Zu Forschungszwecken werden Mumien aus verschiedenen Kulturen in einer Hildesheimer Klinik computertomographisch untersucht

Sie sind uralt, ziemlich tot - und können uns trotzdem viel erzählen: Mumien aus verschiedenen Kulturen sind in einer Hildesheimer Klinik computertomographisch untersucht worden. Darunter war die einzige in Deutschland befindliche Guanchen-Mumie von den Kanarischen Inseln. Sie wurde eigens für die Untersuchung von der Universität Göttingen nach Hildesheim gebracht. „Wir haben schon tolle Sachen herausgefunden“, sagte der Ägyptologe Oliver Gauert nach der Sichtung der ersten CT-Bilder. So seien bei der Frauenmumie, die seit 1802 in Göttingen verwahrt wird, innere Organe erhalten. Die Guanchen waren eine steinzeitliche Kultur im Zeitraum von 3000 vor Christus bis zum 14. Jahrhundert nach Christus. Mit einer Gewebeprobe soll nun noch das genaue Alter der Guanchen-Mumie ermittelt werden.

Die Ergebnisse dieser und weiterer Untersuchungen stellt das Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museum vom 12. Februar an in der großen Ausstellung „Mumien der Welt“ vor. Die Schau entsteht in Zusammenarbeit mit den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und dem German Mummy Project. Gezeigt werden Mumien und Mumifizierungstraditionen in unterschiedlichen Kulturräumen. Die Bestattungsform gab es auf allen bewohnten Kontinenten. „In den wenigsten Kulturen hatte die Mumifizierung mit Jenseitsvorstellungen zu tun“, sagte Gauert. Vielerorts sei sie ein Mittel der Trauerbewältigung gewesen. Auf diese Weise blieb der geliebte Partner oder Angehörige auch nach dem Tod physisch anwesend.

Bei den Guanchen auf Teneriffa wurden nur Mitglieder der Oberschicht einbalsamiert. Weltweit sind nur wenige dieser Mumien erhalten, viele wurden nach der spanischen Eroberung der Kanarischen Inseln zerstört.

Die Radiologen im St. Bernward Krankenhaus durchleuchteten außerdem eine hockende Frauenmumie, die wahrscheinlich 500 bis 800 Jahre alt ist und aus Peru stammt. Sie gehört ebenfalls der Uni Göttingen. Danach wollte das Roemer- und Pelizaeus-Museum einen südamerikanischen konservierten Körper aus der eigenen Sammlung untersuchen lassen, über den bisher fast gar nichts bekannt ist.

Dagegen gehört der ägyptische Beamte Idus II. aus der Hildesheimer Sammlung nach Museumsangaben zu den weltweit am besten erforschten Mumien. Idus II. lebte im Alten Reich um 2200 vor Christus. Er sei die älteste bekannte ägyptische Mumie, sagte Ägyptologe Gauert. „Durch ihn konnte erstmals der Beweis erbracht werden, dass schon in der Pyramidenzeit Balsamierungssubstanzen zum Einsatz kamen.“ Beim Krankenhaus-Termin am Mittwoch wurde allerdings nur der Kopf von Idus II. durchleuchtet. Die Besucher der Ausstellung können dann im kommenden Jahr dabei sein, wie das Gesicht des 4000 Jahre alten Ägypters rekonstruiert wird.