Athen/Istanbul. Schnee, Frost und Eis – in vielen Ländern herrscht Winterchaos. In Griechenland leiden vor allem Flüchtlinge

Eisige Temperaturen haben viele Länder in Europa fest im Griff. Besonders dramatisch ist die aktuelle Situation für Tausende Flüchtlinge auf den griechischen Inseln. Ihnen bringen Kälte und Schneefall neues Leid. Am schlimmsten ist die Situation im Lager Moria auf der Insel Lesbos. Dort herrschten Temperaturen um den Gefrierpunkt. Warnungen der UN-Flüchtlingsagentur UNHCR schlug die griechische Regierung in den Wind.

„Die Menschen leben in unbeheizten Verschlägen, viele sind krank, vor allem Kinder“, berichtet eine freiwillige Helferin aus dem Lager Moria. Ihren Namen will die junge Frau nicht in der Zeitung lesen, „sonst könnte ich Schwierigkeiten mit den Behörden bekommen“. Das Lager Moria bietet Unterkünfte für 1500 Flüchtlinge. Tatsächlich leben hier aber an die 3500 Menschen. Viele hausen in kleinen, nicht beheizbaren Campingzelten, andere haben sich aus Latten und Planen Unterkünfte gezimmert, die aber jetzt unter der Last des Schnees zusammenbrechen.

Erst am Mittwoch hat die griechische Regierung gehandelt und hat ein Schiff der Kriegsmarine nach Lesbos geschickt, um vorübergehend 500 Menschen aufzunehmen. Für einige nordgriechische Regionen auf dem Festland hat die Regierung inzwischen zudem wegen des starken Schneefalls Notstand ausgerufen.

Doch nicht nur Griechenland steckt im Winterchaos – fast ganz Süd- und Osteuropa friert. Wegen des Schnees in der türkischen Hauptstadt Istanbul saßen weiter Hunderte Urlauber auf dem Flughafen Atatürk fest. In den vergangenen Tagen musste eine Vielzahl von Flügen auf dem Drehkreuz gestrichen und Maschinen umgeleitet werden. An dem Airport bildeten sich lange Schlangen vor den Ticketschaltern und bei der Ausgabe von Hotelgutscheinen für gestrandete Fluggäste. In den vergangenen Tagen fiel nach einem Bericht der Zeitung „Hürriyet“ in manchen Bezirken der Millionenmetropole mehr als ein Meter Schnee. Das Blatt sprach vom stärksten Schneefall in Istanbul seit 30 Jahren.

Starker Schneefall und Verwehungen behinderten den Verkehr auch in Bulgarien. In den Regionen Warna, Schumen und Dobritsch im Norden des Landes waren Landstraßen unbefahrbar. Die Autobahn „Trakija“ von der Hauptstadt Sofia nach Burgas am Schwarzen Meer musste in ihrem östlichen Teil geschlossen werden. Der Schwarzmeerhafen Warna stellte am Mittwoch den Betrieb ein. Mehr als 100 Orte blieben ohne Strom, weil Wind und Frost viele Leitungen beschädigt hatten. Die niedrigsten Temperaturen wurden derweil im Zentrum Rumäniens gemessen. Dort fiel das Thermometer auf bis zu minus 32 Grad Celsius

Experten sagen für Hamburg Hochwasser voraus

Besonders heftig getroffen hat der Winter auch Polen. Seit Einbruch der Kältewelle vergangene Woche sind in Polen 27 Menschen erfroren. Damit ist die Zahl der Toten seit Beginn der kalten Jahreszeit auf 73 gestiegen, wie das Sicherheitszentrum der Regierung mitteilte. In Polen sterben jeden Winter Dutzende Menschen wegen mangelhafter Heizgeräte an Kohlenmonoxidvergiftungen. Diesen Winter waren es bislang 24. In Österreich starb eine deutsche Alpinistin durch eine Lawine. Nach ersten Informationen der Polizei war die 54-Jährige am Mittwoch am Arlberg in Vorarlberg unterwegs. Unterhalb der Maroispitze in Stuben kam es zu dem Unglück. Ihre Begleiter, die nicht von der Lawine erfasst wurden, alarmierten die Einsatzkräfte.

Auf der spanischen Mittelmeerinsel Mallorca könnte dieser Januar einer der kältesten der vergangenen 30 Jahre werden. In den ersten zehn Tagen des Januars lag die Durchschnittstemperatur bei 8,6 Grad, zitierte das „Mallorca Magazin“ das balearische Wetteramt Aemet. So kalt sei es im gleichen Zeitraum seit 2005 nicht mehr gewesen. In den nächsten Tagen und Wochen sollen die Temperaturen auf der Urlaubsinsel weiter sinken.

Das Sturmtief „Dieter“ sorgte in der vergangenen Nacht für die nächste Sturmflut in Hamburg. Das Institut für Wetter und Klimakommunikation sagte gestern Abend einen Hochwasserstand von 2 Meter über Normal voraus. Dies reicht aus, um den Fischmarkt erneut weiträumig zu überfluten. Bis Sonnabend soll die Flut höher ausfallen als üblich. Auch in den kommenden Tagen erwarten die Meteorologen frostiges Winterwetter. Zwei Tiefdruckgebiete breiten sich derzeit aus – wie sie sich genau entwickeln, ist aber unklar. „Eine hochspannende und unwetterträchtige Entwicklung steht ins Haus“, sagte Meteorologe Marcus Beyer vom Deutschen Wetterdienst. Derzeit stoßen die Experten selbst bei der Vorhersage für den nächsten Tag an ihre Grenzen.