Dierk Strothmann über Spielzüge mit Groggläsern und das Herz von Altona 93

Ein bisschen martialisch klingt es schon: "Adolf-Jäger-Kampfbahn". Der Name wurde 1944 gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gegeben, was als Erklärung sicher ausreicht. Im Stadion von Altona 93 fand im vergangenen Jahr das letzte Punktspiel der 1. Fußballmannschaft statt. Dann zogen die Spitzenkicker des Vereins an die Hoheluft, wo sie in der Regionalliga in der unteren Hälfte der Tabelle herumdümpeln. In der Adolf-Jäger-Kampfbahn spielen die Fußballfrauen des "Altonaer FC von 1893", wie der Verein offiziell heißt. 150 Frauen und Mädchen bilden die größte weibliche Fußballabteilung Deutschlands. Daraus könnte ja noch etwas werden.

Adolf Jäger, von dem die Arena den Namen hat, war 1944 im Alter von 55 Jahren gestorben. Am 21. November war er mit einem Sanitätstrupp zum Altonaer Elbufer geeilt, wo ein Tiefbunker nach einem Bombenangriff verschüttet worden war. Ein Blindgänger explodierte und tötete ihn.

Adolf Jäger, der in diesen Tagen vor 120 Jahren, genau am 31. März 1889, in einem Eckhaus in Eimsbüttel als Sohn eines Schuhmachers zur Welt kam, war ein großer Fußballer, 18-facher Nationalspieler, lange Jahre Kapitän der Nationalmannschaft, Olympiateilnehmer, Torschützenkönig und das Herz der ersten Mannschaft von Altona 93.

Liebevoll beschreibt Norbert Carsten ihn in seinem Buch "Altona 93 - 111 Ligajahre im Auf und Ab": "Adolf ist im Grunde ein urfröhlicher und lebenslustiger Mensch, der aber so gesprächig ist wie ein Torpfosten ... Erst nach dem vierten Grog fängt er an, auf dem Tisch die Gläser zu schieben: 'So müsst ihr spielen, so - und so.' Nach einem geselligen Abend verabschiedet er sich meistens mit den Worten: 'Wir bleiben die Alten.'"

Man erkennt sofort: ein Sohn unserer Stadt. Er war der Star in einem Fußballklub, der zu den Spitzenvereinen gehörte. Man versuchte, ihn abzuwerben, aber wie Uwe Seeler später dem HSV, blieb auch Jäger seinem Verein treu. Am 6. Februar 1927 feierte er einen umjubelten Abschied und verließ als zweifacher Torschütze seiner Norddeutschland-Auswahl über Westdeutschland den Platz. Er bekam die damals höchste Auszeichnung des deutschen Sports, die Adlerplakette, verliehen. Der spätere Reichstrainer Otto Nerz nannte ihn "eines der größten Genies des deutschen Fußballsports und Schöpfer des modernen Kombinationsspiels".

Dabei war für Adolf Jäger anfangs gar nicht klar, ob er Fußball oder Schlagball spielen sollte. Auch beim Schlagball, dem Vorläufer von Baseball, war er ein absolutes Ass, vor allem, wenn es darum ging, den Gegner auf dem Weg zum Mal mit dem Ball zu treffen. Auf Drängen seiner Lehrer entschied er sich schließlich für den Fußball.

Im Leben neben dem Sport wagte er sich mit einem Kompagnon 1920 an die Gründung eines Herrenausstattergeschäfts zunächst in der Hermannstraße und dann am Jungfernstieg/Ecke Colonnaden: Jäger & Koch, das noch Jahrzehnte nach Jägers Tod zu den besten Adressen in Sachen Herrenmode in Hamburg gehörte und in dem heute das "Beiersdorf Nivea-Haus" untergebracht ist.

Übrigens: Sollte Altona 93 sich irgendwann ein neues Stadion leisten können, dann hätte sicher niemand etwas dagegen, wenn es wieder nach Adolf Jäger benannt würde. Aber bitte nicht "Kampfbahn" ...