Berlin/Charleston. Er wies klar auf Sicherheitsmängel beim Flugzeugbauer hin, nun wird der 62-Jährige tot in seinem Wagen gefunden. Sein Anwalt zweifelt.

Der Tod des ehemalige Boeing-Mitarbeiters John Barnett sorgt für Aufruhr, denn Barnett hatte nicht nur als Whistleblower über schwere Sicherheitsvergehen beim US-amerikanischen Flugzeughersteller Boeing berichtet, er sagte aktuell auch in einem Prozess gegen seinen Ex-Arbeitgeber aus. Was ist über den Mann bekannt? Und wie ist er vermutlich gestorben?

Boeing-Whistleblower John Barnett: Wer war er?

Nach Berichten amerikanischer Medien arbeitete der gebürtige Kalifornier John Barnett, auch „Mitch“ oder „Swampy“ genannt, mehr als 30 Jahre unter anderem in der Qualitätssicherung für Boeing, bevor im Jahr 2017 die Firma verließ. Sein Bruder Rodney erklärte der Nachrichtenagentur AP, das feindselige Arbeitsumfeld bei Boeing hätte eine posttraumatische Belastungsstörung bei Barnett ausgelöst. Der Ingenieur wurde tot in seinem Auto aufgefunden, im Februar hatte er seinen 62. Geburtstag gefeiert.

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Auch John Barnetts Frau Diane Johnson arbeitet nach Angaben des lokalen Fernsehsenders WCSC-TV für Boeing, dem Bericht zufolge starb sie bereits 2022. In einem Nachruf für den Verstorbenen nennt Rodney Barnett den Verstorbenen einen „geliebten Bruder, Sohn und Onkel“, der 62-Jährige hatte demnach zwei Geschwister und zwei Stiefsöhne. Barnett soll sich für Autorennen begeistert haben und in der Szene als „SwampDog“ bekannt gewesen sein.

Was warf John Barnett dem Flugzeugbauer Boeing vor?

2019 wurde Barnett bekannt, weil er der New York Times und später der BBC als Whistleblower über Sicherheitsmängel bei Boeing berichtet hatte. Nach Barnetts Aussagen waren in Flugzeugen des Modells 787 Dreamliner die Systeme fehlerhaft, welche die Passagiere im Notfall mit Sauerstoff versorgen sollten – und zwar so sehr, dass sie möglicherweise nicht funktionieren. Bei der Produktion der Flugzeuge würden außerdem fehlerhafte und bereits entsorgte Teile verwendet. Seine Versuche, diese Probleme bei seinen Vorgesetzten anzusprechen, seien abgeblockt worden. Boeing wies die Vorwürfe damals von sich.

Zuletzt waren die Flugzeuge des Herstellers Boeing immer wieder in Pannen involviert. Whistleblower John Barrnett machte schon früh auf mögliche Probleme aufmerksam. Er starb überraschend.
Zuletzt waren die Flugzeuge des Herstellers Boeing immer wieder in Pannen involviert. Whistleblower John Barrnett machte schon früh auf mögliche Probleme aufmerksam. Er starb überraschend. © DPA Images | Ted S. Warren

In letzter Zeit häufen sich jedoch die Probleme bei dem amerikanischen Flugzeughersteller. Nach Berichten der New York Times kam das Modell 737 Max bei aktuellen Tests der US-Luftfahrbehörde FAA nicht gut weg: Etwa ein Drittel der Tests habe das Flugzeug nicht bestanden. Die Tests waren anberaumt worden, nachdem im Januar dieses Jahres ein Kabinenteil während des Fluges abgerissen war. Die FAA verhängte daraufhin ein vorläufiges Startverbot für dieses Flugzeugmodell.

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Worum geht es bei dem Gerichtsprozess gegen Boeing?

Barnett warf Boeing vor, seinem Ruf und seiner Karriere geschadet zu haben und zog deswegen vor Gericht. Er hatte bereits in Teilen ausgesagt und war von den Boeing-Anwälten ins Kreuzverhör genommen worden. Nach Angaben seines Anwalts Robert M. Turkewitz näherte sich der Prozess zuletzt seinem Ende. Abgehalten wurde die Verhandlung in der Stadt Charleston, in der sich auch das Boeing-Werk befindet, in welchem Barnett in der Qualitätssicherung gearbeitet hatte.

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    Was ist über den Tod von Whistleblower Barnett bekannt?

    Als Barnett an einem Verhandlungstag nicht pünktlich im Gericht erschien und auch nicht zu erreichen war, kontaktierte Turkewitz das Hotel, in dem sich Barnett aufhielt. Mitarbeiter fanden den Ingenieur schließlich tot in seinem Wagen auf dem Parkplatz. Die örtliche Polizei spricht von einer „selbst zugefügten Schusswunde“. Auch von einem Abschiedsbrief ist in der Berichterstattung die Rede, sodass ein Suizid naheliegt.

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    Turkewitz äußerte sich diesbezüglich aber skeptisch: „Er war guter Stimmung und freute sich darauf, diese Phase seines Lebens hinter sich zu lassen. Wir sehen keine Hinweise darauf, dass er sich das Leben nehmen würde. Keiner kann das glauben“, heißt es in einem von Turkewitz veröffentlichtem Statement. Er forderte eine umfangreiche Untersuchung des Todes seines Mandanten.

    Rodney Barnett legt nahe, die durch die Arbeitsbedingungen bei Boeing zugefügten psychischen Probleme seien ursächlich für den Tod seines Bruders. Boeing selbst zeigte sich betroffen über den Tod des Ex-Mitarbeiters. „Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und Freunden“, heißt es in einem Statement.

    Anmerkung der Redaktion

    Aufgrund der hohen Nachahmerquote berichten wir in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Suizidgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen.

    Sie erreichen sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.