Berlin. Nur eine “Unachtsamkeit“? Regisseur Claude Lanzmann bemerkte das Fehlen der israelischen Vorwahl. Hotel Kempinski reagierte.

Der französische Regisseur Claude Lanzmann („Shoah“) erhebt in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeineinen Zeitung“ schwere Vorwürfe gegen das Berliner Hotel Kempinsiki am Kurfürstendamm. Lanzmann beschreibt, wie er bei seinem letzten Besuch in dem Hotel mit Erschrecken feststellte, dass die israelische Vorwahl auf der Telefonliste, die in den Zimmer ausgelegt ist, fehlt.

„Es war grauenhaft“, sagte Claude Lanzmann zu seiner Beobachtung im Berliner Hotel Kempinski.
„Es war grauenhaft“, sagte Claude Lanzmann zu seiner Beobachtung im Berliner Hotel Kempinski. © imago stock&people | imago stock&people

Auf Nachfrage habe man ihm an der Rezeption gesagt, dass es sich „um eine bewusste Entscheidung der Direktion des Kempinski-Hotels“ handele. Weiter soll der Rezeptionist erklärt haben, die meisten Kunden des Hotels kämen aus arabischen Ländern und hätten verlangt, dass die Vorwahl gestrichen werde.

Auch Frank Henkel äußert sich zu dem Vorfall

„Es war grauenhaft. Alles um mich herum schien wieder möglich zu werden. Nicht nur die Auferstehung des Nationalsozialismus. Auch alle seine zeitgenössischen Ausformungen, zu denen die Terroranschläge mit massenhaft Opfern genauso wie die Messerstechereien aus der Nähe gehören“, schreibt Lanzmann. Man könne nicht auf der einen Seite gegen den Terrorismus kämpfen und gleichzeitig die Existenz Israels aus einem der nobelsten Hotels Berlin zu tilgen, so Lanzmann. Dass Israel in der deutschen Hauptstadt so „ausradiert“ worden sei, habe ihn geschockt, sagte der 90-jährige jüdische Regisseur.

„Dieser Vorwurf kann so nicht stehenbleiben“: Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU).
„Dieser Vorwurf kann so nicht stehenbleiben“: Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU). © dpa | Rainer Jensen

Auch Berlins Innensenator Frank Henkel findet klare Worte und schreibt auf Facebook: „Ich mag mir nicht vorstellen, dass es in Berlin ein renommiertes Hotel gibt, das Israel verleugnet, weil eine arabische Klientel das so will. Das wäre in unserer weltoffenen Stadt, mit ihrer besonderen Geschichte und historischen Verantwortung, nicht zu akzeptieren. Das Management ist sicher gut beraten, die Schilderung schnell zu entkräften. Dieser Vorwurf kann so nicht stehenbleiben.“

Wohl keine Anweisung der Hoteldirektion

Das Hotel Kempinski weist die Vorwürfe zurück. Eine Sprecherin betonte, dass es sich bei dem Weglassen der Vorwahl um eine „Unachtsamkeit“ gehandelt habe. Eine Anweisung von arabischen Gästen, die Vorwahl Israels zu streichen, habe es nicht gegeben. Die Liste sei keine vollständige Auflistung aller 193 Ländervorwahlen weltweit, sondern eine Auswahl. Es gebe keinen dezidierten Grund, Israel nicht zu nennen. Inzwischen sei die Vorwahl ergänzt worden. „Sollten wir mit dem Fehlen der israelischen Vorwahl die Gefühle von Herrn Lanzmann verletzt haben, so bitten wir aufrichtig dies zu entschuldigen“, erklärte das Hotel.

Die Kempinski-Hotelgruppe mit etwa 70 Luxushotels hat selbst jüdische Wurzeln. Sie geht auf den jüdischen Weinhändler und Gastronomen Berthold Kempinski zurück. Viele Angehörige der Kempinski-Familie wurden später von den Nationalsozialisten ermordet. Größter Anteilseigner der Kempinski AG ist heute eine thailändische Vermögensverwaltung. (dpa/BM)