Berlin. Sie wurden festgenommen, weil sie an den Kölner Übergriffen beteiligt gewesen sein sollen. Nun sind die Männer wieder auf freiem Fuß.

Zwei am Freitag wegen der Übergriffe in der Kölner Silvesternacht festgenommene Männer sind wieder auf freiem Fuß. Der Tatverdacht gegen die beiden habe sich nicht erhärtet, sagte Staatsanwalt Benedikt Kortz. Bei den 16 und 23 Jahre alten Männern aus Marokko und Tunesien sollen nach Polizeiangaben Handys sicher gestellt worden sein.

WDR und „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatten berichtet, die Videos zeigten Ausschreitungen und Übergriffe auf Frauen. Außerdem sei ein Zettel mit arabisch-deutschen Übersetzungen von sexistischen Begriffen sichergestellt worden. So seien darauf Sätze und Begriffe wie „Große Brüste“, „Ich will dich küssen“, „Ich töte Sie“ und „Ich will ficken“ zu lesen gewesen. Dazu wollte sich der Staatsanwalt aber nicht äußern.

Zahl der Anzeigen gestiegen

Auch die Polizei wollte das nicht kommentieren. Nach ihren Angaben waren die Männer den Polizisten auf dem Bahnhofsvorplatz aufgefallen. Bei ihnen wurde auch Beute aus Trickdiebstählen sichergestellt.

Laut Polizei ist die Zahl der Anzeigen inzwischen auf rund 170 gestiegen, drei Viertel davon haben einen sexuellen Hintergrund. Der Polizei liegen 350 Stunden Videomaterial vor, etwa 250 verschiedene Daten müssten ausgewertet werden, sagte der Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Die bislang 80-köpfige Ermittlungsgruppe „Neujahr“ wurde auf 100 Beamte aufgestockt.

Asylbewerber unter den Tatverdächtigen

Bei zwei Drittel der von der Bundespolizei in der Kölner Silvesternacht festgestellten Tatverdächtigen handelt es sich nach Angaben des Bundesinnenministeriums um Asylbewerber. Die Bundespolizei habe 31 Verdächtige namentlich identifizieren können, sagte ein Sprecher des Ministeriums unserer Redaktion. Unter ihnen seien 18 Asylbewerber.

Bei diesen Delikten handele es sich aber überwiegend um Körperverletzungen und Diebstähle. Sexualdelikte seien bisher nicht mit den Asylbewerbern in Verbindung gebracht worden. Der Sprecher betonte, es handele sich lediglich um Fälle, die in den Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei fielen – also auf dem Bahnhofsgelände und bis zu einer Entfernung von 30 Metern auf dem Vorplatz. Zudem sollen mehrere der in der Nacht gestohlenen Handys in Flüchtlingsheimen geortet worden sein. Das berichtet der „ Spiegel“ . Demnach führe „in machen Fällen die Spur“ der georteten Telefone in Flüchtlingsheime.

Kölner Polizei ermittelt gegen mehr als 20 Verdächtige

Die Polizei in Köln hat ebenfalls Tatverdächtige ermittelt, es sind 32. Zwei Männer, die am Sonntag einen Reisenden am Kölner Hauptbahnhof bestohlen und Frauen bedrängt haben sollen, sitzen in Untersuchungshaft. Insgesamt hat die Kölner Polizei gegen mehr als 20 mutmaßliche Täter strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.

Auf Nachfrage unserer Redaktion teilte das Bundesinnenministerium mit, dass es keine Angaben zu Überschneidungen zwischen den beiden Gruppen von Tatverdächtigen gibt. Ob insgesamt gegen 63 Tatverdächtige ermittelt wird, lässt sich also nicht sagen.

Kritik an Kölner Polizei wächst

Derweil nimmt die Kritik an der Informationspolitik der Kölner Polizeiführung zu. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, macht dem Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers deswegen schwere Vorhaltungen. Albers habe ein Kommunikationsdesaster angerichtet, sagte Wendt in Berlin. „Die Leute wollen wissen, was da los war.“ Und die Bevölkerung habe auch ein Anrecht darauf, zu erfahren, was in der Silvesternacht rund um den Kölner Hauptbahnhof passiert sei. Die Kölner Polizei mache aber die Schotten dicht und Albers äußere sich gar nicht mehr, während von verschiedenen Seiten widersprüchliche Informationen auftauchten. „So kann die Polizei keine Öffentlichkeitsarbeit machen.“

Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass die Kölner Polizeiführung Informationen über die mutmaßlichen Täter offenbar bewusst verheimlicht hat. Zuvor hatte die Polizeiführung tagelang behauptet, es gebe keine Hinweise, dass es sich bei den Männern um Flüchtlinge handele. (she/dpa/rtr)