Warum steht Rot für Liebe, Flamme und Kampf? Wie kommt das Rot in den Wein und in die Formel 1?

Rot ist die Liebe, rot ist das Blut, rot ist der Teufel in seiner Wut. Sprichwort

Ein Mann sieht eine Frau in knallengem grünen Kleid und sagt sich: "Hallo, der Frühling!" Da sprießen, wie man weiß, die Triebe. Vielleicht fallen ihm auch Äpfel ein . . . Beim Anblick derselben Frau im knallengen roten Kleid hingegen denkt der Mann: "Poh, sieht ja scharf aus! Heiße Nummer!"

Damit ist das Wesentliche schon gesagt: Rot ist die Bombe unter den Farben. Immer verbunden mit starken Emotionen: Hitze, Leidenschaft, auch Wut, Verlegenheit und Vorsicht. Aber warum ist das bei Rot eigentlich so anders als bei Grün oder Blau?

In dem Spektrum farbigen Lichts von Blau bis Rot, das Menschen wahrnehmen können, liegen die Wellenlängen des roten Lichts gleich neben denen des nicht sichtbaren Infrarots - und das ist pure Wärme. Auf rotes Licht reagieren wir, wie Versuche zeigen, mit erhöhter Atemfrequenz und schnellerem Herzschlag. Dieselben Reaktionen zeigt der Körper bei der Liebe, bei Gefahr und Wut. Wärme, Lust, Kampfeslust liegen also sinnlich sehr nahe beieinander.

Und Blut ist der Lebenssaft, ohne den diese Sinne nicht existierten. Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin transportiert lebensnotwendigen Sauerstoff zu Organen, Hirn und Gliedmaßen. Gute Durchblutung heißt Lebendigkeit und Tatkraft - deshalb steht ein blutrotes Herz für Sex und Liebe. Gleichzeitig stimuliert Blutrot zum Kampf: Krieger bemalten sich mit roter Farbe, als sei das Blut der Feinde schon geflossen. Im antiken Rom war Rot dem Kriegsgott geweiht. Nach ihm benannten die Römer auch den Planeten, der am Himmel rötlich leuchtet: Mars. In der Politik ist Rot die Farbe der Revolution und des Umsturzes.

In der Alltagskultur kennen wir Rot als Warn- und Verbotsfarbe (rote Ampel, Rote Liste). Und als Farbe verbotener Verlockung: Im warmen Schein roter Vorhänge und Laternen wurden Musik und anzügliche Schwänke gespielt - so entstand das "Rotlichtmilieu".

Weil Rot so intensiv und auffällig ist, war es als Färbemittel hoch begehrt. Zwar kommen in der Natur die verschiedensten Rotmacher vor: Zinnoberrot oder Mennige ist Quecksilbersulfid in Gesteinen. Rote pflanzliche Pigmente sind z. B. Lycopin in Tomaten, Betanin in Rote Beete; am häufigsten vertreten sind die Karotine.

Aber ein sattes, haltbares Rot für Kleidung lässt sich nur aus wenigen Pflanzen und Tieren gewinnen. Zum Beispiel aus den Wurzeln von Krapp ("Färberröte") oder der Färberdistel, aus getrockneten Läusen wie der persischen Kermeslaus - daher der Name Karmesin- oder Karminrot - und der südamerikanischen Cochenillelaus. Am begehrtesten war Purpur, ein violettrotes Drüsensekret dreier Meeresschneckenarten. Rund 9000 dieser Purpurschnecken waren nötig, um ein Gramm Farbe für die Toga eines römischen Kaisers zu gewinnen. Ihm war die Farbe exklusiv vorbehalten.

Da die Gewinnung von Rot mühsam und aufwendig war, blieb reines Rot lange Zeit ein Privileg des Adels und hohen Klerus'; das Volk lief in unreinen, verwaschenen Farben herum - bis um 1850 die künstlichen Anilinfarben erfunden wurden.