WAshington. Stefan Arzberger wurde in New York festgehalten, weil er eine Frau gewürgt hatte

16 Monate lang hielt das Leben für Stefan Arzberger nur Melodiebögen in Moll bereit. Der ehemalige Primarius des berühmten Leipziger Streichquartetts saß in New York wegen eines bizarren Mordverdachts fest, der weltweit Schlagzeilen auslöste. Perdu. Die Justiz hat die schweren Vorwürfe endgültig fallen gelassen. „Schon sehr bald“, so sagte Arzbergers Anwalt Nicholas Kaizer gestern dieser Zeitung, wird der Star-Violinist „als freier Mann und Opfer“ in seine sächsische Heimat zurückkehren.

Am 27. März 2015 ist Arzberger zu einem Gastspiel in Manhattan gebucht. Am Vorabend lernt der Musiker eine Dame kennen. Und nimmt sie nachts mit auf sein Zimmer im Hudson-Hotel. „Melissa“, das zeichnen die Kameras auf, verlässt 45 Minuten später die Herberge. Unter dem Arm hat sie das iPad Arzbergers und in der Tasche dessen Kreditkarten. Drei Stunden später dokumentieren die Hotelkameras, wie Arzberger nackt im 9. Stock über den Hotelflur irrt und mit den Fäusten an Zimmertüren trommelt. Als Pamela Robinson (64) aus North Carolina verschreckt öffnet, würgt Arzberger die Frau wie von Sinnen. Ein Wachmann des Hotels verhindert Schlimmeres.

Im Polizeigewahrsam kann sich Arzberger an „gar nichts mehr erinnern“. Seine einzige Erklärung und die seines Anwalts: Melissa, die sich später als transsexuelle, 12-fach vorbestrafte Prostituierte entpuppen sollte, muss ihm K.o.-Tropfen verabreicht haben. Weil die Polizei Arzbergers Blut aber nicht zeitnah auf Drogen untersuchen lässt, ein klarer Ermittlungsfehler, bleibt er den Nachweis schuldig.

Nach wenigen Stunden Gefängnis kommt er auf Kaution von 100.000 US-Dollar frei. Aber er darf New York nicht verlassen. Sein Pass wird eingezogen. Freunde lassen ihn bei sich wohnen. In Deutschland veranstaltet die Kammermusikszene Benefiz-Konzerte. Seine Frau Doreen treibt Geld ein für Anwälte und Privat-Detektive.

Groß ist die Erlösung am Mittwoch. Staatsanwalt Joshua Steinglass lässt den Mordvorwurf fallen – „es gab kein Motiv“. Arzberger sei bei dem Angriff auf Pamela Robinson kaum zurechnungsfähig gewesen. Man könne nur von einer „rücksichtslosen Tätlichkeit“ sprechen, zu der sich der Deutsche auch bekennt. Robinson stimmt dem Beschluss des Gerichtes zu. Die ehemalige Stewardess hatte ursprünglich 20 Millionen Dollar verlangt. Anwalt Kaizer: „Ich bin optimistisch, dass wir das Thema vielleicht schon in den nächsten Tagen beilegen können“, sagt der Verteidiger dieser Zeitung.