Berlin. Im Berliner Mordfall Maria P. fordert die Anklage für die mutmaßlichen Täter 15 Jahre Haft. Es wurden neue grausame Details bekannt.

Im Mordfall Maria P. sollen die beiden mutmaßlichen Mörder nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für 15 Jahre hinter Gitter. Seit vier Monaten läuft der Prozess gegen die Angeklagten Eren T. und Daniel M. (beide 20). Am Montagvormittag forderte Martin Glage, der Vertreter der Staatsanwaltschaft, in seinem Schlussplädoyer die im Jugendrecht höchstmögliche Strafe für die beiden Männer.

Für ein Verbrechen, dessen Grausamkeit jede menschliche Vorstellungskraft sprenge, betonte Glage. Der Nebenklagevertreter schloss sich den Bewertungen und der Forderung der Staatsanwaltschaft weitgehend an. Die Verteidiger hingegen sahen die Täterschaft ihrer Mandanten keinesfalls als erwiesen an und forderten Freisprüche.

Damit nähert sich der Prozess um einen der brutalsten Morde der vergangenen Jahrzehnte in Berlin nach 16 Verhandlungstagen seinem Ende. Für die Staatsanwaltschaft steht unstrittig fest, dass es nach der Beweisaufnahme keinen vernünftigen Zweifel mehr an der Schuld der Angeklagten geben kann.

In seinem Schlussvortrag äußerte Glage die Überzeugung, dass T. und M. im Januar 2015 die damals 19-jährige hochschwangere Maria P. unter einem Vorwand in ein Waldstück in Adlershof lockten, sie dort mit einem Teleskopschlagstock niederschlugen, ihr anschließend mit einem Messer mehrere Stiche in den Bauch versetzten, um sie dann schließlich mit Benzin zu übergießen und anzuzünden.

Anklage basiert auf Indizien

Auch das Motiv steht für die Anklagebehörde fest: Maria P. habe sich strikt geweigert, das Kind, das sie von ihrem Ex-Freund Eren erwartete, abzutreiben. Bei dem türkisch-stämmigen T., der in diese Sache auch von seiner Familie unter Druck gesetzt worden sein soll, ist dann nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft der Entschluss gereift, mit im Wortsinn allen Mitteln zu verhindern, dass die 19-Jährige das Kind zur Welt bringt.

Für die Tat soll sich der schmächtige T. dann die Unterstützung seines bereits wegen mehrerer Gewalttaten vorbestraften früheren Schulfreundes M. gesichert haben.

In seinem Plädoyer räumte Glage ein, die gesamte Anklage basiere ausschließlich auf Indizien. Die allerdings seien so zahlreich und in ihrer Gesamtheit schlüssig, dass es keine Zweifel mehr an der Täterschaft der Angeklagten geben könne, trug der Oberstaatsanwalt vor. Knapp zwei Stunden reihte er Indiz an Indiz.

Die Auswertung der beschlagnahmten Handys beider Männer förderte zahlreiche per Kurznachrichten und im Chatroom geäußerte Drohungen gegen Maria P. zutage, sowohl von Eren T. als auch von seinem Vater. Ein wichtiges Indiz stellt für die Staatsanwaltschaft auch eine Kurznachricht im SMS-Verkehr von T. in der es heißt: „Wenn die Tochter schwanger wird, macht man sie tot.

Angeklagte schweigen im Prozess

Mehrere Zeugen berichteten in dem Prozess, T. habe mehrfach geäußert, er wolle „die Sache beenden“ und „das durchziehen, was ich gesagt habe“. Andere Zeugen schilderten, wie Daniel M. die Tat gestanden habe (“Ich habe Mist gebaut“). Ermittler der Polizei wiederum berichteten, Eren T. habe zunächst seinen Komplizen beschuldigt, selbst aber jede Beteiligung bestritten. In ihren Vernehmungen durch die 8. Mordkommission beschuldigten sich beide Angeklagte offenbar gleich mehrfach gegenseitig, seit Beginn des Prozesses schweigen sie.

Komplettiert wird die Indizienkette durch Handy-Ortungen, die belegen, dass sich beide Angeklagte zur Tatzeit in unmittelbarer Tatortnähe aufgehalten haben. Und durch Videoaufzeichnungen, unter anderem von der Überwachungskamera einer Tankstelle. Dort ist zu sehen, wie die beiden Männer kurz vor der Tat einen Benzinkanister füllen.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft ist das der Kanister, den die Angeklagten mit zum Tatort nahmen, um ihn dort über das Opfer auszuschütten.

Beide Verteidiger betonten in ihren Plädoyers, es gebe keinen ausreichenden Beweis für eine Tötungsabsicht. Das ganze tragische Geschehen könne auch ein Unfall gewesen sein. Sie verwiesen dabei auf Zeugen, die angaben, die Angeklagten hätten Maria P. lediglich einen Schrecken einjagen wollen.

Der Anwalt von Daniel M. zog zudem Äußerungen seines Mandanten zum Tatgeschehen in Zweifel, die dieser gegenüber Zeugen geäußert haben soll. „Mein Mandant war schon immer ein Angeber“, sagte der Verteidiger.

Während der Beweisaufnahme wurden mehrfach entsetzliche Details des Mordes bekannt, in einem zweistündigen Vortrag Glages am Montag nochmals zusammengefasst, wirkten sie noch erschreckender. Das gilt insbesondere für die Berichte eines Brandermittlers des Landeskriminalamtes sowie einer Sachverständigen.

Maria P. muss entsetzlich gelitten haben

Deren Untersuchungen ergaben, dass Maria P. durch die Schläge und Stiche womöglich benommen, aber dennoch bei Bewusstsein war, als sie angezündet wurde. Die Untersuchungen ergaben weiterhin, dass sich die junge Frau noch bewegte, als sie bereits brannte. „Ihre Leiden müssen entsetzlich gewesen sein“, betonte Martin Glage.

Eren T. hält die Staatsanwaltschaft für den „Kopf eines unfassbaren Gewaltverbrechens“. Der Anklagevertreter sprach von einer perfiden Tatvorbereitung durch T., zu der es auch gehört habe, Maria P. Versöhnungsbereitschaft vorzugaukeln, um sie am Abend des 22. Januar 2015 in das Waldstück zu locken.

T. habe ein handfestes Motiv gehabt, sein Mittäter M. dagegen aus reinem Vergnügen gehandelt. Und dem Wunsch, einmal einen Menschen sterben zu sehen. Glage schloss sein Plädoyer mit der Forderung, auf dieses barbarische Verbrechen müsse mit aller zur Verfügung stehenden Härte reagiert werden. Und das härteste Strafmaß im Jugendrecht – beide Angeklagte waren zur Tatzeit 19 Jahre alt – sind 15 Jahre.

Am Freitag will die Jugendkammer ihr Urteil verkünden.