Berlin. Archäologe Dr. Konstatin Kárpáty teilt sein Wissen bei Social Media. Was ihn an „Indiana Jones“ stört und was er gern ausgraben würde.

Grabkammern in ägyptischen Pyramiden, versunkene Schiffe, der Alltag der alten Römer und Griechen: Archäologie fasziniert viele Menschen. Konstantin Kárpáty hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Der Münchener ist seit kurzem Doktor der Archäologie und arbeitet auf Ausgrabungen. Was er dort erlebt und was die wichtigsten Neuigkeiten aus der Welt der Archäologie sind, berichtet der 29-Jährige regelmäßig auf YouTube, Twitch und Instagram auf dem Kanal „Excavation Time“ oder in seinem Podcast „Ausgegraben“.

Im Interview erklärt Konstantin Kárpáty, welche modernen Hilfsmittel Archäologen heute nutzen, was ihn am berühmten Filmheld „Indiana Jones“ stört, was Familie und Freunde zu seiner Leidenschaft sagen und welches Abenteuer er selbst noch in Angriff nehmen möchte.

Sind Sie eher der typische Archäologe mit Schippe und Pinsel in der Hand oder nutzen Sie lieber moderne Methoden wie Laser und Radar?

Konstantin Kárpáty: Ich bin ein großer Fan der neuen Technologien. Laser und Radar kommen allerdings eher vorbereitend zum Einsatz. Auf der Grabung selbst sind es dann eher die kleinen Drohnen, um Fotos von oben zu machen. Früher hat man dafür noch Drachen aufsteigen lassen oder kleine Modellflugzeuge oder man ist selbst mit einem Flugzeug drübergeflogen. Der Blick aus der Luft ist extrem wichtig. So eine Siedlung sieht von oben einfach anders aus als von unten.

Welche Technik nutzen Sie als Archäologen noch?

Kárpáty: Super sind auch 3D-Fotos mit der sogenannten SfM-Methode, structure from motion. Dabei machen wir eine Reihe von Fotos mit Referenzpunkten, ein Rechner erstellt daraus ein 3D-Modell. So kann man zum Beispiel einen Grabhügel, Mauern oder Gebäudereste später am Rechner Schicht für Schicht auf- und abbauen. So findet man im Nachhinein vielleicht noch wichtige Dinge. Durch die berühmte Ruinenstadt Machu Picchu in Peru kann man heute schon einen 3D-Rundgang machen.

Archäologie: „Indiana Jones tatsächlich nur ein Science-Fiction-Held“

Beim Thema Archäologie haben viele schnell die Abenteuer mit Filmheld „Indiana Jones“ im Kopf: Mit der Wirklichkeit hat das nicht mehr viel zu tun, oder?

Kárpáty: Ich würde mal behaupten, das hatte es nie. Aber es gibt tolle Statistiken dazu: Nach jedem neuen Indiana-Jones Film steigt die Zahl der Archäologiestudenten. Auch für mich war „Indiana Jones“ ganz wichtig bei der Entscheidung für mein Studium. Allerdings hören viele Studierende auch gleich in den ersten zwei Wochen auf, weil sie begreifen: Oh, Indiana Jones ist tatsächlich nur ein Science-Fiction-Held und hat mit der Realität nicht viel zu tun.

Dr. Konstantin Kárpáty ist Archäologe aus München und teilt sein Wissen bei YouTube, Instagram oder im Podcast.
Dr. Konstantin Kárpáty ist Archäologe aus München und teilt sein Wissen bei YouTube, Instagram oder im Podcast. © privat | Privat

Wer hätte das gedacht.

Kárpáty: Dass man auf der Ausgrabungsfläche mal Keramikscherben oder andere Dinge pinselt, kommt vor, aber sehr selten. Von TV-Produktionen wird das aber gewünscht. Wenn die da sind und filmen, heißt es: Der Zuschauer will den Pinsel sehen. Dass wir aber hauptsächlich mit Spitzhacke und Spaten arbeiten, sagt den wenigsten etwas.

Was stört Archäologen noch an „Indiana Jones“?

