Oranienburg. Abgeordneter der NPD wegen Volksverhetzung verurteilt, weil er Tätowierung im Schwimmbad zeigte

Im Prozess um ein öffentlich gezeigtes Nazi-Tattoo ist der 27 Jahre alte Angeklagte wegen Volksverhetzung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte zugegeben, die Tätowierung mit den Umrissen eines Konzentrationslagers und dem Spruch „Jedem das Seine“ in einem Schwimmbad gezeigt zu haben. Sein Verteidiger verlas am Dienstag vor dem Amtsgericht Oranienburg eine entsprechende Erklärung.

Der Angeklagte handelte aus „tiefer politischer Überzeugung"

Ein Journalist, der am 21. November als Badegast in Oranienburg war, hatte den Prozess ins Rollen gebracht. „Ich fand das Tattoo so ungewöhnlich, dass ich es dokumentieren musste“, erklärte er vor Gericht. Auch weil sonst in der Schwimmhalle kaum einer Anstoß daran nahm, postete er es bei Facebook. Das Tattoo mit den stilisierten Umrissen des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und der Spruch „Jedem das Seine“ erfordere eine „deutliche Reaktion des Staates“, argumentierte die Anklagebehörde. „Der Tätowierer ist beim Stechen nicht etwa abgerutscht, sondern der Angeklagte wusste, was er sich da machen ließ“, betonte Staatsanwalt Torsten Lowitsch.

Der 27-Jährige handelte aus Sicht der Anklage aus „tiefer politischer Überzeugung“. Er habe mit der Zurschaustellung seines Tattoos das Andenken an die Ermordeten in Auschwitz-Birkenau verunglimpft. Er habe die Massenvernichtung sogar öffentlich „gebilligt“.

Die Verteidigung hingegen bestand auf Freispruch. Sein Mandant sei seit seinem Schwimmbadbesuch einem „enormen Shitstorm“ ausgesetzt, meinte dessen Anwalt Wolfram Nahrath. Das sei schon Strafe genug. „Wenn mein Mandant gewusst hätte, welchen medialen Druck durch das Tattoo ausgelöst wird, hätte er ein T-Shirt getragen.“ Der 27-Jährige selbst ist indes kein unbeschriebenes Blatt, sondern unter anderem wegen Körperverletzung und Amtsanmaßung vorbestraft. Er sitzt für die rechtsextreme NPD im Kreistag Barnim.

Richterin Barbara Speidel-Mierke zeigte sich von der Argumentation des Anwalts unbeeindruckt. Weil er wegen ähnlicher politischer Delikte noch nicht aufgefallen sei, verurteilte sie den Kommunalpolitiker zu sechs Monaten auf Bewährung. Das Tattoo an sich sei nicht strafbar, sondern das Zeigen in der Öffentlichkeit, womit der Träger es gebilligt habe. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich unzufrieden und will Rechtsmittel prüfen. Eine Haftstrafe wäre wegen der Außenwirkung besser gewesen, meinte Lowitsch.