Washington. Australierin wählt in den USA den Notruf – und wird von einem Polizisten erschossen

Das letzte Mal, dass Australien am Schicksal eines Landsmannes, den es ins ferne Amerika verschlagen hat, so großen Anteil nahm, war bei „Crocodile Dundee“. Doch was Justine Ruszczyk in Minneapolis widerfuhr, ist keine Hollywood-Fiktion: Die 40-jährige Lehrerin für Yoga und Meditation aus Sydney ist tot. Erschossen nach einer bizarren Begegnung von einem Polizisten.

Warum der aus Somalia stammende Mohamed Noor (31) seine Waffe entlud? Seit fast vier Tagen hüllt sich die Polizeiführung der Metropole im US-Bundesstaat Minnesota in ein Schweigen, das Tausende Kilometer entfernt in Down Under für Wut und Unverständnis sorgt. Bis in höchste Kreise. „Wie kann es sein, dass eine Frau im Schlafanzug, die draußen auf der Straße um die Hilfe der Polizei bittet, auf diese Weise erschossen wird?“, ließ sich Premierminister Malcolm Turnbull im Fernsehen vernehmen. Er drängt auf Aufklärung.

Hat einmal mehr ein mäßig ausgebildeter Cop überreagiert, erst geschossen und dann nachgedacht? Laut US-Medien hatte Justine Ruszczyk am späten Sonnabend einen Notruf ausgelöst. In der dunklen Seitenstraße des Hauses, das sie mit ihrem Verlobten bewohnte, sollte es eine sexuelle Attacke gegeben haben. Als die Streife eintraf, bewegte sich Justine Ruszczyk auf den Polizeiwagen zu. Aufgeregt, aber unbewaffnet. In diesem Moment habe es einen lauten Knall gegeben, berichten Eingeweihte, offenbar ein Feuerwerk in der Nähe. Der auf dem Beifahrerplatz sitzende Noor bekam es mit der Angst zu tun und drückte an seinem Kollegen vorbei durch das offene Fenster auf der Fahrerseite ab. Justine Ruszczyk erlitt einen tödlichen Bauchschuss.

2017 haben US-Polizisten bereits rund 540 Mal tödliche Gewalt gegen Bürger eingesetzt. Zum Vergleich: In Deutschland schoss die Polizei im vergangenen Jahr 52 Mal auf Menschen. Dabei gab es elf Tote.