Berlin. Die Stars der Mandoki Soulmates legen ein neues Album vor: „A Memory Of Our Future“. Ein Gespräch über eine verschworene Gemeinschaft.

Wenn die Mandoki Soulmates ein Album rausbringen, liegt Aufregung in der Luft. Zurecht. Denn ihr neuestes Werk „A Memory Of Our Future“ ist ein audiophiles Meisterwerk. Einmal mehr ein virtuoser Mix aus Progrock und Fusion-Jazz. Die Liste der Bandmitglieder mit prominenten Namen wie Al Di Meola, Ian Anderson, Randy Brecker und Till Brönner liest sich wieder wie ein „Who Is Who“ der größten Jazz- und Rock-Musiker. Aufgenommen wurde das Album in den Tutzinger Red Rock Studios von Leslie Mandoki (71), als Texter, Komponist, Instrumentalist, Sänger und Produzent das Mastermind der Allstar-Band.

Herr Mandoki, am neuen Album sind 22 Musiker beteiligt. Wie groß war der Aufwand, um die gemeinsame Studioarbeit zu organisieren?

Leslie Mandoki: Ich lüfte mal ein kleines Geheimnis: Seit der Bandgründung vor 31 Jahren gibt es die klare Regel, dass wir ausschließlich direkt miteinander kommunizieren. Unsere gesamten Backoffices, Managements, Labels und Agenturen bleiben außen vor. Daran halten wir uns eisern. Dadurch war der Aufwand überschaubar.

Kann man sich ein Treffen der Mandoki Soulmates als das Wiedersehen alter Freunde vorstellen?

Im Grunde ja. In der Zwischenzeit ist zwar der ein oder andere leider zur Band von Jimi Hendrix in den Himmel gewechselt. Aber durch diese schmerzlichen Verluste sind wir mittlerweile sogar eine generationenübergreifende Band, weil einige Jüngere nachgerückt sind. So empfahl mir Quincy Jones nach dem Tod unseres Gründungsmitgliedes Jack Bruce als neuen Bassisten Richard Bona. Und Richard wiederum stellte mir den damals 28 Jahre jungen Hammondvirtuosen Cory Henry vor. Auch mein Freund und Trompetenvirtuose Till Brönner zählt zur jüngeren Generation, obwohl er nun auch schon viele Jahre mit uns unterwegs ist. Wenn friedliche Diversität jemals definiert werden müsste, sollte man sich die Soulmates anschauen. Bei uns gibt es nur einen dissonanten Aspekt: Die Frage, wer abends kochen darf. Wir wollen es alle! Es ist ein weiteres Geheimnis von Musikern, die ihr Leben lang weltweit unterwegs sind, dass sie, sobald sie zuhause sind, wahnsinnig gern in der eigenen Küche sitzen und sich dazu Freunde einladen.

Was war die Initialzündung des Albums?

Diesmal war alles anders als sonst. Wir hatten das Album eigentlich gar nicht geplant. Als wir 2023 unterwegs auf unserer Jubiläumstour waren, habe ich zwischendurch immer wieder Songs geschrieben angesichts des Labyrinths der Krisen rund um den Globus. Als Tony Carey sie hörte, sagte er im Scherz zu mir: „Ich hasse dich dafür, dass du jetzt solche Lieder schreibst, die man eigentlich mit zwanzig schreibt. Die besten Songs deines Lebens. Das müssen wir aufnehmen.“

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Die Soulmates haben sich immer als politische Wertegemeinschaft verstanden. Dafür stehen die Inhalte Ihrer Lieder. Warum sind politische Songs heute wichtiger denn je?

Nach 1989 hatten wir die einzigartige Chance, die Weichen für eine nachhaltige, generationsgerechte, kosmopolitische, friedliche und freie Welt zu stellen. Aber alles, auf das meine Generation stolz war, scheint vorbei. Die bisherigen Gewissheiten sind abhanden gekommen. Wir haben unseren Kompass verloren und befinden uns in einem langen, dunklen Tunnel. Unsere Vorväter in Woodstock haben immer gesagt, das Licht am Ende des Tunnels muss ein Rockmusiker anzünden. Daraus erwächst eine Verantwortung. Im Gegensatz zur Literatur, zu Bildender Kunst, Theater oder Film haben wir einen direkten, unmittelbaren Zugang zum Publikum. Wir schreiben einen Song und gehen damit am nächsten Tag auf die Bühne.

Wofür steht in diesem Zusammenhang der Albumtitel?

Für fehlende Generationsgerechtigkeit. Unsere Generation hat ziemlich viel versemmelt. Wenn wir an 1989 zurückdenken, hatten wir einen pazifistischen Traum von der Gesellschaft. Aber wo stehen wir heute? Wir haben Krieg mitten in Europa, die Börsen sind auf Allzeithoch und zeitgleich haben wir eine Rezession. Es gibt nahezu kein gesellschaftliches Feld, sei es Bildung, Klima, Rente oder das Gesundheitssystem, in dem wir kein massives Problem haben.

