Hamburg/Garding. Liedermacher mit 75 Jahren gestorben. Als 18-Jähriger stand er mit den noch unbekannten Beatles auf der Bühne

Er stand mit den Beatles auf der Bühne, unterrichtete Studenten an der Hamburger Musikhochschule und wurde Platten-Millionär. Jetzt ist Knut Kiesewetter tot. Der norddeutsche Liedermacher und frühere Profimusiker sei im schleswig-holsteinischen Garding im Alter von 75 Jahren gestorben, sagte sein Gemeindepastor Ralf-Thomas Knippenberg am späten Mittwochabend.

Kiesewetter war ein Multitalent. „Ich mache alles, was ich glaube zu können“, hatte er einst gesagt. Seine Karriere startete er schon als Schüler: So stand er mit 15 Jahren erstmals als Musiker auf einer Bühne. Mit 18 trat er anno 1960 im Hamburger Musikclub Indra gemeinsam mit den damals noch weithin unbekannten Beatles auf.

Nachdem er sich das Komponieren und Texten selbst beigebracht hatte, veröffentlichte er mit 19 Jahren seine erste Single. Seinen ersten ganz großen Hit aus eigener Feder hatte Kiesewetter 1968 mit „Komm aus den Federn Liebste“. Zwei Jahre später kam Sohn Klas zur Welt.

Rund 800 Lieder folgten – auch für andere Künstler wie Gitte Hænning. Als Produzent arbeitete er mit Hannes Wader, Volker Lechtenbrink und Fiede Kay zusammen, als deren Entdecker er gilt. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen moderierte er die Serie „Songs, Chansons, Lieder“, außerdem die Sendereihen „Hits a go go“, „Sonntagskonzert“ und „An hellen Tagen“.

Der Nordfriese verdiente sein Geld mit Ostfriesenwitzen und wurde als Professor an die Hamburger Musikhochschule berufen. Mit plattdeutschen Liedern wurde Kiesewetter in den 70er-Jahren Platten-Millionär. Vor zehn Jahren hing er seinen Job als Profimusiker an den Nagel, um das Rentner-Dasein in Garding zu genießen. „Am Bekanntsein störte mich immer das Bekanntsein“, sagte er.

Sollen die anderen doch die Preise bekommen – Knut Kiesewetter lehnte öffentliche Ehrungen ab. Er wollte weder den Deutschen Schallplattenpreis, den Deutschen Kleinkunstpreis noch den Hermann-Löns-Preis. „Ich bin für solche Ehrungen nicht eitel genug“, sagte er vor seinem 70. Geburtstag 2011. Es gab nur eine einzige Ehrung, über die sich der „Friesen-Beatle“ freute: vor 16 Jahren, als Fürst Wolfgang Ernst zu Ysenburg und Büdingen ihn für seine Verdienste um den Jazz zum „Ritter der Ronneburg“ schlug.

Auch politisch engagierte sich Kiesewetter einst: 1976 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der „Grünen Liste Nordfrieslands“ – der ersten Umweltschutz-Wählergemeinschaft in Deutschland, erzählte er später. Doch sein Ausflug in die Politik endete schnell: „Ich war enttäuscht, denn viele waren nur Wichtigtuer.“ Zu seinem 75. Geburtstag im vorigen September legte Knut Kiesewetter eine 400 Seiten starke Autobiografie vor. Sie heißt „Fresenhof – Ein Stück von mir“ und ist in Anekdoten-Form gehalten, wie die „Husumer Nachrichten“ berichteten. Schon ewig habe Kiesewetter ein Buch schreiben wollen, es aber immer vor sich hergeschoben. „Ich bin nun mal kein fleißiger Mensch“, zitierte ihn das Blatt.

Seine Ehefrau Regine habe versucht, ihn anzuspornen, schließlich ­gebe es genügend aus ihrem gemeinsamen Leben zu erzählen. Ihren Tod im vergangenen Jahr ­habe Knut Kiesewetter zum Anlass ­genommen, sich endlich ans Werk zu machen, sozusagen als „Befreiungsakt“, wie er sagte. Die „Husumer Nachrichten“ schrieben dazu: „In seinem Buch wird klar, warum er so ist, wie er ist. Mit all seinen Ecken und Kanten, mal aufbrausend wie ein heftiger Sturm, der über der Nordsee tobt, dann wieder versöhnlich und leise, so wie die aufkommende Flut langsam die matschigen Rillen des Wattenmeers füllt. Sensibilität und Romantik trägt er in sich, irgendwo und schwer erreichbar. Wie sonst könnte jemand mit solch fantastischer Stimme einfache Worte in Lieder verpacken und damit die Hörer begeistern, wie sonst ein Gedicht für seine Liebste schreiben, so wie er es getan hat.“