Madrid. Iñaki Urdangarin, der wegen Betrug eine sechsjährige Strafe absitzt, durfte sich die Haftanstalt aussuchen

    Das Erste, um das er im Gefängnis bat, war ein Fernseher. Keinesfalls wollte Iñaki Urdangarin (50) die Fußball-WM verpassen. Der Erfolg Spaniens half dem Schwager des spanischen Königs Felipe, sich über die ersten Tage seiner Haft hinwegzutrösten.

    Doch mit der Einsamkeit hinter Gittern muss der Ehemann von Felipes Schwester Cristina (53) nun wohl noch ein paar Jahre klarkommen – auch ohne WM. Denn Urdangarin sitzt wegen Steuerbetrug, Unterschlagung, Rechtsbeugung und Korruption im Gefängnis. Das Bizarre: Er wählte einen Frauenknast für die fast sechsjährige Haftstrafe.

    Der frühere Handball-Nationalspieler hat sich die Haftanstalt aussuchen dürfen. Grundsätzlich hat in Spanien jeder das Recht, Wünsche anzumelden. Ob dies dann von den Behörden berücksichtigt wird, ist allerdings fraglich. Dem Wunsch Urdangarins, der 1997 die zweitälteste Tochter des alten Königs Juan Carlos heiratete und so Mitglied der Königsfamilie wurde, kam man sofort entgegen: Er durfte in ein kleines Frauengefängnis in dem Dorf Brieva, ganz in der Nähe Madrids, einziehen. Urdangarin, der zu besseren Zeiten das Image des perfekten Schwiegersohns trug, ist der einzige männliche Häftling unter rund 100 weiblichen Insassen. Das ist für Spanien ein absolutes Novum.

    „Das ist eine Vorzugsbehandlung“, schimpfte die Gewerkschaft der Gefängnisbeamten. Dem ist schwer zu widersprechen: Der prominente Häftling zog in einen kleinen, von der Frauenabteilung abgetrennten Trakt, wo er die Gemeinschaftseinrichtungen für sich allein hat: Küche, Badezimmer, Aufenthaltsraum mitsamt einem kleinen Fitnessstudio und ein kleiner Hof. Außerdem ein Besucherzimmer, flapsig auch „Liebeszelle“ genannt, in dem intime Kontakte mit dem Ehepartner erlaubt sind. Böse Zungen sprechen von einem „Luxus-Knast“ mit einer „Suite“ für Urdangarin.

    Urdangarin hat in letzter Zeit einiges über sich ergehen lassen müssen. Wo er auftauchte, wurde er als „Gauner“, „Geier“ oder „Korrupter“ beschimpft. Ähnliche unangenehme Begegnungen hätten ihm wohl auch in den großen spanischen Gefängnissen gedroht, wo die Sitten eher rau sind.

    Zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft wurde Urdangarin verurteilt. Der Oberste Gerichtshof sah es als erwiesen an, dass Urdangarin von 2004 bis 2006 seine Nähe zum Königshaus ausgenutzt hatte, um öffentliche Millionengelder zu ergaunern.

    Die Geschäfte wurden über eine als Stiftung getarnte Firma abgewickelt, deren Aushängeschild Prinzessin Cristina war. Ein Großteil der Einnahmen floss am Fiskus vorbei; zudem wurden hohe Privatausgaben für Partys, Reisen und Villa als Betriebskosten abgerechnet.

    Auch Cristina, die Teilhaberin der Scheinfirma war, saß auf der Anklagebank. Doch die Richter ließen im Falle Ihrer Hoheit Milde walten: Sie wurde freigesprochen, musste aber als Schadenswiedergutmachung 137.000 Euro an die Staatskasse zahlen. König Felipes Schwester beteuerte, von dem großen Betrug nichts gewusst zu haben, was ihr den Beinamen „Prinzessin Ahnungslos“ einbrachte. Es war das erste Mal, dass mit Cristina und Urdangarin enge Angehörige des spanischen Königs vor Gericht standen.

    Kaum hatte Urdangarin seine Haft angetreten, wurde schon darüber spekuliert, wann er wieder in die Freiheit zurückdarf. Bei guter Führung, so hieß es, könnte er in anderthalb Jahren seinen ersten Freigang oder Hafturlaub genehmigt bekommen. Nach der Hälfte der Haftverbüßung, also in gut drei Jahren, sei offener Strafvollzug möglich – dann müsste er nur noch zum Schlafen ins Frauengefängnis.