Hat der IS eine Bombe an Bord der abgestürzten Maschine geschmuggelt? Aus Sicherheitskreisen heißt es: ja. Offiziell ist das nicht.

Ein Bombenanschlag der Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) ist europäischen und amerikanischen Sicherheitsexperten zufolge wahrscheinlich die Ursache für den Absturz der russischen Passagiermaschine auf der Sinai-Halbinsel vom Sonnabend. Die vorhandenen Spuren deuteten darauf hin, dass der IS eine Bombe an Bord der Maschine geschmuggelt habe, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Sicherheitskreisen.

Bei dem Absturz des Passagierflugzeuges kurz nach dem Start vom Urlaubsort Scharm el-Scheich am Roten Meer waren alle 224 Menschen an Bord getötet worden.

US-Regierung hält sich mit Vermutungen zurück

Einem CNN-Bericht zufolge schließen auch die US-Geheimdienste einen Anschlag nicht aus. „Es gibt ein eindeutiges Gefühl, dass es ein Sprengkörper war, der im Gepäck oder anderswo im Flugzeug versteckt wurde“, zitierte der Sender einen namentlich nicht genannten Vertreter der US-Regierung. Es gebe aber bislang keine belastbaren oder bestätigten Geheimdienstberichte für eine spezifische Bedrohung vor dem Absturz.

Die US-Regierung vermied es, die Vermutung der Geheimdienste öffentlich zu nähren. „Es wäre zum jetzigen Zeitpunkt nicht hilfreich, unsere eigenen Ansichten oder Meinungen in die Ermittlungen einfließen zu lassen“, sagte Außenamtssprecher John Kirby. Mitarbeitern der Regierung würde von Reisen auf die Sinai-Halbinsel aus Sicherheitsgründen zwar abgeraten. Diese Empfehlung beruhe aber auf keinen neuen Informationen, sondern auf bereits bekannten Bedrohungen.

Experten untersuchen Flugzeugabsturz

Trümmerteile liegen verstreut in felsiger Gegend: 23 Minuten nach dem Start in Scharm el Scheich verschwand am Samstag das russische Flugzeug vom Radar und stürzte über der Sinai-Halbinsel ab.
Trümmerteile liegen verstreut in felsiger Gegend: 23 Minuten nach dem Start in Scharm el Scheich verschwand am Samstag das russische Flugzeug vom Radar und stürzte über der Sinai-Halbinsel ab. © dpa | Str
Die Ursache des Absturzes ist noch nicht geklärt. Ein Ableger der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ behauptet auf einigen Seiten im Internet, für den Absturz verantwortlich zu sein. Ägyptische und russische Behörden sagten noch am Samstag, sie hielten einen Terror-Anschlag für unwahrscheinlich.
Die Ursache des Absturzes ist noch nicht geklärt. Ein Ableger der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ behauptet auf einigen Seiten im Internet, für den Absturz verantwortlich zu sein. Ägyptische und russische Behörden sagten noch am Samstag, sie hielten einen Terror-Anschlag für unwahrscheinlich. © dpa | Str
Der Airbus vom Typ A321 ist beim Absturz zerbrochen, ein Teil war nach Angaben von Rettungskräften in Brand geraten. Die französische Behörde für Flugsicherheit (BEA) schickt ein Expertenteam nach Ägypten, um den Absturz  zu untersuchen. Zudem sollen sechs technische Berater von Airbus die beiden Ermittler begleiten, teilte die BEA mit.
Der Airbus vom Typ A321 ist beim Absturz zerbrochen, ein Teil war nach Angaben von Rettungskräften in Brand geraten. Die französische Behörde für Flugsicherheit (BEA) schickt ein Expertenteam nach Ägypten, um den Absturz zu untersuchen. Zudem sollen sechs technische Berater von Airbus die beiden Ermittler begleiten, teilte die BEA mit. © dpa | Str
Rettungskräfte hatten am Samstag noch gemeldet, dass sie möglicherweise Stimmen aus Wrackteilen gehört hätten. Doch offizielle Stellen sowohl Ägyptens als auch Russlands meldeten später, alle 224 Menschen im Flugzeug seien ums Leben gekommen.
Rettungskräfte hatten am Samstag noch gemeldet, dass sie möglicherweise Stimmen aus Wrackteilen gehört hätten. Doch offizielle Stellen sowohl Ägyptens als auch Russlands meldeten später, alle 224 Menschen im Flugzeug seien ums Leben gekommen. © dpa | Str
Der ägyptische Ministerpräsident Sherif Ismail (3.v.l.) reiste noch am Samstag zur Absturzstelle.
Der ägyptische Ministerpräsident Sherif Ismail (3.v.l.) reiste noch am Samstag zur Absturzstelle. © dpa | Str
Die abgestürzte Maschine war 18 Jahre alt und gehörte zur Flotte der sibirischen Fluglinie Kolavia.
Die abgestürzte Maschine war 18 Jahre alt und gehörte zur Flotte der sibirischen Fluglinie Kolavia. © dpa | Str
Ministerpräsident Ismail (r.) hatte nach Regierungsangaben mehr als 45 Rettungswagen zur Absturzstelle geschickt.
Ministerpräsident Ismail (r.) hatte nach Regierungsangaben mehr als 45 Rettungswagen zur Absturzstelle geschickt. © dpa | Str
Die Insassen des abgestürzten Flugzeugs konnten allerdings nur noch tot geborgen werden.
Die Insassen des abgestürzten Flugzeugs konnten allerdings nur noch tot geborgen werden. © dpa | Str
Verzweiflung am Flughafen in St. Petersburg: Dort war der Ferienflieger um 12.20 Uhr Ortszeit erwartet worden.
Verzweiflung am Flughafen in St. Petersburg: Dort war der Ferienflieger um 12.20 Uhr Ortszeit erwartet worden. © dpa | Anatoly Maltsev
Nach Angaben der Behörden waren die meisten der 217 Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder Russen.
Nach Angaben der Behörden waren die meisten der 217 Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder Russen. © REUTERS | STRINGER/RUSSIA
Die Angehörigen der Opfer wurden am Flughafen in St. Petersburg von Psychologen und Ärzten betreut. Russland erklärte den Sonntag zum nationalen Tag der Trauer.
Die Angehörigen der Opfer wurden am Flughafen in St. Petersburg von Psychologen und Ärzten betreut. Russland erklärte den Sonntag zum nationalen Tag der Trauer. © REUTERS | STRINGER/RUSSIA
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„Sprengkörper ist signifikante Möglichkeit“

