Berlin. Das Coronavirus bedroht viele Menschen auch finanziell. Das gilt besonders für Hartz-IV-Empfangende, die an Long Covid erkrankt sind.

  • Die Corona-Pandemie bringt viele Menschen in Deutschland in eine finanzielle Notlage
  • Besonders stark betroffen sind Hartz-IV-Empfängerinnen und Empfänger
  • Wenn sie an Long Covid erkranken, können sie sogar den Anspruch auf das Arbeitslosengeld II verliedern

Für viele Menschen in Deutschland ist ein positiver PCR-Test der Auftakt einer langen Leidenszeit. Auch nach überstandener Corona-Infektion klagen sie über bleibende körperliche Beschwerden und psychische Beeinträchtigungen. Die Diagnose: Long Covid.

Zur gesundheitlichen Not kommt häufig eine materielle. Denn die meisten Long-Covid-Patienten sind nur eingeschränkt oder gar nicht arbeitsfähig.

Hartz-IV-Empfangende trifft ein solcher Fall noch härter. Sind sie länger krankgeschrieben, drohen sie ihren Anspruch auf Hartz IV zu verlieren. Unter welchen Umständen ist das der Fall? Und bestehen dann weitere Ansprüche auf staatliche Hilfe? Wir beantworten die wichtigsten Fragen:

Habe ich auch bei längerer Krankheit Anspruch auf Hartz IV?

Grundsätzlich besteht ein Hartz-IV-Anspruch nur für Menschen, die als „erwerbsfähig“ gelten, die also nicht durch eine Krankheit physisch oder psychisch derart beeinträchtigt sind, dass sie nach Maßgabe einer Ärztin oder eines Arztes nicht arbeiten können.

Als „erwerbsfähig“ gelten auch Menschen, die aufgrund einer Krankheit wie Long Covid zwar momentan nicht arbeiten, aber in „absehbarer Zeit“ wieder ins Arbeitsleben zurückkehren können. In der Regel wird unter “absehbarer Zeit” ein Zeitraum von sechs Monaten verstanden. Lesen Sie mehr: Long-Covid-Expertin: „Wir können Betroffenen Hoffnung geben“

Hartz-IV-Empfangende, die länger krankgeschrieben sind, werden in der Regel nach sechs Monaten vom Jobcenter aufgefordert, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen.
Hartz-IV-Empfangende, die länger krankgeschrieben sind, werden in der Regel nach sechs Monaten vom Jobcenter aufgefordert, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen. © dpa | Jan Woitas

Hartz IV: Wann gelte ich nicht mehr als „erwerbsfähig“?

Hartz-IV-Empfangende, die länger als sechs Monate krank sind, werden vom Jobcenter ärztlich überprüft. Stellt der Amtsarzt des Medizinischen Dienstes fest, dass die Erkrankung weiterhin anhält, entfällt der Anspruch auf Hartz IV. Das Jobcenter wird die Betroffenen nun auffordern, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen.

Wann habe ich Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente?

Auch hier bestehen gesetzliche Hürden: Betroffene haben nur dann einen Anspruch, wenn sie mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Zusätzlich müssen sie in den zurückliegenden fünf Jahren vor dem Bezug Pflichtmitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen sein. Auch interessant: Corona: Wie gefährlich ist Long Covid für Kinder?

Die volle Erwerbsminderungsrente erhalten Betroffene laut dem Sozialgesetzbuch bei Krankheiten oder Behinderungen, die „unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes“ auf „absehbare Zeit“ nicht mehr als drei Stunden Arbeit am Tag zulassen.

In den alten Bundesländern lag der Regelsatz der vollen Erwerbsminderungsrente im vergangenen Jahr bei 579,39 Euro und in den neuen Bundesländern bei 533,82 Euro.

Sind die Betroffenen in der Lage, noch mindestens drei, aber nicht mehr sechs Stunden täglich zu arbeiten, besteht der Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Diese Rente ist halb so hoch wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Für diese Betroffenen bleibt weiter das Jobcenter zuständig. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird als Einkommen auf Hartz IV angerechnet.

Was ist, wenn auch der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente entfällt?

Betroffene haben auch in diesem Fall einen Anspruch auf staatliche Unterstützung. Sie müssen dann einen Antrag auf Sozialhilfe beim Sozialamt stellen. Diese Leistung können alle Menschen beantragen, die dem Arbeitsmarkt nicht im vollem Umfang zur Verfügung stehen.

Laut dem Sozialgesetzbuch besteht aber kein Anspruch gegenüber anderen Leistungsträgern. Betroffene sollten also immer zunächst einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Wird dieser abgelehnt, kann der Bescheid dem Sozialamt vorgelegt und Sozialhilfe beantragt werden.