Die Botschaft der Soulmates lautet „Freiheit und Frieden“. Warum müssen wir diese eigentlich selbstverständlichen demokratischen Werte heute dringend verteidigen?

Wir hatten beim Mauerfall das Glück, dass der Kalte Krieg ohne einen einzigen Schuss endete. Dann hatten wir zumindest in Europa ein Vorzeige-Paradies an Menschlichkeit und Miteinander. Eine bunte Gesellschaft mit unterschiedlichen kulturellen Einflüssen aus allen Himmelsrichtungen und einem gemeinsamen europäischen Wertekanon. Dieses Europa hatte einen gemeinsamen Nenner: Respekt, Toleranz und Achtsamkeit. Aber wir haben den Fehler begangen, stattdessen eine unersättliche Gier zu entwickeln. Spekulanten hießen auf einmal Investment-Banker und man erklärte, sie seien systemrelevant. In diesem Moment ist die Gesellschaft in die falsche Richtung abgebogen. Als Ergebnis wurden Gewinne privatisiert und Verluste vergesellschaftet. Als Musiker sehen wir diese Fehlentwicklung. Es ist schrecklich, dass nun auch in Europa Menschen in einem Krieg sterben. Das macht uns sehr betroffen. Wir müssen zurück zur Sehnsucht nach Frieden und Freiheit.

Gefährten: Peter Maffay and Leslie Mandoki.
Gefährten: Peter Maffay and Leslie Mandoki. © . | TilL Brönner

Angesichts der Gräben in unserer Gesellschaft geht es auch darum, dass Musik verbindet. Wie erreicht sie das?

Die Spaltung ist so signifikant und schmerzhaft wie nie zuvor. Heute ist es für viele einfacher, jemanden, der anderer Meinung ist, mit Hasstiraden und Shitstorm zu überziehen. Wesentlich spannender, aber auch zeit- und energieraubender wäre es, sich ihm zu stellen, zu widersprechen und im argumentativen Diskurs zu überzeugen. Dafür muss man wieder Diskurs-Räume freikämpfen, die in den letzten Jahren eingeengt wurden. Das kann Musik leisten, weil sie emotional ist. Diese Emotionalität setzen wir ein, damit die Menschen ihre Gemeinsamkeiten und das Verbindende entdecken. Wir haben daher als Musiker eine heilige Aufgabe: Wir müssen mit Musik Brücken wieder aufbauen, die es nicht mehr gibt. Dafür schreiben wir unsere Songs. Das steht auch immer auf unseren amerikanischen Plakaten: „Music is the greatest unifier.“

Sie haben diesmal alle Titel analog aufgenommen und gemastert. Was unterscheidet die analoge Einspielung von der digitalen?

Es ist wie ein mit Füller handgeschriebener Liebesbrief, keine SMS. Das bedeutet, dass die Musik bei der Aufnahme im Herzen und im Kopf entsteht, nicht erst danach. Jeder kann etwas Digitales später noch mal bearbeiten bis es passt. Bei analogen Aufnahmen hat man diese Möglichkeit nicht. Wie bei einem handgeschriebenen Liebesbrief, muss man alles wegwerfen, wenn man auf der Rückseite ein Wort falsch geschrieben hat. So war es auch bei uns. Wenn die rote Lampe für die Aufnahme anging, gab es das kleine Lampenfieber. Das Gefühl, es passiert alles jetzt. Das ist ein Riesenunterschied.

Das Cover des neuen Albums „A Memory Of Our Future“.
Das Cover des neuen Albums „A Memory Of Our Future“. © DPA Images | -

Wie viel Arbeit steckt in jedem einzelnen Song?

Der schöpferische Prozess findet beim Songschreiben und direkt bei der Aufnahme statt. Und nicht erst bei der Nachbearbeitung. Das macht die Magie dieses Albums aus. Es klingt einfach anders. Viel besser. Die Klangästhetik ist enorm. Das ist der wichtigste Aspekt einer analogen Aufnahme. Als ich anfing zu mischen, habe ich gedacht, Wahnsinn, es stimmt einfach alles. Und all das ist ausschließlich im Aufnahmeraum entstanden. Mit richtigen Instrumenten, richtigen Mikrofonen und den begnadeten Ikonen der Soulmates. Es ist einfach aus uns herausgesprudelt. In jedem Ton steckt Leben und emotionale Verbundenheit. Das spürt man.

Wann werden die Soulmates mit „A Memory of our Future“ auf Tour gehen?

Weil das logistisch tatsächlich schwierig ist, konnten wir für dieses Jahr nur einige wenige Konzerte in unterschiedlichen Ländern koordinieren. Unser einziges Deutschland-Konzert spielen wir am 15. August in München. Aber nächstes Jahr gibt es dann wieder eine Deutschlandtournee. Eigentlich wollten wir dieses Jahr in Berlin den Aufschlag machen. Das hat leider nicht geklappt. Aber Berlin ist unser deutsches Zuhause. Eine wunderbare Stadt, die Europa wiedergibt. Eine urbane, kosmopolitische Farbigkeit mit sehr viel Kreativität. Wir kommen 2025 auf jeden Fall wieder nach Berlin. Versprochen.