Die britische Regierung war da weniger zurückhaltend. Außenminister Philip Hammond erklärte, er gehe nach der Auswertung verschiedener Quellen davon aus, dass eine Bombe an Bord die Flugzeugkatastrophe ausgelöst haben könnte. Ein Sprengkörper sei eine „signifikante Möglichkeit“ als Ursache, sagte Hammond am Mittwochabend in London. Die Regierung hatte alle Flüge von Scharm el-Scheich nach Großbritannien vorerst gestoppt. Auch Irland ließ vorerst keine Flugzeuge mehr von und nach Scharm el-Scheich fliegen. Aus Deutschland wurden zunächst keine Einschränkungen des Luftverkehrs bekannt.

Die Maschine war über der Sinai-Halbinsel abgestürzt. Die Region ist seit Monaten Schauplatz erbitterter Auseinandersetzungen zwischen ägyptischen Sicherheitskräften und aufständischer Islamisten. Es ist das schwerste Unglück in der Geschichte der russischen Luftfahrt.

Russland will Suche am Unglücksort einstellen

Russland will die Suche nach weiteren sterblichen Überresten der 224 Opfer am Unglücksort am Donnerstagabend einstellen. „Wir haben bisher 33 von 40 Quadratkilometern geprüft“, sagte Zivilschutzchef Wladimir Putschkow am Donnerstagmorgen. Zur besseren Übersicht über das Trümmerfeld würden auch Drohnen sowie Weltraum-Satelliten eingesetzt. Mehrere Bergungsteams mit insgesamt 82 Helfern aus Russland seien auf der Sinai-Halbinsel im Dienst. Die Untersuchungen am Wrack, die Aufschluss über die Ursache der Katastrophe geben sollen, würden auf unbestimmte Zeit fortgesetzt, sagte Putschkow.

