Istanbul/Berlin.

Staatsstreich gegen Erdogan: Das Militär hat nach eigenen Angaben die Macht in der Türkei übernommen. Damit sollten die demokratische Ordnung erhalten und Menschenrechte geschützt werden, hieß es in einer am späten Freitagabend verbreiteten Erklärung der Streitkräfte. Bei einer Geiselnahme im Armee-Hauptquartier in Ankara soll der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge der Militär-Stabschef festgesetzt worden sein.

Kurze zuvor hatte bereits Ministerpräsident Binali Yildirim von einem Putschversuch gesprochen. Er erklärte, Sicherheitskräfte seien im Einsatz. „Dieser Versuch wird nicht erlaubt werden“, sagte er. Yildirim kündigte an, die Hintermänner des Staatsstreiches „werden den höchsten Preis bezahlen“. Der Sender CNN Türk meldete, Präsident Recep Tayyip Erdogan sei in Sicherheit.

In der Hauptstadt Ankara waren Schüsse zu hören. In einem Stützpunkt für Spezialeinheiten der Polizei in der nähe der Stadt soll es eine Explosion gegeben haben.

Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Militärfahrzeuge Brücken über den Bosporus blockierten und am Flughafen von Istanbul in Stellung gingen. Der Nachrichtensender NTV zeigte in Liveübertragungen Bilder von Panzern, die vor dem Istanbuler Atatürk-Flughafen aufgefahren waren. Nach Agenturangaben brachte die Armee den Tower des größten Flughafens des Landes unter seine Kontrolle. Alle Flüge seien gestrichen worden, berichtete ein Zeuge unter Berufung auf einen Piloten. Über der Metropole kreisten Hubschrauber.

Eine Brücke in Istanbul war an diesem Abend in den Farben der französischen Nationalflagge erleuchtet – die Türkei zeigte sich solidarisch mit den Opfern des Anschlags von Nizza, bei dem am Abend zuvor mindestens 84 Menschen gestorben waren. Das Telefonnetz war zwischenzeitlich überlastet, aus dem Ausland waren Verbindungen in die Türkei am Abend kaum noch möglich. Viele türkische Internetseiten waren nicht erreichbar.

Die Nachrichtenagentur DHA meldete, in der Hauptstadt Ankara habe die Polizei das gesamte Personal zum Dienst gerufen. Im Umfeld des Armee-Hauptquartiers seien erhöhte Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden. Zahlreiche Krankenwägen stünden dort bereit. Jets würden im Tiefflug über die Hauptstadt fliegen.