Berlin. Darf ich mir einen Löwen oder andere exotische Tiere als Haustier anschaffen? Diese Regeln zur Wildtierhaltung gelten in Deutschland.

Ein Otter in der Badewanne, ein Äffchen auf dem Sofa und ein Schneeleopard im Garten – diese Tiere als Haustiere zu halten, klingt verrückt, ist aber in Deutschland ohne größere Hürden möglich. Vom Nasenbären bis zum Glasfrosch sind die Regeln für die Anschaffung und Haltung von Exoten hierzulande überraschend locker bis nonexistent. Ein Überblick.

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Wildtierhaltung: Diese Regeln gelten bei der Anschaffung

Schon die Anschaffung exotischer Tiere ist in Deutschland wesentlich leichter, als man es sich vorstellen würde. Tierschutzverbände wie Pro Wildlife kritisieren immer wieder, wie schnell man übers Internet und in Tierhandelsbörsen an Löwenbabys oder Reptilien aus aller Herren Länder kommt. Den internationalen Handel mit geschützten Tierarten regelt das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES, wie das Bundesumweltministerium auf seiner Website erklärt. Das Abkommen listet einige vom Aussterben bedrohte Tierarten, deren Verkauf grundsätzlich verboten ist, darunter bestimmte Menschenaffen, alle Wal- und Papageienarten; aber auch Elefanten und Nashörner sind besonders geschützt.

Auch, wenn es sich hier nicht um ein echtes Exemplar handelt, ist es in Deutschland durchaus möglich, ein Krokodil im Gartenteich zu halten. Die Wildtierhaltung ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt.
Auch, wenn es sich hier nicht um ein echtes Exemplar handelt, ist es in Deutschland durchaus möglich, ein Krokodil im Gartenteich zu halten. Die Wildtierhaltung ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. © Winfried Labus / FUNKE Foto Services

Grundsätzlich gilt laut Bundesumweltministerium: "Je gefährdeter die Art, desto strenger die Handelsbeschränkungen." Einige der besonders geschützten Arten dürfen nicht von Privatpersonen gehalten werden. Es sei denn – und hier eröffnet sich ein Schlupfloch für Exoten-Halter – sie stammen nachweislich aus einer Nachzucht. So kommt es, dass auch Vogelspinnen, Krokodile, Erdmännchen oder Tiger durchaus in deutschen Haushalten zu finden sein können. Halter dieser Tiere sind lediglich verpflichtet, den Besitz sowie jeden An- und Verkauf bei der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde zu melden.

Löwe, Bären und Co.: Sonderregelungen bei Raubtieren

Was die Haltung von Wildtieren angehe, ist Deutschland laut der Tierschutzorganisation PETA ein „Wilder Westen“: „Niemand weiß, was sich beim Nachbarn möglicherweise tummelt“, so Sprecher Peter Höffken. Die Haltungsbedingungen für Wildtiere sind zwar durch die Bundesartenschutz-Verordnung und das Tierschutzgesetz geregelt. Allerdings werden die Regeln nicht bundesweit einheitlich umgesetzt, wie Tierschützer monieren.

Wenn es um potenziell gefährliche Tiere geht, bestehen in manchen Bundesländern sogenannte Gefahr- oder Gifttiergesetze, die bestimmte Tierarten verbieten. Wer sich in Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein oder Thüringen einen Löwen oder eine Giftschlange anschaffen will, muss außerdem eine artgerechte Haltung nachweisen können. Auch muss der Halter belegen, dass er sich im Umgang mit den Tieren auskennt.

PETA bezweifelt jedoch die Wirksamkeit dieser Regelungen: „Die Haltungen werden so gut wie nie kontrolliert, weil sie behördlich meist nicht bekannt sind.“ Hinzu komme, so Peter Höffken, dass die gesetzlichen Vorgaben für die Haltung exotischer Wildtiere „unzureichend und veraltet“ seien. In Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, NRW, Sachsen und Sachsen-Anhalt gibt es bislang keine Einschränkungen bei der Exoten-Haltung, ebenso wenig wie ein Gefahrtiergesetz.

Tierschützer kritisieren mangelnde Regeln

In vielen Bundesländern fordern Tierschutzverbände daher strengere Regeln für die Haltung von Wildtieren in Privathaushalten. Die Tierschutzorganisation PETA setzt sich schon lange für ein vollständiges Verbot ein. „Neben den möglichen Gefahren leiden vor allem die Tiere selbst unter mangelhaften Bedingungen“, sagt Peter Höffken. „Ihre Ansprüche an einen artgerechten Lebensraum können in einer Privathaltung nicht erfüllt werden.“

Seit rund zwei Jahrzehnten komme es immer häufiger zu Ausbrüchen von Großkatzen, Giftschlangen und anderen Wildtieren aus Privathaltungen und Zirkusbetrieben. „Trotz unzähliger Warnungen hat die Politik nicht reagiert, sondern dem Irrsinn freien Lauf gelassen und es versäumt, die Haltung exotischer Wildtiere zu beschränken“, so Höffken. Zuletzt versetzte der mutmaßliche Ausbruch einer Löwin die Stadt Berlin in helle Aufregung.

In Berlin läuft am Donnerstag, 20. Juli, die Suche nach einem entlaufenen Raubtier. Nach Annahme der Ermittler soll es sich um eine Löwin handeln.
In Berlin läuft am Donnerstag, 20. Juli, die Suche nach einem entlaufenen Raubtier. Nach Annahme der Ermittler soll es sich um eine Löwin handeln. © dpa | Fabian Sommer

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat bereits im Mai Nachbesserungen im Tierschutz für Haus- und Nutztiere angekündigt. PETA greift das nicht weit genug: „Wir fordern Cem Özdemir und die Ampel-Koalition auf, bei der aktuellen Überarbeitung des Tierschutzgesetzes die Haltung von exotischen Wildtieren wie Großkatzen, Affen und Schlangen in Privathand und im Zirkus endlich zu verbieten.“

Wie die ARD berichtet, wollen auch andere europäische Länder exotische Tiere künftig besser schützen und eine Positivliste einführen. Dort sollen nur die Tiere aufgeführt werden, die in Privathaushalten gehalten werden dürfen. Frankreich, Belgien und die Niederlande führen eine solche Liste schon.