Paderborn. 13 und elf Jahre Haft für Angelika W. und Wilfried W. – sie hatten Frauen angelockt und zu Tode gequält

    Voll ist es, als die 1. Große Strafkammer des Paderborner Landgerichts in NRW gestern um 11.15 Uhr den Schwurgerichtssaal 205 betritt. Fast zwei Jahre ist hier an 60 Tagen verhandelt worden über das, was sich in einem Haus ereignet hat, das von vielen Menschen nur noch das „Horrorhaus von Höxter“ genannt wird. Der Vorsitzende Richter Bernd Emminghaus braucht nicht einmal eine Stunde, um zu erklären, warum die Kammer Wilfried W. (48) wegen zweifachen Mordes durch Unterlassen und Körperverletzung zu elf Jahren Haft, dessen Ex-Frau Angelika W. (49) aus den gleichen Gründen zu 13 Jahren Haft verurteilt hat. Es sind hohe Haftstrafen, manchen im Saal aber sind sie nicht hoch genug.

    Emminghaus spricht ruhig, spart sich nahezu jeden persönlichen Kommentar. Er beendet diesen Prozess, wie er ihn über weite Strecken geführt hat. Sehr unaufgeregt. Denn Aufregung hat es schon genug gegeben.

    Von mindestens sechs Frauen ist die Rede, die die Angeklagten von 2011 bis 2016 mit Kontaktanzeigen in ihr Haus gelockt haben, um sie zu quälen. Die sie schlagen und an Heizkörper ketten. Die sie gefesselt in Badewannen werfen und fast ertränken. Zwei Frauen aus Niedersachsen überlebten das Martyrium nicht. Völlig ausgezehrt und geschwächt von monatelangen Misshandlungen und Quälereien stürzten sie und zogen sich so schwere Kopfverletzungen zu.

    Bei der Urteilsbegründung wirken beide – wie schon die ganze Zeit – recht unbeteiligt, manchmal lächeln sie sogar auf der Anklagebank. Ohne den jeweils anderen hätten die Misshandlungen nicht funktioniert, hat die forensische Gutachterin Nahlah Saimeh ausgesagt. Erst als Paar haben sie das System des Grauens ermöglicht. Sie, ein Mädchen vom Land, aber nach Einschätzung der Gutachterin „hochintelligent“, mit Zügen von Autismus und nicht in der Lage, Mitleid zu empfinden. Er, ein auf den ersten Blick freundlich wirkender Mann, immer auf der Suche nach „der großen Liebe“, der sich gestern in seinem letzten Wort bei allen bedankt, „die mich kennen“. Die „Weltsicht eines Grundschulkindes“ hat ihm die Gutachterin bescheinigt, ihn „im juristischen Sinne schwachsinnig“ genannt und ihm damit verminderte Schuldfähigkeit bescheinigt.

    Deshalb hat die Kammer ihn nicht – wie von der Staatsanwaltschaft gefordert – zu lebenslanger Haft verurteilt. Von den elf Jahren Haft wird er wohl die meisten in einer psychiatrischen Anstalt verbringen. Bei Angelika W. habe man von einer lebenslangen Haft abgesehen, weil sie umfassend ausgesagt und zur Aufklärung beigetragen habe. Ohne ihr Geständnis hätte man vom ersten Opfer wohl gar nichts erfahren. Nach ihrer Aussage wurde die Leiche erst eingefroren, dann zersägt und verbrannt. Die Asche sei dann an der Straße verstreut worden.

    Wilfried W. sei mit dem Urteil sehr zufrieden, sagt sein Verteidiger Detlev Binder. Und Peter Wüller, einer der Anwälte von Angelika W., berichtet, dass seine Mandantin „nahezu glücklich“ sei über das Strafmaß. „Die sind beide viel zu gut weggekommen“, sagt ein älteres Ehepaar.