Karlsruhe.

Neue Hoffnung für eine demente und bettlägerige fast Hundertjährige aus München: Die Frau darf trotz eines erbitterten Streits über das Verhalten ihres Pflegers vorerst in ihrer Mietwohnung bleiben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Mittwoch ein Urteil auf, das die Räumung besiegelt hatte. Das Landgericht München muss den Fall nun neu verhandeln.

Die 97 Jahre alte Frau lebt seit mehr als sechs Jahrzehnten in der Wohnung. Ihr Betreuer nebenan, in einem ebenfalls von ihr gemieteten Apartment. Die Vermieterin hatte der Frau fristlos gekündigt, weil sie vom Betreuer der Frau wüst beschimpft worden sei. Das Landgericht hatte so etwas für unzumutbar gehalten und den Auszug angeordnet. Doch damit sind die Karlsruher Richter nicht einverstanden. Es sei möglich, dass einer Kündigung „besonders schwerwiegende persönliche Härtegründe“ entgegenstehen.

Der Betreuer ist zur Verhandlung nach Karlsruhe gekommen. Die alte Dame sei für ihn wie eine Großmutter und auch fast wie ein Kind, sagt er. Die Ärzte und die Behörden finden, er pflegt sie gut, das haben die Gerichte so festgehalten. „Das ist die eine Seite – und dann gibt es noch die andere Seite“, sagt die Vorsitzende BGH-Richterin Karin Milger.

Die Streitigkeiten beginnen 2010: Die Vermieterin will mehr Geld. Sie wirft dem Mann Ruhestörung vor und bemängelt, dass sein Fahrrad unzulässigerweise im Hausflur steht. Der Pfleger reagiert mit bösen Mails und Briefen. „Haut ab, ihr feindlseliges pakt“, schreibt der gebürtige Iraker in falschem Deutsch. Die Vermieterin, die in der Oberpfalz lebt, schickt mehrere Kündigungsschreiben, ohne dass die Mieterin reagiert. Erst einmal passiert nichts weiter, heißt es.

Bis dann am 1. Mai 2015 eine neue E-Mail das Fass zum Überlaufen bringt. Darin werden Vermieterin und Hausverwalter als „sehr feindselige und sehr gefährliche Terroristen“ sowie als fremdenfeindlich beschimpft. Sechs Tage später klagt die Vermieterin auf Räumung der Wohnungen.