Berlin. Insekten, volle Waschräume – Camping kann zum Alptraum werden. Die Alternative heißt “Glamping“: Luxus mit Dusche und Boxspringbett.

Nichts ist schöner, als raus aus dem Zelt und rein in die Natur. Campingfreunde wissen, wie großartig es ist: kein großes Frischmachen morgens. Einfach raus und den Gaskocher anwerfen. Doch vorher wäre da noch der Gang zu den Waschräumen. Ziemlich voll mal wieder. Und der Rücken tut auch weh. Die Isomatte kann Rücken von Menschen abseits der dreißig in den Wahnsinn treiben. Rettung will das Glampen bringen.

Wer mit seinem wurffesten Porzellan in der Schlange an der Spüle des Waschraums zwischen gefühlt hundert anderen Menschen steht, hat sicher schon öfter gedacht: Hilfe, ich brauch endlich Urlaub. Muss Camping denn immer so eine Tortour sein? Muss nicht.

Campen der Luxusklasse: Glamping ist zum Trend geworden

Wer es sich leisten kann, pfeift auf Gaskocher, Kartuschen und Instantkaffee. Campen der Luxusklasse, auch „Glamping“ genannt, ist in Europa längst Trend.

40 Prozent der Camper setzen in Frankreich und Italien auf die Luxusvariante ohne Gemeinschaftsdusche und mit Comfort wie im Hotel. In Deutschland betrage der Anteil der Glamper unter den Campern zur Zeit zwar erst sieben Prozent, so Thomas Reimann vom ADAC Campingportal PiNCAMP. „Aber die Zahlen sind stark steigend.“

Das Interesse ist da: Fast die Hälfte der Deutschen möchten laut einer Umfrage von YouGov das Glamping gerne einmal ausprobieren.

Glamping-Unterkünfte locken die Gäste mit viel Platz und Luxus.
Glamping-Unterkünfte locken die Gäste mit viel Platz und Luxus. © pincamp.de | pincamp.de

Mit Rollkoffer auf den Campingplatz. Für manche mag das ähnlich absurd klingen wie mit Highheels zum Marathon. Aber die gängige Praxis sei eine andere, so Uwe Frers, Geschäftsführer vom Campingportal Pincam: „Camper werden anspruchsvoller und wünschen sich Erlebnisse mit Erinnerungswert. Das bieten außergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeiten!”

Spektakuläre Panorama-Lodges mit Blick auf die Berge

Aufwachen also auf dem Campingplatz mit Wow-Effekt: Zum Beispiel auf dem österreichischen ADAC Alpencamping Nenzing. Hier könnten Könige thronen, so der Eindruck bei der Betrachtung der Panorama-Lodges. Spektakulär der Ausblick auf die Vorarlberger Berg- und Tallandschaft.

Ob hier oder Urlaub in den anderen Glamping-Plätzen – wer drinnen ist, kann alles vergessen, was er einmal beim Camping gelernt hat: Wie man nasse Klamotten auch bei Regen trocknet, wie man Ameisenstraßen zwischen den Luftmatratzen bekämpft: Denn hier ist alles da, was das Herz eines Luxustouristen beruhigt: Heizung und beste Betten statt Matratzen, die quietschen oder denen die Luft ausgeht. In Nenzing zahlt man etwa 234 und 399 Euro für vier Nächte.

Luxus der Extraklasse mit Boxspringbetten und Regendusche

Ein beliebter Glampingplatz befindet sich am Natterer See in Österreich, so Thomas Reimann vom ADAC. Was er „sehr große Zelte“ nennt, ähnelt auf dem ersten Blick den Häuschen von Mobilheimen. Bis zu acht Personen können hier glampieren. Luxus der Extraklasse gehört dazu: Boxspringbetten der gehobenen Kategorie. Und ein Waschraum mit „tropischer Regendusche“.

Sollte es mal normales Campingwetter sein, also irgendwie nasskalt: Heizung ist vorhanden. Und Fernseher natürlich auch. Preis für eine Woche etwa 200 Euro pro Nacht. Und statt Gaskartuschenkocher steht eine Küche mit Spülmaschine bereit.