Russland trauert um 224 Tote bei Absturz auf dem Sinai

Der ägyptische Premierminister Sherif Ismail (rechts) besuchte am Samstag den Unglücksort: Die russische Passagiermaschine stürzte in einer zerklüfteten Bergregion auf der Sinai-Halbinsel ab. Bei dem Flugzeug handelte es sich um eine Maschine der Fluggesellschaft Kogalymavia, um einen Airbus des Typs A321-200.
Der ägyptische Premierminister Sherif Ismail (rechts) besuchte am Samstag den Unglücksort: Die russische Passagiermaschine stürzte in einer zerklüfteten Bergregion auf der Sinai-Halbinsel ab. Bei dem Flugzeug handelte es sich um eine Maschine der Fluggesellschaft Kogalymavia, um einen Airbus des Typs A321-200. © dpa | Str
Die Trümmerteile verstreuten sich nach dem Aufprall weit in der Umgebung.  Die Maschine war am frühen Morgen im Ferienort Scharm al-Scheich gestartet und auf dem Weg nach St. Petersburg. Die Maschine soll nach Medienberichten gegen 6.13 Uhr am Samstagmorgen hier abgestürzt sein.
Die Trümmerteile verstreuten sich nach dem Aufprall weit in der Umgebung. Die Maschine war am frühen Morgen im Ferienort Scharm al-Scheich gestartet und auf dem Weg nach St. Petersburg. Die Maschine soll nach Medienberichten gegen 6.13 Uhr am Samstagmorgen hier abgestürzt sein. © dpa | Str
Am Kabrit Militärflughafen in Suez, östlich von Kairo, transportieren Soldaten und Helfer die Opfer von einem Rettungshubschrauber in einen Krankenwagen. Später werden sie in die Hauptstadt gebracht.
Am Kabrit Militärflughafen in Suez, östlich von Kairo, transportieren Soldaten und Helfer die Opfer von einem Rettungshubschrauber in einen Krankenwagen. Später werden sie in die Hauptstadt gebracht. © dpa | Str
Laut Berichten schickte die ägyptische Regierung mehr als 45 Krankenwagen, um die Opfer zu transportieren. Bei dem Unglück kamen den Behörden zufolge 24 Kinder ums Leben. Die meisten Opfer seien Russen, einige andere Passagiere stammten vermutlich aus der Ukraine und aus Weißrussland, hieß es.
Laut Berichten schickte die ägyptische Regierung mehr als 45 Krankenwagen, um die Opfer zu transportieren. Bei dem Unglück kamen den Behörden zufolge 24 Kinder ums Leben. Die meisten Opfer seien Russen, einige andere Passagiere stammten vermutlich aus der Ukraine und aus Weißrussland, hieß es. © dpa | Str
Ägyptische Sicherheitsbeamte warten in der Hauptstadt Kairo auf die Krankenwagen mit den Opfern der Katastrophe. 23 Minuten nach dem Start des Flugzeugs  war der Kontakt zur Maschine abgerissen.
Ägyptische Sicherheitsbeamte warten in der Hauptstadt Kairo auf die Krankenwagen mit den Opfern der Katastrophe. 23 Minuten nach dem Start des Flugzeugs war der Kontakt zur Maschine abgerissen. © dpa | Mohammed Hossam
Am Abend erreichten viele der Krankwagen schließlich die Stadt. Nicht nur die Menschen in Ägypten trauerten, auch in Russland und der Ukraine sorgte die Nachricht für Bestürzung.
Am Abend erreichten viele der Krankwagen schließlich die Stadt. Nicht nur die Menschen in Ägypten trauerten, auch in Russland und der Ukraine sorgte die Nachricht für Bestürzung. © dpa | Mohammed Hossam
Am Flughafen in St. Petersburg wurde der Flug 9268 aus Ägypten auf den Tafeln nicht angezeigt. Die Trauernde fielen sich, nachdem sie die Botschaft vom Unglück erreicht hatte, um die Arme.
Am Flughafen in St. Petersburg wurde der Flug 9268 aus Ägypten auf den Tafeln nicht angezeigt. Die Trauernde fielen sich, nachdem sie die Botschaft vom Unglück erreicht hatte, um die Arme. © REUTERS | STRINGER/RUSSIA
In der Ankunftshalle des Flughafens betreuten später Psychologen die Hinterbliebenen. Die Fernsehsender berichteten den ganzen Tag über die traurige Nachricht.
In der Ankunftshalle des Flughafens betreuten später Psychologen die Hinterbliebenen. Die Fernsehsender berichteten den ganzen Tag über die traurige Nachricht. © REUTERS | STRINGER/RUSSIA
Auch in der Ukraine, vor der russischen Botschaft in Kiew, legten Menschen Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Immer wieder versammelten sich Trauernde und sprachen ihr Beileid aus.
Auch in der Ukraine, vor der russischen Botschaft in Kiew, legten Menschen Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Immer wieder versammelten sich Trauernde und sprachen ihr Beileid aus. © dpa | Sergey Dolzhenko
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Zum jüngsten Verdacht der Behörden in London und Washington, dass ein Sprengsatz den Absturz am Samstag verursacht haben könnte, äußerte sich die Führung in Moskau zunächst nicht. Ein namentlich nicht genannter Experte sagte der russischen Zeitung „Kommersant“, er halte die von Ägypten geäußerte Theorie eines explodierten Triebwerks für unwahrscheinlich. „Die Detonation wäre vermutlich nicht so stark, um die Maschine zum Absturz zu bringen“, sagte er dem Blatt.

