieger. Im Gepäck: Träume, Hoffnungen und ein klein bißchen Nervosität.

Am ersten Tag im AFI trifft er Dustin Hoffman, dessen Sohn auch dort studiert hat. Später auch Sydney Pollack, Jack Nicholson, Meryl Streep und Steven Spielberg. "Im Kino saß ich sogar mal neben Ben Kingsley. Den habe ich aber erst erkannt, als mein Kumpel mich drauf aufmerksam machte", sagt Stamm und lacht.

Ansonsten ist das Leben ziemlich unglamourös. Das Zimmer in der WG ist bescheiden. Es passen gerade mal ein Bett, ein Schreibtisch und ein Nachttisch hinein. Ein Auto kann er sich anfangs nicht leisten und fährt mit der Bahn - was in Los Angeles "nur die Verrückten" machen. Nach drei Monaten kauft er sich einen 25 Jahre alten, verbeulten Pick-up-Truck.

Sein Abschlußfilm am AFI heißt "Off Hollywood & Vine" - ein 20-Minuten-Drama um einen Stricher namens Travis. "Der Film kostete 50 000 Dollar, viel Kohle für einen Studentenfilm", sagt Stamm. Hauptdarsteller sind ein alter Tänzer aus Las Vegas und ein Schauspieler, der auch in "Bad Santa" mitwirkte. Weil eine Produzentin den Film durch den Zoll in Belgrad schmuggelte, konnte er schon bei einem Kurzfilmfestival im Kosovo gezeigt werden.

Zu Hause in Langenhorn ist man stolz auf den Nachwuchs. "Meine Eltern fanden den Film großartig. Nur meine Oma war entsetzt. Sie hat Schwierigkeiten mit der Stricherszene, aber das ist wohl ein Generationsproblem", sagt Stamm. Jetzt arbeitet er an seinem ersten 90-Minuten-Spielfilm. Er heißt "Suicide Diaries" - und dreht sich um Selbstmord. Um Geld zu verdienen, arbeitet Stamm als Statist oder auch als Produktions-Assistent für 125 Dollar am Tag in Reality-Shows.

Damit das bald ein Ende hat, bewirbt er sich bei namhaften Regisseuren wie Steven Spielberg oder Oliver Stone. Noch hat niemand geantwortet. Im September läuft sein Studentenvisum ab.