Aber wo bitte bleibt das Campinggefühl? Thomas Reimann vom ADAC: „Dazu gehört einfach, dass man sofort in der Natur ist.“ Keine Lobby, kein Hotel-Reglement. Und was die Glamper besonders schätzten: der Kombi muss nicht überladen werden. Ist ja alles da. „Viele reisen sogar mit dem Zug an.“

Wohnen in Fässern oder in den Wipfeln der Bäume

Die besonders beliebten Plätze sind begehrt und auch schnell vergeben. Gut angefragt sei der Beispiel der Camping Heidehof in Baden-Württemberg: Ein ganzes Dorf mit bewohnbaren Campingfässern lässt die Vorstellung aufkommen, ob hier vielleicht auch mal der eine oder andere Hobbit übernachtet. Alles rund, keine Ecken und Kanten. Da soll wohl nichts schief gehen.

Auch der Schwarzwälder Hof habe viele Fans, so Reimann vom ADAC. Ein ganzes Baumhausdorf mit Baumhaus-Wohnungen, die in zehn Metern Höhe über den Baumwipfeln des Schwarzwaldes thronen und so luxuriös sind, dass man glaubt, nur mit Abendgarderobe angemessen angezogen zu sein.

„Natur bewahren“ – Einsatz von Sonnenenergie und Gebrauchtwasser

Viele, die sich eine Glampingtour gegönnt haben, sind voll des Lobes im Netz. Sie schätzen es, dass es im Grunde ist wie in einem Ferienhaus mit Kühlschrank und Induktionsherd. „Die Vorteile liegen auf der Hand, aber nicht unbedingt günstig.“

Ob Zelte, Jurten, Tipis, Bungalows, Hütten oder Baumhäuser – man versuche überall, Luxus mit Nachhaltigkeit zu kombinieren, so Reimann. Das Motto hieße: „Natur bewahren“. Reimann zählt auf: Am Natterer See in Österreich stehen die Zelte auf Stelzen. Also ohne Bodenversiegelung. Zudem seien die längst nicht mehr alle asphaltiert. Und die Wiesen würden nur noch zwei Mal im Jahr gemäht.

Urlauber können im Gemüsegarten selbst mit anpacken

Auch setze man beim Glamping auf Sonnenenergie. Die Pflanzen würden mit gebrauchtem Wasser gegossen. Zum „ökologischen Management Konzept“ gehörten auch eigene Anbauflächen für Obst und Gemüse, kleine Obst - und Gemüsegärten, in denen Urlauber pflücken oder mitarbeiten können.

Ein Vorzeigebeispiel: In Südfrankreichs Hinterland sei auf einem Weingut – mit Glampingplatz – eine riesige Photovoltaikanlage zur Selbstversorgung installiert worden.

 Huttopia-Wattwiller Camping: Hütten, die so groß sind, dass sie eher an Ferienhäuser erinnern.
 Huttopia-Wattwiller Camping: Hütten, die so groß sind, dass sie eher an Ferienhäuser erinnern. © pincamp.de | pincamp.de

Camping bommt. Es hat für viele eine Faszination – ob mit Wohnmobil, Wohnwagen, Zelt. Mehr als 40 Millionen Übernachtungen melden die rund 3000 deutschen Campingplätze für das Jahr 2022. Dass immer mehr Wert auf Komfort legen, zeigt auch die Lust, mit dem Wohnmobil zu reisen. 2022 wurden in Deutschland insgesamt 90.985 Wohnmobile und Wohnwagen neu zugelassen, so der ADAC. Das sei im Vergleich zum Vorjahr zwar ein Minus von 14,3 Prozent. Was aber vor allem mit Lieferengpässen zu tun hatte. Die Wohnwagen blieben mit 24.478 Neuzulassungen auf Vorjahresniveau.

Die Luxus-Varianten seien in jedem Fall Glamping und das Wohnmobil. Die Ausstattung der fahrenden Bungalows kommt in der der obersten Klasse dem Charakter einer Luxus-Ferienwohnung schon sehr nahe. Allerdings zu einem immensen Preis. 80.000 Euro ist längst nicht die Obergrenze.