Washington. Wieder Chicago: Ein 19-Jähriger und eine 55-Jährige werden erschossen. Polizei spricht von Versehen

Für Rahm Emanuel war die Urlaubslaune am zweiten Weihnachtstag abrupt im Eimer. Chicagos Bürgermeister saß gerade unter kubanischer Sonne am Strand, als ihn die Meldung vom jüngsten Polizeiexzess in der Heimat ereilte. Ausgelöst durch den Anruf eines besorgten Vaters, der seinen randalierenden Sohn nicht in den Griff bekam, war ein Routineeinsatz im Westen der Stadt am Lake Michigan völlig aus dem Ruder gelaufen.

Am Ende lagen der Collegestudent Quintonio LeGrier (19) und Betty Jones, eine 55-jährige Nachbarin und fünffache Mutter, beide Afroamerikaner, von mehreren Kugeln getroffen in ihrem Blut. Das Neue daran: Emanuel kabelte umgehend ein Kondolenzschreiben an die Medien und drückte sein Bedauern aus. Die Polizeiführung räumte sofort ein, dass Jones „versehentlich“ getroffen wurde und „tragischerweise“ ums Leben kam. Der Todesschütze wurde für 30 Tage in den Innendienst versetzt. Beide Maßnahmen, so urteilen Leser in den Internetforen der Lokalzeitungen, werden „die Wut in der Bevölkerung aber kaum dämpfen können“. Nach ersten Ermittlungen hatte Quintonio LeGrier gewaltsam versucht, mit einem Baseballschläger in die Wohnung seines Vaters zu gelangen. Der wiederum rief die Polizei, warnte vor seinem „zornigen Sohn“ und bat eine im Stockwerk unter ihm wohnende Nachbarin, den Beamten die Tür zu öffnen. Betty Jones, Mutter von fünf Kindern, tat wie gebeten. Dann ging alles rasend schnell. Antonio LeGrier hörte im Treppenhaus einen Wortwechsel, „und schon fielen die Schüsse“. LeGrier junior, siebenmal getroffen, und Jones starben wenig später im Krankenhaus.

Was den Mann angeht, legte sich die Polizei schnell fest: „Er trat aggressiv auf.“ Dass der Ingenieurstudent psychisch krank war, wussten die Streifenpolizisten nicht.