München. Zeit für ein ernüchterndes Zwischenfazit auf der Wiesn: Bislang haben rund zehn Prozent weniger Besucher auf dem Oktoberfest gefeiert.

Deutlich weniger Gäste als erwartet hat das diesjährige Oktoberfest bislang angelockt. In der ersten Woche besuchten nur rund drei Millionen Menschen die Wiesn, das waren rund 300.000 weniger als im vergangenen Jahr. Diese eher ernüchternde Halbzeitbilanz präsentierte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Sonntag. Für den Rückgang von rund zehn Prozent machten die Verantwortlichen vor allem das nicht ganz optimale, durchwachsene Wetter mit bedecktm Himmel, kühlen Temperaturen und Regen verantwortlich. Auch seien Gäste aus dem benachbarten Ausland nur eher „zögerlich“ gekommen.

Der Veranstalter hoffen auf einen starken Endspurt bis zum kommenden Sonntag. „Wenn der 1.10. da ist und das Gehalt überwiesen wurde, dann kommt man wieder auf die Wiesn“, meinte Wiesn-Chef Josef Schmid. Auch der Durst und Appetit der Wiesn-Gäste nahm ab, wenn auch nicht sehr: Zwei Prozent weniger Bier schenkten die Wirte auf dem weltgrößten Volksfest bislang aus. Die Maß Bier kostet diesmal in allen Festzelten mindestens zehn Euro - so viel wie nie zuvor.

Kaum Warteschlangen vor den Zelten

Die Bierzelte, in den vergangenen Jahren abends regelmäßig wegen Überfüllung geschlossen, bieten derzeit oft ein anderes Bild: kaum Warteschlangen an den Eingängen, entspannte Ordner, freie Plätze. Wirte-Sprecher Toni Roiderer sah es positiv: „Die Zelte sind ein bisschen leichter zu managen, weil nicht so viel Druck drauf ist.“ Auf der „Oide Wiesn“, dem historischen Teil des Oktoberfestes, blieb der Besucherandrang nahezu unverändert.

Nun hoffen die Wiesn-Macher bis zum kommenden Sonntag auf einen starken Endspurt. Vor zwei Jahren waren zur Wiesn-Halbzeit sogar noch schätzungsweise 3,5 Millionen Besucher auf dem weltgrößten Volksfest gezählt worden.

Gedenken an Wiesn-Attentat

Der 35. Jahrestag des Oktoberfestattentats steht darüber hinaus unter einem neuen Vorzeichen: Es wird wieder ermittelt. Tränen, Hoffnung auf Sühne und ein Aufruf gegen Extremismus: Am Sonnabend haben Überlebende und Angehörige, Politiker und Vertreter der Gesellschaft der Opfer gedacht. Es war ein Zeichen gegen Gewalt und eine Mahnung, den schwersten Anschlag in der bundesdeutschen Geschichte nun endlich aufzuklären. Am 26. Oktober 1980 kurz nach 22.00 Uhr hatte an der Stelle am Wiesn-Haupteingang eine Bombe zwölf Festbesucher in den Tod gerissen und mehr als 200 verletzt. Dabei starb auch der Attentäter Gundolf Köhler, ein früherer Anhänger der rechtsextremistischen „Wehrsportgruppe Hoffmann“.

Das Attentat steht in einem bis heute ungeklärten rechtsextremen Zusammenhang. Die Bundesanwaltschaft hatte nach jahrzehntelangen Forderungen im vergangenen Dezember die Ermittlungen neu gestartet.

Eine Frau, damals von Splittern am Arm verletzt, steht weinend an dem Mahnmal aus Stahl und der Stele mit den Namen der Toten. „Mir kommen immer wieder diese Bilder hoch.“ Ein anderer berichtet, er sei mehrfach operiert worden, zuletzt 2012. Wieder sei einer der geschätzt 30 Splitter in seinem Köper gewandert. „Das kann immer wieder passieren.“ Gelbe Kärtchen mit den Namen aller Verletzten und Toten, Blumenkränze und rote Nelken erinnerten an die Bluttat.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, es sei nun wichtig, dass alles offengelegt werde. Die bayerische Polizei werde dies mit aller Kraft unterstützen. „Das schulden wir den Opfern und ihren Angehörigen.“