Stockholm. Vor 35 Jahren löste ABBA sich auf, jetzt stand die Superband aus Schweden erstmals wieder zusammen im Studio

ABBA ist wieder da! Höhere Wellen in der Popwelt hätte wohl nur eine Wiedervereinigung der Beatles ausgelöst. Aber die ist ja bekanntlich nicht möglich, „solange John Lennon tot ist“, wie George Harrison 1989 sagte. Harrison starb 2001. Da geht also definitiv nichts mehr.

Aber ABBA meldet sich jetzt tatsächlich zurück. 35 Jahre nach der Auflösung der schwedischen Welthit­lieferanten kündigten Agnetha Fältskog (68), Benny Andersson (71), Björn Ulvaeus (73) und Anni-Frid Lyngstad (72) am Freitag völlig überraschend auf ihren Kanälen in den sozialen Netzwerken an, dass sie gemeinsam im Studio waren und zwei neue Songs aufgenommen haben. „Wir hatten alle das Gefühl, dass das nach 35 Jahren Spaß machen könnte“, teilten die vier mit. Ein Statement, das bei Millionen Fans rund um den Globus Jubelstürme auslöste.

Nach ihrem Durchbruch mit „Waterloo“ beim Eurovision Song Contest 1974 reihte das auch privat verbandelte Quartett – Agnetha und Björn sowie Anni-Frid und Benny waren Paare und zeitweise verheiratet – Hit an Hit. Obwohl Björn und Benny keine Noten lesen konnten, erwiesen sie sich als geniale Komponisten und Arrangeure für unsterbliche Melodien: „S. O. S.“, „Take A Chance On Me“, „Mamma Mia“, „Money, Money, Money“, „Voulez-Vous“ waren Transportmittel für Agnethas und ­Anni-Frids glockenhellen Gesang. Perfekt vermarktet, auch mit TV-Show-Auftritten in aller Welt, war es nach den Beatles vor allem ABBA, die die Mechanismen der Popmusik am besten verstand und sich ihrer virtuos bediente. Möglichst viele Fans erreichen, darum ging es. Das Ergebnis: Mehr als 400 Millionen Tonträger mit dem markanten ABBA-Schriftzug wurden bislang verkauft.

Der Druck, ständig in der Öffentlichkeit zu stehen, und die kraftraubenden Tourneen trieben allerdings Keile ins Privatleben, die ABBA wiederum zu Songs wie „The Winner Takes It All“ oder „Knowing Me, Knowing You“ inspirierte. Nach dem progressiven, düsteren Album „The Visitors“ wurde ABBA im Dezember 1982 in der britischen TV-Sendung „The Late Late Breakfast Show“ live aus Stockholm zugeschaltet und kündigte eine Pause an. Eine Pause, die sehr, sehr lange dauern sollte.

Abgesehen von einem kurzen Songbeitrag 1986 im schwedischen Fernsehen, traten die vier 20 Jahre lang nicht mehr gemeinsam öffentlich auf. Erst bei der Premiere des Musicals „Mamma Mia“ gab es 2005 in Stockholm ein Wiedersehen. Das nährte Fan-Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung. Ebenso wie die Eröffnung des ABBA-Museums in Stockholm oder eine Ankündigung, die Björn Ulvaeus vor einer Woche machte: Computeranimierte Avatare, sprich dreidimensionale Hologramme der Bandmitglieder, sollen der Höhepunkt einer für Dezember 2018 geplanten Fernsehshow sein, die von der britischen BBC und dem US-Sender NBC produziert wird. Dort soll auch einer der Songs erstmals vorgestellt werden.

„Das Lied ist neu. Es fühlt sich gut an“

Bereits 2017 wurde angekündigt, ­ABBA-Avatare auf Tournee zu schicken. Und die Planungen dafür führten die vier schließlich mit dem jetzt bekannt gewordenen Ergebnis zusammen. Man habe sich entschlossen, aus Spaß gemeinsam ins Tonstudio zu gehen. Herausgekommen sind zwei neue Songs. Einer trägt den sinnigen Titel „I Still Have Faith In You“. „Wir sind vielleicht in die Jahre gekommen, aber das Lied ist neu. Und es fühlt sich gut an“, so die Botschaft der Bandmitglieder.

Also: „I Still Have Faith In You“ („Ich vertraue dir noch“). Oder aus Fan-Sicht: Wir vertrauen euch noch. Jetzt wird weltweit wild spekuliert: Gibt es demnächst ein neues ABBA-Album? Oder gar Konzerte?

Den letzten Riesenrummel um eine musikalische Wiedervereinigung gab es 2007, als die britischen Band Led Zeppelin in der Londoner O2-Arena erstmals wieder ein Konzert gab. Damals bewarben sich 20 Millionen Menschen um 20.000 Tickets. Bei einer ABBA-Reunion dürfte der Ansturm noch deutlich größer sein.