In London eröffnet das weltweit erste Nackt-Restaurant – es liegen schon 40.000 Reservierungen vor

    Alexandra kilian

    Ein Abend mit Freunden, ein nettes Restaurant, gutes Essen: Was fehlt denn da noch? Ganz natürlich nackte Gäste und Kellner im Bambusröckchen – zumindest, wenn es nach Sebastian Lyall geht. Der 33-jährige Londoner ist überzeugt davon, dass die Welt auf sein neues Nackt-Restaurant gewartet hat. Die Gäste tragen dort Bademäntel, die sie auf Wunsch gerne ablegen dürfen, die Nackheit der Servicekräfte wird nur von Bambusblättern verhüllt. In diesen Tagen wird Lyall seine Vision des perfekten Restaurants in der Londoner City eröffnen.

    „The Bunyadi“ nennt er es. Das ist Hindi und bedeutet „fundamental, grundlegend, natürlich“. Dieses Motto gilt selbstredend für das Essen, das frei von allen chemischen Inhaltsstoffen sein soll, aber auch für die Einrichtung, die ohne Gas, Elektrizität, Plastik, Metall und Handys auskommen soll. „Nackt quasi“, sagt Lyall, „und ein nacktes Menü und nackte Atmosphäre verlangten nach nackten Gästen.“

    In den „Nacktbereich“ geht es für die Gäste erst nach einer noch konservativen Begrüßung an der Bar. In der „non-naked area“ gibt es einen Drink und einen Bademantel sowie einen Schlüssel für das persönliche Schließfach. Erst, wenn ausgetrunken und Mut gefasst ist, verschwinden die Besucher über den „path of purity“, den „Pfad der Reinheit“ im Umkleidebereich und wechseln in ihren Bademantel. Dann geht es in die „naked area“, den mit hohen Bambusstöcken in einzelne Separees geteilten Gastraum mit Stühlen und Tischen aus Baumstumpen. Auf und an diesen soll abschließend jeder selbst überlegen dürfen, ob er nicht auch noch das letzte Leihstück ablegen möchte.

    „Wir zwingen niemanden etwas zu tun, was er nicht möchte“, sagt Sebastian Lyall. „Jeder soll sich wohlfühlen.“ Ob der Gründer sich selbst auch im Restaurant, neben seinem 15-köpfigen Team, nackt zeigen würde? „Ja“, sagt Lyall, „ich will schließlich Vorbild sein.“ Er wolle die Menschen dazu ermutigen, zu sich selbst sowie zu ihrem Wunsch nach „clean Food“ und außergewöhnlichen Erlebnissen zu stehen. „Wir wollen den Menschen das Gefühl für ihren Körper zurückgeben, niemand soll sich schämen, und dafür wollen wir zwei ganz grundlegende Dinge unseres Lebens zusammenbringen: Essen und Nacktsein“, so Lyall. Ob er keine Sorge vor mangelnder Hygiene oder Griffen über den Tellerrand hinaus habe, in Richtung des nackten Gegenübers? „Nein, warum denn?“, fragt Lyall zurück, „niemand wird sich auf das nackte Holz setzen, sondern seinen Bademantel darunterlegen. Und in Sachen Übergriffe: Das ist ein soziales Experiment, keine Sexparty!“ Und falls dies dann immer noch jemand nicht verstanden haben sollte, sei genug Security im Haus.

    Nach Vegetarier, Veganer, Frutarier und Flexitarier möchte Lyall einen neuen Konsumenten kreieren: „Nudarier“ könnte man ihn nennen. So offen und unkompliziert sich der 33-Jährige zu Idee und Einsatz äußert: Persönliches solle lieber nicht besprochen werden, wünscht er. Bis auf sein Alter, dass er seit 15 Jahren in London lebt und er zuvor bei der Credit Suisse als Banker gearbeitet hat, möchte Lyall nichts von sich preisgeben. Herkunft oder Wohnviertel seien doch irrelevant, sagt er, in London gebe es keine kulturell gebundenen Grenzen. „London ist kein Land, keine Stadt, es ist eine Welt in sich selbst“, sagt Lyall.

    Und nur London lasse Projekte wie das „Bunyadi“ wahr werden. Paris, New York? Das Vereinigte Königreich ist eins der wenigen Länder, in dem Nacktsein auf der Straße erlaubt sei, so Lyall. Und Berlin? „Zu cool“, sagt der Gründer, „da sind die Preise so niedrig, dass sich das für uns nicht rechnen würde.“ Erfahrung in der Gastronomieszene Londons hat Lyall bereits gesammelt. Mit „Lollipop“ eröffnete er eine Pop-up-Bar in Soho sowie eine Cocktailbar in Londons Hipsterzentrum Shoreditch in einem Wohnwagen, wo Gäste in einer Art Labor ihre eigenen Drinks selbst brauen.

    Das Menü kostet 72 Euro – der Bademantel kostet extra

    Rund 40.000 Reservierungen hat der Pop-up-Macher bislang für seinen Erstling mit 42 Plätzen in London auf seiner Webseite gesammelt. Davon stammen 50 Prozent der Anfragen aus Großbritannien, 30 Prozent aus West- und Nordeuropa und 20 Prozent aus dem Rest der Welt. Für 55 Pfund (rund 72 Euro) können die Auserwählten dann zwischen veganem und normalem Fünfgängemenü, beide inklusive der „Schlange von einer Gurke“, wählen. Der Bademantel kostet zehn Pfund (13 Euro) – und darf mit nach Hause genommen werden. Wo genau das Restaurant eröffnet, möchte Lyall noch nicht verraten. Er habe Angst vor Protestierenden.

    Ob es Zufall sei, dass Mitte Juni auch der World Naked Bike Ride durch die Stadt an der Themse führt – und ob er dabei sein werde? „Um Gottes willen, nein, der ist politisch“, sagt Sebastian Lyall, „ich bin schließlich kein Nudist.“