Mindestens 9000 Briten sitzen in Ägypten fest

Nach dem Stopp aller Flüge zwischen Großbritannien und Scharm el Scheich sitzen nach Angaben des britischen Verbands der Reiseanbieter mindestens 9000 Briten in der ägyptischen Urlaubsregion fest. „Aber es wird auch eine Anzahl Urlauber geben, die unabhängig gereist sind“, heißt es in der Mitteilung des Verbandes Abta in der Nacht zum Donnerstag. Am Vorabend hatten Medien von 15 000 und sogar 20 000 Briten in der Region berichtet.

Die Fluggesellschaften Easyjet, Thomson Airways, Thomas Cook und British Airways haben nach eigenen Angaben ihre Flüge zu dem Flughafen gestrichen oder aufgeschoben. Am Mittwochabend hatte der britische Außenminister von allen nicht notwendigen Reisen zu dem oder über den Flughafen abgeraten, allerdings nicht vom Urlaub in der Region am Roten Meer allgemein.

Flugschreiber wird derzeit ausgewertet

Ägyptens Außenminister Samih Schukri sagte auf die Frage, ob er einen Terroranschlag für möglich halte, das müsse die Untersuchung klären. Vorschnelle Urteile oder Maßnahmen könnten negative Auswirkungen auf eine große Zahl von Ägyptern haben, die von der Tourismusindustrie lebten.

Russisches Flugzeug auf dem Sinai abgestürzt

Der ägyptische Premierminister Sherif Ismail am Absturzort der Airbus-Maschine
Der ägyptische Premierminister Sherif Ismail am Absturzort der Airbus-Maschine © REUTERS | STRINGER
Ägyptische Soldaten und Rettungskräfte beim Transport der Leiche eines Absturzopfers
Ägyptische Soldaten und Rettungskräfte beim Transport der Leiche eines Absturzopfers © dpa | Str
Rettungswagen mit Absturzopfern in Kairo
Rettungswagen mit Absturzopfern in Kairo © REUTERS | ASMAA WAGUIH
Verwandte der Opfer trauern am internationalen Flughafen in St. Petersburg, Russland
Verwandte der Opfer trauern am internationalen Flughafen in St. Petersburg, Russland © dpa | Anatoly Maltsev
Alle 224 Insassen kamen bei dem Absturz ums Leben
Alle 224 Insassen kamen bei dem Absturz ums Leben © dpa | Mohammed Hossam
Trauernde Verwandte in Russland: Das Flugzeug war auf dem Weg vom Urlaubsort Scharm el Scheich nach St. Petersburg
Trauernde Verwandte in Russland: Das Flugzeug war auf dem Weg vom Urlaubsort Scharm el Scheich nach St. Petersburg © REUTERS | STRINGER/RUSSIA
Unter den Toten sind auch 24 Kinder
Unter den Toten sind auch 24 Kinder © REUTERS | STRINGER/RUSSIA
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In Ägypten werden derzeit die Flugschreiber ausgewertet. Wie das Ministerium für zivile Luftfahrt mitteilte, konnten die Informationen vom Datenrekorder sichergestellt werden. Der Stimmenrekorder, der Tonaufnahmen der Gespräche von Pilot und Copilot sowie weitere Geräusche im Cockpit speichert, sei jedoch zum Teil beschädigt, hieß es. Russland bestätigte die Angaben, wonach der Stimmenrekorder des Airbus A321 beschädigt sei. Hingegen seien die Informationen vom Flugschreiber an Ermittler weitergegeben worden, teilte eine Untersuchungskommission der Agentur Interfax zufolge in Moskau mit. Hier müsse noch einiges getan werden, bevor die Daten extrahiert werden könnten. Bergungsteams weiteten die Suche am Unglücksort deutlich aus. (dpa/Reuters)