London.

Anderthalb Wochen nach der Feuerkatastrophe im Grenfell Tower haben Experten an mindestens 60 Hochhäusern in Großbritannien leicht entflammbare Außenfassaden entdeckt. Die Suche geht weiter. Rund 4000 vielgeschossige Sozialbauten gibt es in Großbritannien, von ihnen müssen jetzt mindestens 600 überprüft werden. Die Regierung drängt zur Eile.

Das Feuer im Grenfell Tower in London, das am 14. Juni mindestens 79 Todesopfer forderte, hatte an der Außenfassade entlang auf den ganzen 24-stöckigen Sozialbau übergegriffen. Seitdem überprüfen die Behörden ähnlich konstruierte Gebäude. Bisher kam es nur im Fall des Londoner Chalcots Estate zu Räumungen betroffener Wohnblöcke: Vier von fünf Wohntürmen einer Sozialsiedlung im Stadtteil Camden waren nach Ansicht des Gemeinderats zu unsicher. In der Nacht zum Sonnabend wurden die Bewohner von rund 650 Wohnungen aufgefordert, das Gebäude zu verlassen.

Für Tausende von Menschen musste auf die Schnelle eine neue Bleibe gefunden werden. Viele konnten in Hotels unterbracht werden, rund 100 Anwohner mussten allerdings mit Luftmatratzen in einem nahe gelegenen Sportzentrum vorliebnehmen. Andere wurden sich selbst überlassen. „Sie haben uns nichts angeboten“, sagte Abdi Mohamoud, der mit Frau und drei Kindern in einem der Wohntürme lebt. „Wir haben letzte Nacht in meinem Wagen geschlafen.“

Die Evakuierung sorgte für Empörung. „Wie hatten hier zwei Brände, seitdem man die Fassade angebracht hatte“, sagte Mieter Edward Strange. „Und beide Feuer haben sich nicht ausgebreitet, sodass ich nicht sehen kann, was das Problem ist.“ Rund 80 Mieter widersetzten sich einfach der Aufforderung, ihre Wohnung zu räumen. Der Hochhauskomplex soll laut einem BBC-Bericht zwischen 2006 und 2009 von derselben Firma saniert worden sein wie der Grenfell Tower. Die Arbeiten an den geräumten Gebäuden werden laut Behörde drei bis vier Wochen dauern.