Kárpáty: Er wurde an unserer Uni als Negativbeispiel genannt: Dafür, wie man archäologisch nicht vorgehen sollte. Es geht dort immer nur um diesen einen Fund. Der geschichtliche Kontext drumherum wird zerstört. Dabei ist genau der entscheidend, um die Besonderheit des Fundes zu beleuchten.

Ein Beispiel?

Kárpáty: Angenommen, ich finde ein supertolles Schwert mit Goldgriff und Edelsteinen verziert. Dann ist das für sich gesehen ein absoluter Schatz. Habe ich dazu aber kein Grab des Besitzers, keine Siedlung oder keinen weiteren Kontext, kann ich den Fund gar nicht richtig auswerten. Das ist bei „Indiana Jones“ das Hauptproblem.

Ein Archäologe als Hollywood-Filmheld: Harrison Ford (l.) und Shia LaBeouf in „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“.
Ein Archäologe als Hollywood-Filmheld: Harrison Ford (l.) und Shia LaBeouf in „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“. © picture-alliance/ dpa | Universal/David James

„In Mexiko oder Peru dieses wilde Abenteuer im Nichts erleben“

Lässt sich aus „Indiana Jones“ dennoch etwas Gutes mitnehmen?

Kárpáty: Sein Satz im dritten Film von 1989 auf dem Schiff: „Das gehört in ein Museum.“ Das ist eine Kernaussage der Archäologie. Denkmalpflege bedeutet in erster Linie: Gar nicht erst ausgraben. Aber bei allem, was aus dem Boden herauskommt, tickt die Uhr, bis es zerfällt. Das gehört dann nicht verschlossen in irgendein Depot, sondern in ein Museum, der Öffentlichkeit präsentiert. Das ist auch der Gedanke hinter meinem Kanal.

Was sagt Ihre Familie zu Ihrer Leidenschaft für Archäologie?

Kárpáty: Ich habe das Glück, dass alle begeistert sind. Meine Eltern haben mich voll unterstützt und mir ermöglicht, das zu studieren, was ich beruflich machen möchte. Ich kenne andere Fälle, da haben Eltern das Archäologiestudium verboten.

Und Ihr Freundeskreis?

Kárpáty: Da wurden am Anfang immer Witze gemacht. „Du hast Abi und studierst jetzt so eine brotlose Kunst“. Das sind heute die Leute, die zwar Geld verdienen, aber ihre Arbeit nicht unbedingt mögen. Grabungsfirmen suchen immer händeringend Archäologen. Wer wissenschaftlich an der Uni oder im Museum arbeiten will, erlebt natürlich Konkurrenzkampf und Druck. Aber man findet immer einen Job. Von Mitschülern aus dem Abitur bekam ich nach der Doktorarbeit Glückwünsche, die finden das faszinierend. Auf Geburtstagen oder Partys kommt man als Archäologe zudem immer gut mit Leuten ins Gespräch.

Archäologe Kárpáty hat selbst schon an etlichen Ausgrabungen teilgenommen.
Archäologe Kárpáty hat selbst schon an etlichen Ausgrabungen teilgenommen. © privat | Privat

Nehmen wir an, Sie dürften in einem Land Ihrer Wahl an einer Ausgrabung teilzunehmen: Welchem Schatz würden Sie gerne einmal nachjagen?

Kárpáty: Nach dieser langen Zeit drinnen nur sitzen und Doktorarbeit schreiben, brauche ich demnächst tatsächlich mal dieses „Indiana Jones“-Abenteuer-Gefühl. Ich würde ganz gerne mal nach Mittel- und Südamerika, in Mexiko oder Peru dieses wilde Abenteuer im Nichts erleben. Mal im Urwald oder in Tempelruinen ausgraben, das wäre Balsam für die Seele.

Zur Person

Konstantin Kárpáty (29)

  • Betreiber der Social-Media-Kanäle „Excavation Time“ und des Podcasts „Ausgegraben“
  • Doktor der Archäologie im Bereich Frühgeschichte aus München
  • Studium und Doktortitel an der LMU in München
  • arbeitet als Ausgräber und Grabungsleiter, auf privaten und öffentlichen archäologischen Ausgrabungen