Berlin/Dresden.

Es sind Witze und Gesten, die zu unerträglich sind, um sie zu ignorieren. Emilia S., eine couragierte Schülerin aus Dresden, konnte es jedenfalls nicht.

Weil ihre Klassenkameraden mit Hitlergruß und antisemitischen Sprüchen provozierten, zeigte das 15-jährige Mädchen einen Mitschüler an. Für ihren Mut hat sie nun den „Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus“ in Berlin erhalten, den der Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e. V. und die Jüdische Gemeinde zu Berlin vergeben.

„Da musste man irgendetwas tun, damit der mal checkt, dass er das Falsche tut“, sagte Emilia S. nach der Preisverleihung. Es gebe eben Grenzen. Dass sie etwas tun musste, merkte sie spätestens, als ein Mitschüler im Handy-Chat der Klasse unfassbare Bilder eingestellt hatte. „Das Schrecklichste war ein Foto einer Rauchwolke mit der Bildunterschrift ,jüdisches Familienfoto‘ – da wehrte ich mich und schrieb, sie sollen mit dem Nazigetue aufhören“, sagt Emilia S. Ein Mitschüler habe ihr daraufhin zurückgeschrieben, „ob sie vielleicht zu viele tote Juden eingeatmet habe“. Für Emilia S. war nun eine Grenze überschritten. Sie ging zur Polizei und zeigte ihren Mitschüler an.

Antisemitische Volksverhetzung nimmt laut Bundesinnenministerium in Deutschland zu. Den Angaben zufolge wurden unter anderem 434 Fälle von Volksverhetzung, 15 Gewaltdelikte sowie 70 Fälle, die Sachbeschädigung betreffen, allein im ersten Halbjahr 2017 gezählt. In Sachsen wurden im vergangenen Jahr 110 antisemitische Straftaten gezählt.

„Wir beobachten, dass viele Schüler und sogar Lehrer aus Angst ihre jüdische Herkunft verleugnen“, erklärt der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe. Er glaubt, dass viele Direktoren und Lehrer mit dem Thema Antisemitismus überfordert seien. Sie brauchten Hilfe und Unterstützung. „Mein Vorschlag wäre, dass externe Lehrkräfte oder auch Projektteams an die Schulen kommen und das Thema mit den Schülern behandeln“, sagt Joffe.