Berlin. TV-Model Gina-Lisa Lohfink muss eine Strafe von 20.000 Euro wegen falscher Verdächtigung bezahlen

Als Richterin Antje Ebner das Urteil verlesen hat, stürmt Gina-Lisa Lohfink aus dem Saal. „Das muss ich mir nicht antun“, ruft sie ihrem Verteidiger Burkhard Benecken noch erbost zu, bevor sie die Tür hinter sich zuschlägt.

Ebner hat den Strafbefehl gegen Lohfink bestätigt. Nur die Geldstrafe ist etwas geringer geworden, statt 24.000 Euro muss die 29-Jährige jetzt 20.000 Euro zahlen, weil die Richterin ein geringeres Einkommen zugrunde legte. Aber Geld ist für die frühere „Germany’s next Topmodel“-Kandidatin vermutlich das geringste Ärgernis. Weitaus unangenehmer wird ihr sein, dass ihr die Richterin nicht glaubte, dass sie am 3. Juni 2012 vergewaltigt wurde. Wer im Gerichtssaal saß und bereit war zuzuhören, konnte sich der Beweisführung Ebners jedoch nur schwer verschließen.

Die Richterin hatte die Beweislage in ihrer Urteilsbegründung noch einmal klar gegliedert. Im Grunde gehe es ja um ein ganzes Wochenende, sagte sie. Es begann am 2. Juni, als Lohfink den 28-jährigen Pardis F. im Maxxim, einer bekannten Berliner Partylocation, kennenlernte und ihn in ihr Hotelzimmer einlud. Er fuhr zu ihr, sie hatten Sex. Einen Tag später ging Pardis F. mit ihr zu seinem Bekannten. Und in der Wohnung des 29-jährigen Sebastian C. sollen sich dann über Stunden hinweg die Vergewaltigungen abgespielt haben. Mit Sebastian C. und Pardis F. als Täter. Komisch sei nur, so die Richterin, dass sich Lohfink einen Abend später erneut mit Pardis F. zu einem Tête-à-Tête traf. „Wie kann ich mich mit einem Mann treffen wollen, der mich einen Abend zuvor vergewaltigt haben soll?“, fragt die Richterin.

In der ersten Anzeige keine Rede von Vergewaltigung

Die Ungereimtheiten hätten sich dann konsequent fortgesetzt: Am 8. Juni 2012 erstattete Lohfinks Anwalt Heiko Klatt von Köln aus Anzeige, weil Sebastian C. und Pardis F. den Sex mit Lohfink filmten und Videosequenzen ins Internet stellten. Da war noch von einvernehmlichem Sex die Rede. Erst sieben Tage später folgte von Klatt ein weiterer Schriftsatz, in dem jetzt Vergewaltigungen angeprangert wurden. Informiert wurde Klatt von Lohfink, da war sich Richterin Ebner sicher. Und schon an diesem Punkt sei der Tatbestand der falschen Verdächtigung erfüllt gewesen. Lohfink habe ihn dann im November 2014 bei einer Vernehmung noch einmal wiederholt. Damals sei die Behauptung aufgestellt worden, dass sie einen Tag nach der Vergewaltigung eine Frauenärztin aufgesucht und die Verletzungen an ihren Genitalien festgestellt habe. Das Gutachten der Ärztin wurde vor der Urteilsverkündung verlesen; sie hatte damals keinerlei Verletzungen festgestellt.

Als wichtigstes Indiz wertete die Richterin die Videosequenzen, die auf den Handys von Sebastian C. und Pardis F. gefunden wurden. Elf Filme, mehr als zehn Minuten lang. Sie müsse der Staatsanwältin recht geben, sagte die Richterin: „Was die Beweislage betrifft, ist das ein absoluter Glücksfall.“ Gezeigt wurde dort „eine ganz andere Situation als eine Vergewaltigung“. Die Männer seien zwar „wenig würdevoll“ mit Frau Lohfink umgegangen. Und sie hätten sich „eindeutig schäbig verhalten, als sie die Situation ohne das Einverständnis von Frau Lohfink filmten“. Es sei jedoch „in keiner Sequenz zu erkennen, dass die Männer Sex erzwingen“, so die Richterin. „Es gab kein Abwehrverhalten. Frau Lohfink tanzt, knutscht, lächelt sogar in die Kamera.“ Widerlegt wurde nach Meinung der Richterin auch Lohfinks Behauptung, sie sei mit K.-o.-Tropfen wehrlos gemacht worden. Ebner stützte sich dabei auf ein Gutachten des Toxikologen Torsten Binschek-Domaß, das dieser vor der Urteilsverkündung vortrug.

Am Ende ihrer Urteilsbegründung wandte sich Richterin Ebner, ohne seinen Namen zu nennen, an Verteidiger Benecken: Dieses Verfahren sei von einigen Verfahrensbeteiligten „in außergewöhnlicher Art und Weise“ missbraucht worden. Es sei keineswegs das Verfahren, dass eine Verschärfung des Sexualstrafrechts in die Wege geleitet habe, so wie es Benecken behauptet hatte. Eine Kritik der Richterin ging aber auch unmissverständlich in Richtung von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und des Bundesjustizministers Heiko Maas (beide SPD), die in Stellungnahmen für Lohfink im Rahmen der „Nein ist Nein“-Debatte zumindest indirekt Partei ergriffen hatten. Da hätten sich „Personen zu einem laufenden Verfahren geäußert, ohne auch nur die Akten zu kennen“, so die Richterin. „Das widerspricht den Grundsätzen des Rechtsstaatsprinzips.

Lohfinks Anwalt Benecken kündigte an, in Berufung gehen zu wollen. Er sagte nach der Urteilsverkündung dass er sich „Sorgen um Frauen“ mache, die eine Vergewaltigung anzeigen wollten.