Guatemala-Stadt/Florida/München. Zentral- und Lateinamerika greifen durch. Illegale Abbrüche in Brasilien steigen. Ansteckung über Sperma und Urin wochenlang möglich.

Die Staaten Zentralamerikas wollen mit einem Aktionsplan der Verbreitung des Zika-Virus entgegentreten. Darauf hätten sich in einer Telekonferenz die Minister aus ganz Zentralamerika einschließlich Belize und Panama geeinigt, erklärte der guatemaltekische Gesundheitsminister, Alfonso Cabrera.

Ziel sei es, schwangere Frauen besser vor einer Infektion zu schützen. Eine der vordringlichsten Maßnahmen sei das Ausräuchern der Brutstätten von Moskitos. Auch sollten Schwangeren besondere Verhaltensmaßregeln nahe gelegt werden, hieß von offizieller Seite. In Guatemala gibt es 105 bestätigte Fälle von Zika.

Auch Lateinamerika koordiniert den Kampf gegen das Zika-Virus. Die Gesundheitsminister der zwölf Länder Südamerikas sowie aus Mexiko und Costa Rica vereinbarten Aufklärungskampagnen und Aktionen zur Bekämpfung der Stechmücke, die den Erreger überträgt. „Uns beunruhigt am meisten die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus ausbreitet“, sagte die Direktorin der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO), Carissa Etienne.

Das Zika-Virus wird vor allem von der Gelbfiebermücke Aedes aegypti übertragen. Die Betroffenen haben meist grippeähnliche Symptome, viele Infizierte aber gar keine. Eine Gefahr könnte die Infektion für Schwangere darstellen, denn das Virus steht im Verdacht, Mikrozephalie bei Ungeborenen zu verursachen. Diese kommen mit einem zu kleinen Schädel auf die Welt, was meist zu geistiger Behinderung führt. Wissenschaftlich wurde der Zusammenhang bislang nicht bewiesen.

Brasiliens Gesundheitsminister Marcelo Castro sagte, „kategorisch und zweifellos” bestehe ein Zusammenhang zwischen dem Zika-Virus und Mikrozephalie. “Die Beweise dafür sind vielfältig und nicht anzweifelbar.„ Er hatte zuvor eine Kooperation mit der US-Gesundheitsbehörde CDC bekanntgegeben, um gemeinsam die Entwicklung eines Impfstoffes voranzubringen. Experten gehen jedoch von mehreren Jahren aus, bis eine wirksame Schutzimpfung eingesetzt werden könnte.

Weltweit wurden aus 26 Ländern Zika-Infektionen gemeldet. Am härtesten ist Brasilien betroffen. Seit Oktober wurden dort bereits rund 4.800 Babys mit zu kleinem Schädel geboren.

Abtreibung aus Zika-Angst: Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Brasilien schnellt nach oben

Seit Beginn der Epidemie ist die Zahl der illegalen Schwangerschaftsbrüche in Brasilien in die Höhe geschnellt. Ärzte berichten in der Zeitung „Folha de São Paulo“ von zahlreichen Patientinnen, die sich nach einer Infektion zu einer „präventiven Abtreibung“ entschließen. „Die Schwangeren fragen mich, ob ein Risiko für ihr Baby besteht“, sagt der bekannte Virologe Artur Timerman aus São Paulo. Dies müsse er bejahen. „Die Entscheidung ist ihre. In keinem Moment sage ich: Mach es oder mach es nicht.“ Ob ihr Baby mit einem verkleinerten Schädel (Mikrozephalie) zur Welt kommen wird, kann mit Sicherheit erst im letzten Schwangerschaftsdrittel diagnostiziert werden. Damit würde ein fast lebensfähiger Fötus zu Beginn des siebten Monats abgetrieben werden. Immer mehr Ärzte raten deshalb den Frauen, ganz auf eine Schwangerschaft zu verzichten.

Doch es gibt auch andere Stimmen. „Ich bin vollwertig, glücklich und existiere, weil sich meine Mutter gegen eine Abtreibung entschieden hat , schreibt die 24-jährige Ana Carolina Cáceres in einem Blog. “Ich bin der lebende Beweis dafür, dass diese Krankheit nicht alles ist." Dazu postet sie ein Abschlussfoto ihrer Journalismus-Fakultät. Ana Carolina wurde mit Mikrozephalie geboren, ihr Gehirn ist kleiner als das anderer Erwachsener. In ihrem Blog setzt sie sich gegen eine Kampagne ein, die für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch bei Mikrozephalie kämpft.

Zika-Viren in Sperma und Urin über Wochen nachweisbar

Eine Infektionsgefahr mit dem Virus durch sexuellen Kontakt besteht möglicherweise auch noch nach dem Abklingen der akuten Symptome. Anders als im Blut könne das Virus in Sperma, aber auch in Urin in einigen Fällen über mehrere Wochen feststellbar und damit ansteckend sein, sagte Thomas Löscher von der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin an der Universität München. „Neu ist der Nachweis im Urin auch für die Diagnostik“, sagte Löscher. Gedanken machen sich Fachleute auch über Blutkonserven. Nach einer durchgemachten Zika-Infektion darf laut Löscher wie beim Denguefieber mindestens vier Wochen kein Blut gespendet werden. Nach Reisen ins Ausland haben Spender Wartezeiten: bei Rückkehr aus Lateinamerika mindestens vier Wochen, aus Malariagebieten sechs Monate.