Berlin. TÜV entdeckt eine Reihe Mängel am BER. Muss der Eröffnungstermin noch weiter verschoben werden?
Auf dem Weg zu einer Eröffnung des Hauptstadt-Flughafens BER müssen die Bauleute noch wichtige Hindernisse überwinden. Ein Prüfbericht vom TÜV-Rheinland listet eine Reihe von Mängeln an technischen Anlagen auf. Demnach hakt es nach wie vor an der Brandmeldeanlage am Main-Pier-Nord, beim Notrufsystem, der Sicherheitsbeleuchtung, der Notstromversorgung, der Entrauchungsanlage und bei den Sprinklern.
Die Prüfer finden in ihrem Report klare Worte, zweifeln die „Wirksamkeit und die Betriebssicherheit an. Es gebe „systemische Mängel“, der Betrieb der Entrauchungsanlage sei nicht zulässig. Über die Untersuchung, die auch an das Bauaufsichtsamt weitergeleitet worden war, hatte der „Tagesspiegel“ berichtet.
Die Frage ist, ob die beschriebenen Schwierigkeiten den von Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup angepeilten Abschluss der Bauarbeiten zum 31. August kommenden Jahres gefährden. Dieses Datum ist das einzige, auf das sich der Flughafenchef festlegen wollte. Einen Eröffnungstermin will Lütke Daldrup dem Aufsichtsrat bei einer Sondersitzung am 15. Dezember nennen. Ursprünglich hätte der Flughafen bereits 2012 in Betrieb gehen sollen.
Bisher wurde damit gerechnet, dass der BER wohl im Herbst 2020 an den Start gehen kann, nachdem die kritischen technischen Anlagen einer ausgiebigen Prüfung unterzogen wurden. Den Flugbetrieb schon 2019 aufzunehmen, scheint angesichts der Dauer solcher Tests und eines notwendigen Probebetriebes auch im besten Falle kaum realistisch. Nun wird jedoch spekuliert, dass es angesichts der vom TÜV aufgelisteten Mängel womöglich 2021 werden kann, ehe die ersten Jets am neuen Hauptstadtflughafen abheben können. Die Flughafengesellschaft erklärte, die Prüfergebnisse würden nun im „Terminplan verortet und im Risikomanagement nachgehalten“. Aber auch der Flughafenchef weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass das Baufertigstellungsziel ohne Puffer geplant und „ambitioniert“ sei. Noch geht man in der FBB aber davon aus, dass der Terminplan nicht infrage gestellt sei.
Die Flughafengesellschaft trat am Donnerstag dem Eindruck entgegen, die Prüfer hätten völlig neue Probleme auf der Dauerbaustelle entdeckt. „Die TÜV-Berichte sind weder streng geheim noch sind die darin beschriebenen Sachverhalte unbekannt“, heißt es in einer Presseerklärung. Das Papier sei eine „Arbeitsunterlage“ für die Bauherrin und für die beteiligten Firmen.
Man will den Eindruck eines Déjà-vue vermeiden. Vor elf Monaten hatte schon einmal kurz vor Jahresende eine Hiobsbotschaft vom BER die optimistischeren Prognosen für einen BER-Start ins Wanken gebracht. Seinerzeit informierte der damalige Flughafenchef Karsten Mühlenfeld seine Aufsichtsräte über massive Mängel an den elektrisch gesteuerten Türen und Probleme mit der Sprinkleranlage, deren Zuleitungsrohre womöglich zu dünn seien. Weil auch der Flughafenchef offensichtlich von diesen Schwierigkeiten überrascht war, musste Mühlenfeld schließlich auf Druck des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) seinen Posten räumen. Müller installierte seinen Flughafen-Staatssekretär Lütke Daldrup, einen studierten Stadtplaner, um den BER fertig zu bauen und die nötigen Erweiterungen auf den Weg zu bringen.
Der Flughafenchef hält sich nun zugute, aktiv die TÜV-Prüfer auf die Baustelle geholt zu haben, um das Baurecht auch erfüllen zu können und die Anlagen abnahmefähig zu machen. Die Resultate dienten nun dazu, daraus Schlüsse zu ziehen, systemische Fehler zu beheben und die Anlagen final fertigzustellen.
Angesichts der langen Reihe immer neuer Pannen beim BER werden die Aussagen der Flughafengesellschaft aber mit großem Misstrauen aufgenommen. Auch in der Berliner Regierungskoalition fragen sich Abgeordnete, wie man einen Haushalt für die nächsten beiden Jahre aufstellen solle, ohne zu wissen, ob der Flughafen nicht über die bereits informell festgestellten 500 Millionen Euro hinaus weiteres Geld der Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund benötigt.
Hunderttausende Wohnungen mit Lärmschutz ausstatten
Sollte der BER erst 2021 eröffnen, müssten die Wohnungen Hunderttausender, die am Berliner Flughafen Tegel wohnen, wohl mit Schallschutz ausgestattet werden. Bisher geht der Flughafen davon aus, Einbauten von Schallschutzfenstern noch über die gültige Marke hinaus aufschieben zu können. Ab Ende 2019 hätten Tegel-Anwohner Anspruch auf Lärmschutz.
Die Opposition nutzte die schlechten Nachrichten, um ihre Forderung zu erneuern, Tegel nicht zu schließen. „Die besten Argumente für den Weiterbetrieb liefert die Flughafengesellschaft wieder einmal selbst“, sagte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. Die bestehenden Mängel zerlegten den „Anti-Tegel-Kurs“ des Regierenden Bürgermeisters (SPD) Michael Müller und von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke.